I. Grundsätze.
Rn 4
Maßgebliche Grundlage für die Anwendung der §§ 17 bis 17b GVG ist die Identität des vom Kl bestimmten, aus dem mit dem Antrag geltend gemachten materiellen Anspruch und dem zu dessen Individualisierung vorgetragenen Sachverhalt bestehenden Streitgegenstands. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Antrag durch einen oder mehrere materiell-rechtliche Ansprüche begründet wird (VGH München NVwZ-RR 04, 224). Für jeden Klageantrag, mit dem ein neuer prozessualer Streitgegenstand geltend gemacht wird, ist die Zulässigkeit des Rechtsweges gesondert zu prüfen (LAG Hamm, Beschl v 12.6.18 – 2 Ta 667/17, juris). Aus einer Veränderung des Streitgegenstands kann sich die Unzulässigkeit eines vorher zulässigen Rechtswegs ergeben (BAG NZA 07, 110 [BAG 29.11.2006 - 5 AZB 47/06]). Die prozessuale Zulässigkeit einer Klageänderung (§§ 263 ZPO; 91 VwGO) als solche hat nicht zur Folge, dass auf die Prüfung des Vorliegens der Sachentscheidungsvoraussetzungen auch hinsichtlich des Rechtswegs verzichtet werden kann (BAG NZA 01, 341). Klageerweiterungen bzw Einschränkungen iSd § 264 Nr 2 ZPO geben keine Veranlassung, die Zulässigkeit des Rechtsweges erneut zu prüfen (LAG Hamm, Beschl v 12.6.18 – 2 Ta 667/17, juris). Die Identität des Streitgegenstands muss auch hinsichtlich der Parteien des Rechtsstreits gegeben sein (OVG Schlesw NordÖR 06, 155; VGH München NVwZ-RR 04, 224).
II. Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes.
Rn 5
Erfasst werden grds alle Rechtsschutzformen in den Fachgerichtsbarkeiten, insb auch Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (zB nach §§ 916 ff ZPO; 80, 80a, 123 VwGO; BGH NJW-RR 05, 142 [BGH 29.07.2004 - III ZB 2/04]; NJW 01, 2181 [BGH 05.04.2001 - III ZB 48/00]; BayLSG Beschl v 8.8.12 – L 7 AS 553/12 ER, Finkelnburg/Dombert/Külpmann Rz 37; vgl auch § 17a GVG Rn 4). Die Bestimmungen der §§ 17–17b gelten grds für alle Verfahrensarten, also neben dem normalen Erkenntnisverfahren insb auch für selbstständige Beweisverfahren (§ 485 ZPO) und Mahnverfahren (§ 688 ZPO; Kissel/Mayer § 17 Rz 7; vgl aber zur Relevanz iR § 17 I 2 GVG unten Rn 9), im Urkunden- und Wechselprozess (§§ 592 ff ZPO), in Familiensachen (§§ 111 ff FamFG; MüKoZPO/Zimmermann § 17 Rz 3) oder – bezogen auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit – in Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO, sofern insoweit – was selten der Fall sein wird – überhaupt ein alternativer Rechtsweg in Betracht kommt (Sodan/Ziekow/Ziekow § 41 VwGO/§ 17 GVG Rz 5; vgl zu einem Sonderfall OVG Weimar DVBl 03, 879; zur Gegenansicht Kopp/Schenke Anh § 41 Rz 2c). In der obergerichtlichen Rspr wird allerdings auch die Pflicht zur Vorabentscheidung und Verweisung nach § 17a GVG wegen Fehlens der ›Gerichtsbarkeit‹ iSv § 47 I VwGO verneint, wenn sich aus der Anwendung der im Normenkontrollverfahren angegriffenen Rechtsnorm keine Streitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist (OVG Bautzen SächsVBl 10, 92, Notarversorgung). Umstritten ist die Anwendbarkeit der §§ 17 ff GVG auf selbstständige PKH-Gesuche, die im Vorfeld eines noch nicht eingeleiteten Rechtsstreits gestellt werden, insb die Verweisungspflicht bei Anbringung des Gesuchs im falschen Rechtsweg (hierzu § 17a GVG Rn 3).