Gesetzestext
(1) Das Ersuchen darf nicht abgelehnt werden.
(2) 1Das Ersuchen eines nicht im Rechtszuge vorgesetzten Gerichts ist jedoch abzulehnen, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. 2Ist das ersuchte Gericht örtlich nicht zuständig, so gibt es das Ersuchen an das zuständige Gericht ab.
Rn 1
Das zuständige Gericht ist zur Durchführung der Rechtshilfehandlung verpflichtet. Abs 2 S 1 ist als Ausnahmebestimmung zu Abs 1 eng auszulegen. Ein Rechtshilfeersuchen ist nur abzulehnen, wenn die von dem ersuchten Gericht vorzunehmende Amtshandlung schlechthin unzulässig ist. Ob die Übertragung der Amtshandlung auf ein anderes Gericht zweckmäßig oder notwendig ist, hat das ersuchte Gericht nicht zu prüfen (BGH NJW 90, 2936 [BGH 31.05.1990 - III ZB 52/89]). Das Ersuchen eines im Rechtszug übergeordneten Gerichts darf überhaupt nicht abgelehnt werden. Die Überordnung richtet sich nach der örtlichen Gerichtsorganisation (Kissel/Mayer § 158 Rz 2), gilt also nicht für jedes LG oder OLG.
Rn 2
Die Zulässigkeit der Rechtshilfe im konkreten Fall beurteilt allein das ersuchende Gericht. Dieses hat zu überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vornahme der Rechtshilfe im einzelnen Fall erfüllt sind. Das ersuchte Gericht hat grds nicht zu prüfen, ob der Beweisbeschluss verfahrensrechtlich zu beanstanden ist. Der ersuchte Richter ist vielmehr der verlängerte Arm des Prozessgerichts. Dessen Verfahrensfehler sind nur im Rechtszug des Prozessgerichts überprüfbar (BAG NJW 00, 2196; NJW 01, 2196). Dies gilt auch für die Zuständigkeit des ersuchenden Gerichts (Celle NdsRpfl 08, 257), für die Anhörung des Betroffenen vor der Bestellung eines Betreuers (Köln FamRZ 04, 818) oder seiner Unterbringung (BayObLG OLGR 04, 255; Köln FamRZ 04, 818), die Anhörung einer Partei gem § 141 ZPO (Frankf NJOZ 06, 4215, aA Bremen 29.3.96, 3 [III] AR 9/96). Die Vernehmung eines Zeugen ist als ersuchte Handlung schlechthin zulässig, auch wenn es sich um eine wiederholte Vernehmung handelt (Frankf NJOZ 06, 3128), das ersuchte Gericht die persönliche Vernehmung für erforderlich hält (Brandbg OLGR 09, 349) oder Bedenken bestehen, dass ein Ausforschungsbeweis vorliege (Frankf NJW 95, 637; BAG NZA 00, 791).
Rn 3
Das Ersuchen entfaltet nach der Rechtsprechung keine Bindungswirkung, wenn es den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entspricht oder nicht ausführbar ist. Anerkannt ist dies für den Fall, dass in dem zugrunde liegenden Beweisbeschluss unter Verstoß gegen § 359 Nr 1 ZPO die streitigen Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, nicht genügend bezeichnet worden sind, weil eindeutig erkennbar sein muss, welche streitigen Behauptungen Gegenstand der Beweisaufnahme sein sollen (BGHR GVG § 158 Abs 1 Zeugenvernehmung 1).
Rn 4
Ein Rechtshilfeersuchen entfaltet nach obergerichtlicher Rechtsprechung keine Bindungswirkung nach § 158 I GVG, wenn es willkürlich oder offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist; etwa, weil kein sachlicher Grund für die Durchführung einer Rechthilfe gegeben ist. Die Rechtsprechung hierzu bezieht Zweckmäßigkeitserwägungen ein (etwa Saarbr Rpfleger 05, 197 [OLG Saarbrücken 23.08.2004 - 5 W 191/04]: ›rechtlich völlig sinnlos und damit willkürlich‹). Dabei ist Zurückhaltung geboten (Frankf 17.2.11 – 4 W 2/11, BeckRS 11, 16033). Das Rechtshilfeersuchen kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es sei überflüssig, unzweckmäßig oder die Handlung sei von dem ersuchenden Gericht vorzunehmen (Köln 30.4.12 III-2 Ws 336/12, NStZ-RR 13, 57 [OLG Köln 30.04.2012 - 2 Ws 336/12]). Auch bei gravierendem Ermessensfehlgebrauch kommt nur ausnahmsweise die Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens in Betracht (BayObLG 8.4.93 – 3 Z AR 8/93, ebenso Frankf FamRZ 84, 1030 [OLG Frankfurt am Main 27.02.1984 - 1 UFH 26/83]).
Rn 5
Welche Befugnisse dem ersuchten Gericht zustehen, hängt vom Inhalt des Ersuchens im Einzelfall ab. Die Anordnung der Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung sowie die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Verweigerung der Untersuchung obliegen dem Prozessgericht. Die Durchführung der Beweisaufnahme kann einem anderen Gericht übertragen werden, das dann befugt ist, notwendige Zwangsmaßnahmen zu treffen (BGH NJW 90, 2936 [BGH 31.05.1990 - III ZB 52/89]) Zwangsmaßnahmen gem § 106 I 1 KO (vgl jetzt § 21 III InsO) hat der ersuchte Richter jedenfalls dann zu ergreifen, wenn er dazu aufgefordert wurde (KGR 99, 225). Nach anderer Auffassung (Köln NZI 99, 459 [OLG Köln 06.09.1999 - 2 W 163/99]) kann nur das Insolvenzgericht eine Vorführungsanordnung oder einen Haftbefehl nach § 98 II iVm Abs 1 S 1 InsO erlassen und hat diesen ggf. dem Ersuchen vorsorglich beizufügen.