Rn 5
Reichen die Sitzplätze nicht für alle, können in einer Reihenfolge nach dem Zeitpunkt des Erscheinens im Gerichtsgebäude vergeben werden. Die Befugnis, nähere Regeln für den Zugang zum Sitzungssaal und für das Verhalten in ihm zu erlassen und damit auch die Verteilung an Journalisten zu ordnen, steht dem Gerichtsvorsitzenden gem § 176 GVG zu (BVerfG NJW 03, 500 [BVerfG 30.10.2002 - 1 BvR 1932/02]). Bei der Entscheidung über den Umfang einer im Hinblick auf die räumlichen Verhältnisse erforderlichen faktischen Begrenzung der Öffentlichkeit ist auch die Notwendigkeit einer geordneten und ungestörten Durchführung der Verhandlung zu berücksichtigen (BGH NJW 06, 1220). Die Auswahl unterliegt dem Ermessen des Vorsitzenden. Organisatorische Maßnahmen zur Beschränkung des Zugangs und der Saalkapazitäten aufgrund der Covid-19-Pandemie sind grds zulässig (OVG Schleswig, 22.7.20 – 5 LA 223/20, NJW 20, 3127; OVG Berlin-Brandenburg, 19.8.20 – OVG 6 N 74/20). Das Zugangsrecht ist jedenfalls nicht mehr gewahrt, wenn die Saalkapazität eine Teilnahme der Öffentlichkeit von vornherein nicht zulässt, etwa weil alle verfügbaren Plätze durch die Verfahrensbeteiligten sowie Dolmetscher und Zeugen belegt sind (OVG Bautzen 19.1.23 – 3 A 368/21).
Rn 6
Hat das Gericht durch Anordnung der vorherigen Durchsuchung von Zuhörern selber bewirkt, dass sich deren Zutritt zum Sitzungssaal verzögert, so darf es mit der Verhandlung erst beginnen, wenn den bis zum vorgesehen Verhandlungsbeginn erschienenen Personen der Zutritt gewährt worden ist (BGH NJW 95, 3196 [BGH 02.12.1994 - 2 StR 394/94]). Der Zutritt darf nicht auf die Verhandlungspausen beschränkt werden, es sei denn, dies erweist sich zur Abwehr von nennenswerten Störungen als erforderlich (BGH NStZ 04, 510).
Die Justizverwaltung hat den Gerichten die für ihre Tätigkeit erforderlichen Räume zur Verfügung zu stellen und ihnen eine den §§ 169 ff GVG entsprechende Verhandlung zu ermöglichen (BGH NJW 82, 947). Rechtsgrundlage für alle Maßnahmen im Gerichtsgebäude, die außerhalb des Sitzungsbereichs erfolgen, ist das Hausrecht des Gerichtspräsidenten. Anordnungen, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Gerichtsgebäude dienen, verstoßen nicht gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit (BGH NJW 82, 947; NJW 80, 249 [BGH 11.07.1979 - 3 StR 165/79 (S)]; BVerwG NJW 11, 2530 [BVerwG 17.05.2011 - BVerwG 7 B 17.11]). Durch geeignete vorbeugende Maßnahmen ist für eine sichere und ungestörte Durchführung der Verhandlung zu sorgen. Maßnahmen, die den Zugang zu einer Gerichtsverhandlung nur unwesentlich erschweren und dabei eine Auswahl der Zuhörerschaft nach bestimmten persönlichen Merkmalen vermeiden, sind zulässig, wenn für sie ein verständlicher Anlass besteht (Verbot des Tragens von Motorradwesten [›Kutten‹] im Gerichtsgebäude – BVerfG NJW 12, 1863 [BVerfG 14.03.2012 - 2 BvR 2405/11]).