Gesetzestext
(1) 1Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnungen einem Gericht für die Bezirke mehrerer Gerichte Sachen aller Art ganz oder teilweise zuzuweisen sowie auswärtige Spruchkörper von Gerichten einzurichten, sofern dies für die sachdienliche Förderung oder schnellere Erledigung von Verfahren zweckmäßig ist. 2Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. 3Besondere Ermächtigungen oder Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen gehen vor.
(2) Mehrere Länder können die Einrichtung eines gemeinsamen Gerichts oder gemeinsamer Spruchkörper eines Gerichts oder die Ausdehnung von Gerichtsbezirken über die Landesgrenzen hinaus, auch für einzelne Sachgebiete, vereinbaren.
Rn 1
Die Vorschrift ermöglicht nunmehr den Landesregierungen durch Rechtsvorordnung gerichtsbezirksübergreifende Zuständigkeitskonzentrationen vorzunehmen und auswärtige Spruchkörper von Gerichten in deren Zuständigkeitsbezirk einzurichten. In der bis zum 31.12.20 geltenden Fassung war diese Ermächtigung noch den Bundesländern durch förmliches Landesgesetz vorbehalten. Mit der zum 1.1.21 durch Art 3 des G zur Regelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer zivilprozessrechtlicher Vorschriften v 12.12.19 (BGBl I S 2633) geänderten Fassung soll die fachliche Spezialisierung der Gerichte weiter ausgebaut werden. Gerichtliche Verfahren erfordern in vielen Bereichen neben der Kenntnis des Prozessrechts und des materiellen Rechts ein tief greifendes Verständnis für die zu beurteilenden Sachverhalte sowie die damit verbundenen speziellen rechtlichen, naturwissenschaftlichen und technischen Fragestellungen. Mit der Spezialisierung wird die Qualität richterlicher Arbeit gesteigert und eine effiziente Verfahrensführung begünstigt. Damit reagiert der Gesetzgeber auch darauf, dass sich Rechtsanwälte bereits seit Längerem auf bestimmte Rechtsmaterien spezialisiert haben und den Gerichten eine solche ebenso ermöglicht werden soll. Durch eine Länderöffnungsklausel wird es den Ländern ermöglicht, schnell und flexibel durch Rechtsverordnung Spruchkörper für weitere Sachgebiete einzurichten und dabei auf die regionalen und strukturellen Besonderheiten Rücksicht zu nehmen. Den Interessen der Länder und deren unterschiedlicher Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur und Größe sowie der unterschiedlichen Struktur der Gerichte und Gerichtsbezirke wird ferner dadurch Rechnung getragen, dass die Länder durch die Änderung gleichzeitig flexibler als bisher durch Rechtsverordnung eine Konzentration von Streitigkeiten an ausgesuchten Gerichten und ggf über die Landesgrenzen hinaus vornehmen können, um ggf auch in ländlichen Regionen mit kleineren Gerichten durch das ›Zusammenziehen‹ von Verfahren mehrerer Bezirke ein ausreichend hohes Fallaufkommen sicherzustellen.
Rn 2
Die im GVG ansonsten enthaltenen speziellen Ermächtigungen zum Erlass entspr Regelungen im Verordnungswege zur Bildung auswärtiger Kammern bzw Senate (§§ 78 I 1, 78a II, 93 I 2 und 116 II GVG) sowie zur Konzentration (§§ 22c I 1, 23c, 58, 74c III, 74d und 78a II GVG) bleiben unberührt. Gleiches gilt für die Konzentrationsermächtigung im Bereich des Kostenrechts in § 30a III EGGVG für größere Bundesländer mit mehreren OLG.