Rn 14

Die Bindung des Rechtsmittelgerichts setzt eine ordnungsgem Behandlung der Rechtswegfrage auf der Grundlage des § 17a II und III GVG, insb was das Anhörungsgebot (IV 1) betrifft, voraus (BGH NJW-RR 05, 142 [BGH 29.07.2004 - III ZB 2/04]). Nur in diesen Fällen ist der Ausschluss der Berufung bzw Revision zu dieser Frage gerechtfertigt. Häufigster Fall der Nichtanwendbarkeit des § 17a V GVG ist das Übergehen einer ordnungsgem, insb bei entspr Fristsetzung nach § 282 III 2 ZPO (dazu BGH BayVBl 09, 737 [BGH 09.04.2009 - III ZR 200/08]) rechtzeitigen Rüge (zum Rügeerfordernis allg VGH Mannheim DÖV 05, 165) der Unzulässigkeit des Rechtswegs durch eine Partei, indem nicht rechtsmittelfähig vorab, sondern erst iRd Hauptsacheentscheidung positiv über diese Frage entschieden wurde (§ 17a III 2 GVG, dazu BVerwG NJW 15, 2358 [BVerwG 19.02.2015 - BVerwG 1 C 13.14]; BGHZ 119, 246, 121, 367, und 130, 159; NJW 08, 3572; Celle OLGR 08, 177; BSG SGb 12, 402; BAG NJW 97, 1025 [BAG 21.08.1996 - 5 AZR 1011/94]; BFH, Beschl v 5.11.14 – VII B 113/14 – sowie Beschl v 24.6.14 – X B 216/13 – juris. Vgl auch BGH Urt v 21.9.17 – I ZR 58/16 – juris zu einem Sonderfall der Verneinung der Rechtswegzuständigkeit iRd Hauptsacheentscheidung trotz vorheriger Rüge). Andernfalls würde die gesetzlich vorgesehene Überprüfungsmöglichkeit im Wege der sofortigen Beschwerde durch eine verfahrensfehlerhafte Behandlung des Rechtsstreits ausgeschlossen (BGH NJW 08, 3572; BVerwG NJW 94, 956, BAG NZA 10, 472; BGHZ 121, 367). Eine Rüge muss nicht als solche bezeichnet werden. Es genügt, dass ein Beteiligter zum Ausdruck bringt, er halte die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht für gegeben; die Äußerung bloßer Zweifel hingegen erfüllt diese Anforderungen nicht (BVerwG, Beschl v 8.2.18 – 5 P 7/16, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl v 25.8.16 – OVG 62 PV 3.16 – juris; SächsOVG Beschl v 15.4.15 – 4 A 657/13). Eine Bindung des Rechtsmittelgerichts tritt ferner nicht ein, wenn der Verweisungsbeschluss die nach § 17a IV 2 erforderliche Begründung vermissen lässt (BAG NJW 15, 2523 [BAG 16.06.2015 - 10 AS 2/15]). Nach dem VGH München (Beschl v 1.2.13 – 3 B 12.1754) soll gleiches gelten, wenn das erstinstanzliche Gericht im Bewusstsein der Unzulässigkeit des Rechtswegs im Einvernehmen mit den Beteiligten von einer Verweisung abgesehen hat. Trotz Nichtbeachtung des Vorabentscheidungserfordernisses (§ 17a III 2 GVG) treten das Prüfungshindernis und damit die Bindungswirkung des § 17a V GVG aber jdf ein, wenn der Verfahrensbeteiligte seine übergangene Rüge im Rechtsmittelverfahren ausdrücklich nicht mehr weiter verfolgt (Hamm OLGR 08, 103; VGH München NJW 97, 1252); unter Umständen auch bereits dann, wenn er seine Rüge im Rechtsmittelverfahren lediglich erkennbar nicht weiter verfolgt (VGH München Beschl v 15.6.15 – 5 ZB 14.1919 – juris). Wiederholt der Beteiligte aber seine Rüge ggü dem Berufungsgericht, so hat nunmehr dieses entspr § 17a III 2 GVG vorab über die Rechtswegfrage zu entscheiden und bei Verneinung des eigenen Rechtswegs die Sache unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung an das Gericht des zuständigen Rechtswegs zu verweisen (LAG Nürnbg Beschl v 28.4.10 – 4 Sa 566/09). Eine Vorabentscheidung ist allerdings entbehrlich, wenn es nicht nur die Zulässigkeit bejaht, sondern darüber hinaus zum Ausdruck bringt, dass es im Falle einer Vorabentscheidung keine Veranlassung zur Zulassung einer Beschwerde dagegen nach Maßgabe des § 17a IV 4 bis 6 GVG gesehen hätte (BGH NJW 99, 651 unter Verweis auf BGHZ 131, 169 und 136, 228). Obwohl der BGH im Grundsatz nur über die in § 17a IV GVG normierte besondere Rechtsbeschwerde nach Zulassung im Vorabverfahren mit der Rechtswegfrage befasst werden kann, hat er in der Vergangenheit in einzelnen Fällen auch iR eines Revisionsverfahrens die Rechtswegfrage entschieden, wenn sich das Berufungsgericht trotz der Nichtbeachtung des Vorabentscheidungserfordernisses (§ 17a III 2 GVG) durch das erstinstanzliche Gericht zu Unrecht durch § 17a V GVG an der Überprüfung des beschrittenen Rechtswegs gehindert gesehen hatte, um den Parteien auf diesem Weg eine Möglichkeit zur Nachprüfung des erstinstanzlichen Urteils zu ermöglichen (BGHZ 130, 159). Hat das Berufungsgericht die fehlende eigene Bindung erkannt, indes selbst das Erfordernis einer Vorabentscheidung negiert, ist der Rechtsstreit zur Nachholung insoweit zurückzuverweisen (BGHZ 132, 245). Auch in verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren, in denen eine weitere Beschwerde zur Klärung der Rechtswegfrage an das BVerwG ausgeschlossen ist (dazu Rn 4), ist das Beschwerdegericht nicht gehalten, auf eine Verfahrensrüge des Unterbleibens einer Vorabentscheidung trotz ordnungsgem Rüge durch das VG über die Eröffnung des Rechtswegs (§ 17a III 2 GVG) seinerseits ›vorab‹ zu befinden (etwa OVG Saarlouis SKZ 09, 75).

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