Rn 11
Eine ›Richterentziehung‹ (§ 16 S 2 GVG) durch Handlungen der Rechtsprechungsorgane setzt – anders als bei Einwirkungen von außen – immer eine nach objektiver Betrachtungsweise willkürliche Maßnahme voraus und kann nicht bereits bei einem sog error in procedendo (Verfahrensirrtum des Gerichts) angenommen werden (BVerfG NJW 99, 1020 [BVerfG 24.11.1998 - 2 BvL 26/91]; BVerfGE 82, 286; Meyer-Goßner GVG § 16 Rz 6 mwN; Zö/Lückemann GVG § 16 Rz 2). Willkürlich idS ist das Verhalten nur dann, wenn die ihm zugrunde liegende Auffassung offensichtlich unhaltbar oder ›unverständlich‹ ist (zB BVerfG NJW 05, 2685), mag sie auch subjektiv auf einem Irrtum beruhen. Eine Verletzung des Willkürverbots ist demnach gegeben, wenn die Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (dazu BVerfG NJW 14, 3147 [BVerfG 28.07.2014 - 1 BvR 1925/13]). Das gilt auch für die idS willkürliche Nichtzulassung von Rechtsmitteln (BVerfG Beschl v 1.8.13 – 1 BvR 2515/12). Nach diesen Maßstäben ist die von einem Einzelrichter in einem zivilgerichtlichen Beschwerdeverfahren getroffene Entscheidung, in der die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrds Bedeutung zugelassen wurde, zwar bindend (§ 574 III 2 ZPO) und nicht unwirksam, aber im Hinblick auf die fehlerhafte Besetzung des Beschwerdegerichts wegen der Nichtbeachtung des Gebots der Übertragung in § 568 S 2 ZPO ›objektiv willkürlich‹ und daher vAw aufzuheben (BGH Beschl v 14.5.13 – VIII ZB 51/12; MDR 12, 114; WuM 11, 242 [BGH 08.03.2011 - VIII ZB 65/10]; dazu iE § 568 ZPO Rn 4). Nicht generell willkürlich ist es dagegen, wenn der Einzelrichter einer nicht den Restriktionen des § 348 I 2 ZPO unterliegenden Kammer anstelle eines solchen, gerichtsintern zuständigen Spruchkörpers entscheidet, wenn aus der Entscheidung nicht das ›klare Bewusstsein seiner Unzuständigkeit‹ erkennbar wird (KG DStR 13, 2596, Arg § 513 II ZPO). Sofern der Geschäftsverteilungsplan keine Spezialzuständigkeit einer Zivilkammer nach § 348 I Nr 2e ZPO vorsieht, liegt in einer Entscheidung durch einen Einzelrichter nicht allein deswegen eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter, weil nach der Rspr des BGH Arzthaftungssachen grds vom voll besetzten Spruchkörper zu verhandeln sind (BGH NJW 13, 2601 [BGH 14.05.2013 - VI ZR 325/11]). Der Willkürlichkeit allg gleichzustellen ist es, wenn bei der Entscheidung zur Besetzung des Gerichts Bedeutung und Tragweite der Verfassungsgarantie des Art 101 I 2 GG grdl verkannt wurden (BVerfGE 82, 286). Ergehen in einem laufenden Gerichtsverfahren geänderte Bescheide und geht der Angriff der Klage daher ins Leere, so ist nach Auffassung des BSG das Gericht, das ungeachtet dessen eine Sachentscheidung trifft, nicht gesetzlicher Richter (BSG Urt v 27.5.14 – B 5 R 6/13 R – juris). In der Rspr werden auch die Fälle als Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters verstanden, in denen im Einzelfall in der Wahrnehmungsfähigkeit wesentlich gehinderte Richter tätig geworden sind. Letzteres betrifft insoweit maßgebliche geistige Erkrankungen, körperliche Einschränkungen mit Auswirkungen auf die im Fall erforderlichen Wahrnehmungen und den oft bemühten Fall des ›Sitzungsschläfers‹.