I. Zulässigkeit.
Rn 11
Der gesetzliche Ausschluss von Ton- und Fernseh-/Rundfunkaufnahmen in Gerichtsverhandlungen durch § 169 S 2 ist verfassungsgemäß (BVerfG 103, 44). Zur Zulässigkeit von Ton- und Bildaufnahmen unmittelbar vor oder nach einer Verhandlung oder in den Sitzungspausen vgl § 176 Rn 4. Aufnahmegeräte, Mobiltelefone und Laptops müssen im Sitzungssaal nicht zugelassen werden, weil nicht wirksam überwacht werden kann, ob verbotswidrige Aufnahmen angefertigt werden (BVerfG NJW 09, 352 [BVerfG 03.12.2008 - 1 BvQ 47/08] und NJW 14, 3013 [BVerfG 31.07.2014 - 1 BvR 1858/14]).
II. Persönlichkeitsschutz.
Rn 12
Die Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Richter und Schöffen aus einer Anfertigung und Verbreitung von Filmaufnahmen sind von diesen hinzunehmen, da sie kraft des ihnen übertragenen Amtes anlässlich einer öffentlichen Verhandlung ohnedies im Blickfeld der Öffentlichkeit unter Einschluss der Medienöffentlichkeit stehen (BVerfG NJW-RR 07, 986), wenn nicht besondere Umstände Anlass zu der Befürchtung geben, eine Übertragung der Abbildung der Mitglieder des Spruchkörpers über das Fernsehen werde dazu führen, dass sie künftig erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sein werden (BVerfG NJW 00, 2890). Denkbare Nachteile für die Belange des Persönlichkeitsschutzes haben ein geringeres Gewicht ggü dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das auch die bildliche Dokumentation der Anwesenheit der Mitglieder des Spruchkörpers unter Einschluss der Schöffen im Sitzungssaal umfasst (BVerfG NJW-RR 07, 1416 [BVerfG 07.06.2007 - 1 BvR 1438/07]; NJW 00, 2890 [BVerfG 21.07.2000 - 1 BvQ 17/00]).
Auch die Rechtsanwälte haben in ihrer Funktion als Organ der Rechtspflege grds Aufnahmen hinzunehmen, soweit sie als Beteiligte in einem Verfahren mitwirken, an dessen bildlicher Darstellung ein öffentliches Informationsinteresse besteht (BVerfG NJW-RR 07, 986).
Rn 13
Der Persönlichkeitsschutz des Angeklagten gewinnt im Gerichtsverfahren eine über den allgemein in der Rechtsordnung anerkannten Schutzbedarf hinausgehende Bedeutung, selbst wenn ein Angeklagter als relative Person der Zeitgeschichte anzusehen sein sollte (BVerfG NJW 03, 2671 [BVerfG 28.01.2003 - 1 BvQ 2/03]). Vor einem Verbot von Aufnahmen muss aber geklärt werden, ob eine befürchtete Beeinträchtigung nicht mit Auflagen – etwa durch Anonymisierung der Abbildungen der betroffenen Personen – abgewehrt werden kann (BVerfG NJW 08, 977 [BVerfG 19.12.2007 - 1 BvR 620/07]). Allerdings kann auch in der Anordnung einer Anonymisierung von Aufnahmen des Angeklagten eine gewichtige Beschränkung von Informationsmöglichkeiten der Öffentlichkeit liegen. Diese ist ggü der möglichen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Angeklagten infolge einer Prangerwirkung durch identifizierende Berichtserstattung im Falle eines Freispruchs abzuwägen (BVerfG NJW 09, 350). Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts ggü der Freiheit der Berichterstattung überwiegen (BVerfG NJW 09, 2117 [BVerfG 03.04.2009 - 1 BvR 654/09]). Die Unschuldsvermutung verliert an Gewicht, wenn der Angeklagte seine Tat gestanden hat (BVerfG NJW 12, 2178 [BVerfG 30.03.2012 - 1 BvR 711/12]). Eigenverantwortliche Auftritte des Angeklagten in der Öffentlichkeit können dazu führen, dass er sich nicht mehr auf sein Persönlichkeitsrecht berufen kann (BVerfG NJW 09, 350 [BVerfG 27.11.2008 - 1 BvQ 46/08]).
Das Recht der Presse, über die in öffentlicher Verhandlung erörterten Inhalte berichten zu dürfen, kann durch das Persönlichkeitsrecht eingeschränkt sein (Köln MMR 12, 768 [OLG Köln 14.02.2012 - 15 U 123/11]).