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Die kasuistische Rspr zu dieser Thematik lässt sich kaum überblicken. Da hinsichtlich der richtigen Einordnung bestimmter Streitigkeiten auch die obersten Gerichtshöfe des Bundes bisweilen unterschiedlicher Auffassung sind, hat sich deren gemeinsamer Senat (GmS, § 1 I RsprEinhG) in der Vergangenheit in mehreren Entscheidungen, insb auf dem Gebiet des medizinischen Gesundheitsrechts bzw Kassenrechts, mit diesen Abgrenzungsfragen beschäftigt. So wurden zB Rechtsstreitigkeiten zwischen Ersatzkassen und der AOK auf dem Gebiet der Mitgliederwerbung – entgegen der Ansicht des vorlegenden BGH – nicht als bürgerliche Streitigkeit, sondern wegen der die gegenseitigen Rechte und Pflichten bestimmenden gemeinsamen Aufgabenstellung der Kassen im Bereich der gesundheitlichen Daseinsvorsorge als öffentlich-rechtlich, konkret als Angelegenheit der Sozialversicherung (§ 51 I SGG) eingestuft und der Rechtsweg zu der öffentlich-rechtlichen Sondergerichtsbarkeit der Sozialgerichte bejaht (GmS-OGB NJW 90, 1527 [GmSOGB 10.07.1989 - GmS-OGB 1/88]). Dagegen wurden Vergütungsstreitigkeiten zwischen nichtärztlichen Leistungserbringern, zwischen Leistungserbringern von orthopädischen Heil- und Hilfsmitteln bzw zwischen Anbietern des Fachhandels und gesetzlichen Krankenversicherungsträgern über die Zulässigkeit einer Wiederverwendung von Hilfsmitteln als bürgerliche Streitigkeiten beurteilt (GmS-OGB NJW 86, 2359, 88, 2295 [GmSOGB 10.04.1986 - GmS-OGB 1/85] und 2297). Bei Fehlen einer speziellen gesetzgeberischen Klärung der Rechtwegfrage im Abgrenzungsbereich der §§ 40 I VwGO, 13 GVG ist ein Rückgriff auf die den Generalklauseln zugrunde liegende allg abstrakte Begrifflichkeit erforderlich, die an materiell-inhaltliche Zuordnungskriterien anknüpft. Konkretisierungsversuche führen dabei idR zu einer übergeordneten Ebene begrifflicher Abstraktion, wobei sich gesichert lediglich bestimmte Beurteilungskriterien als unmaßgeblich für die Differenzierung ausscheiden lassen. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich nach der ›wahren Natur des Rechtsverhältnisses‹, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (etwa BVerwGE 87, 115; VersR 76, 466; grdl GmS-OGB in BGHZ 102, 280; NJW 74, 2087, 86, 2359; BGH NJW 79, 2615; NVwZ 09, 928). Der ›Charakter‹ des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses bemisst sich nach dem ›erkennbaren Ziel des Rechtsschutzbegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts‹. Maßgeblich ist allein die ›tatsächliche Natur‹ des Rechtsverhältnisses, nicht die Einordnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Rechtsbehelfsführer (Frankf Beschl v 25.7.18 – 13 W 35/18, juris); BGHZ 162, 78; WM 08, 2153). Bei negativen Feststellungsklagen kann es erforderlich sein, auch auf den Vortrag der beklagten Partei zurückzugreifen, um die Rechtsnatur der streitgegenständlichen Ansprüche zu ermitteln (LAG Hamm Beschl v 16.12.2013 – 2 Ta 348/13 – juris). Auch für die Entscheidung, ob der Verfahrensgegenstand eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit oder eine Familiensache iSd § 17a VI ist, stellt der BGH nicht nur auf den klägerischen Vortrag, sondern auch auf das Verteidigungsvorbringen der Gegenseite ab (BGH NJW 18, 3189; NJW-RR 18, 451 [BGH 28.02.2018 - XII ZR 87/17]; NJW 17, 2619 [BGH 12.07.2017 - XII ZB 40/17]; NJW 13, 616). Die bürgerlich-rechtliche Natur eines Klageanspruchs kann sich nicht schon daraus ergeben, dass das prozessuale Begehren auf zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird (BGHZ 103, 255). Vielmehr ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Begründung des Rechtsbehelfs vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des Öffentlichen Rechts geprägt wird (BGHZ 89, 250; 103, 255).