1. Missachtung der Anforderungen.
Rn 13
Hat das Erstgericht das Rechtsschutzersuchen unter Missachtung der Pflicht zur Verweisung des Rechtsstreits wegen Nichteröffnung des Rechtswegs (§ 17a II 1) als unzulässig abgewiesen, liegt bereits keine ›Hauptsacheentscheidung‹ im Verständnis des Gesetzes vor (VGH München NVwZ-RR 04, 224; BGHZ 119, 246; BVerwG, NJW 94, 956; OVG Münster NVwZ 94, 179; VGH Kassel NVwZ-RR 94, 700; ähnl BFH Beschl v 24.6.14 – X B 216/13 – juris). Ist die Einschätzung des Vordergerichts zutr, ist auf die Berufung hin die Verweisung durch das Rechtsmittelgericht unter Aufhebung der Ausgangsentscheidung nachzuholen (Frankf Beschl v 21.4.11 – 3 U 216/10; Musielak/Voit/Wittschier § 17a GVG Rz 18); bejaht das Rechtsmittelgericht die Rechtswegzuständigkeit, kommt eine Zurückverweisung in Betracht. Eine Bindungswirkung setzt voraus, dass zumindest konkludent der Rechtsweg bejaht wurde; sie tritt ferner nicht ein, wenn das Ausgangsgericht entgegen dem Grundanliegen des Gesetzgebers die Frage der Rechtswegeröffnung ausdrücklich offengelassen hat (OVG Hamburg DVBl 09, 397). Das Rechtsmittelgericht hat in diesem Fall eine eigene Rechtswegprüfung und bei negativem Erg ggf eine Verweisung an das erstinstanzliche Gericht des zulässigen Rechtswegs vorzunehmen und das ergangene Urt aufzuheben (Frankf MDR 09, 1243 [OLG Nürnberg 28.07.2009 - 5 W 1104/09]; NJW-RR 97, 1564 [OLG Frankfurt am Main 17.06.1997 - 22 U 207/95]). Gleiches gilt in Eilrechtsschutzverfahren, wenn nach besonderen Fallumständen erstinstanzlich mangels Anhörung des Gegners keine Rügemöglichkeit bestand (Ddorf MDR 16, 234 [BGH 16.10.2015 - V ZR 120/14]; Frankf NJW 97, 2391 [OLG Frankfurt am Main 04.03.1997 - 6 W 144/96]), und zwar auch bei Vorliegen einer sog Schutzschrift (Frankf NZA 07, 710 [LAG Köln 25.01.2006 - 7 Sa 831/05]).
2. Unsachgemäße Behandlung.
Rn 14
Die Bindung des Rechtsmittelgerichts setzt eine ordnungsgem Behandlung der Rechtswegfrage auf der Grundlage des § 17a II und III GVG, insb was das Anhörungsgebot (IV 1) betrifft, voraus (BGH NJW-RR 05, 142 [BGH 29.07.2004 - III ZB 2/04]). Nur in diesen Fällen ist der Ausschluss der Berufung bzw Revision zu dieser Frage gerechtfertigt. Häufigster Fall der Nichtanwendbarkeit des § 17a V GVG ist das Übergehen einer ordnungsgem, insb bei entspr Fristsetzung nach § 282 III 2 ZPO (dazu BGH BayVBl 09, 737 [BGH 09.04.2009 - III ZR 200/08]) rechtzeitigen Rüge (zum Rügeerfordernis allg VGH Mannheim DÖV 05, 165) der Unzulässigkeit des Rechtswegs durch eine Partei, indem nicht rechtsmittelfähig vorab, sondern erst iRd Hauptsacheentscheidung positiv über diese Frage entschieden wurde (§ 17a III 2 GVG, dazu BVerwG NJW 15, 2358 [BVerwG 19.02.2015 - BVerwG 1 C 13.14]; BGHZ 119, 246, 121, 367, und 130, 159; NJW 08, 3572; Celle OLGR 08, 177; BSG SGb 12, 402; BAG NJW 97, 1025 [BAG 21.08.1996 - 5 AZR 1011/94]; BFH, Beschl v 5.11.14 – VII B 113/14 – sowie Beschl v 24.6.14 – X B 216/13 – juris. Vgl auch BGH Urt v 21.9.17 – I ZR 58/16 – juris zu einem Sonderfall der Verneinung der Rechtswegzuständigkeit iRd Hauptsacheentscheidung trotz vorheriger Rüge). Andernfalls würde die gesetzlich vorgesehene Überprüfungsmöglichkeit im Wege der sofortigen Beschwerde durch eine verfahrensfehlerhafte Behandlung des Rechtsstreits ausgeschlossen (BGH NJW 08, 3572; BVerwG NJW 94, 956, BAG NZA 10, 472; BGHZ 121, 367). Eine Rüge muss nicht als solche bezeichnet werden. Es genügt, dass ein Beteiligter zum Ausdruck bringt, er halte die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht für gegeben; die Äußerung bloßer Zweifel hingegen erfüllt diese Anforderungen nicht (BVerwG, Beschl v 8.2.18 – 5 P 7/16, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl v 25.8.16 – OVG 62 PV 3.16 – juris; SächsOVG Beschl v 15.4.15 – 4 A 657/13). Eine Bindung des Rechtsmittelgerichts tritt ferner nicht ein, wenn der Verweisungsbeschluss die nach § 17a IV 2 erforderliche Begründung vermissen lässt (BAG NJW 15, 2523 [BAG 16.06.2015 - 10 AS 2/15]). Nach dem VGH München (Beschl v 1.2.13 – 3 B 12.1754) soll gleiches gelten, wenn das erstinstanzliche Gericht im Bewusstsein der Unzulässigkeit des Rechtswegs im Einvernehmen mit den Beteiligten von einer Verweisung abgesehen hat. Trotz Nichtbeachtung des Vorabentscheidungserfordernisses (§ 17a III 2 GVG) treten das Prüfungshindernis und damit die Bindungswirkung des § 17a V GVG aber jdf ein, wenn der Verfahrensbeteiligte seine übergangene Rüge im Rechtsmittelverfahren ausdrücklich nicht mehr weiter verfolgt (Hamm OLGR 08, 103; VGH München NJW 97, 1252); unter Umständen auch bereits dann, wenn er seine Rüge im Rechtsmittelverfahren lediglich erkennbar nicht weiter verfolgt (VGH München Beschl v 15.6.15 – 5 ZB 14.1919 – juris). Wiederholt der Beteiligte aber seine Rüge ggü dem Berufungsgericht, so hat nunmehr dieses entspr § 17a III 2 GVG vorab über die Rechtswegfrage zu entscheiden und bei Verneinung des eigenen Rechtswegs die Sache unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung an das Gericht des zuständigen Rechtswegs zu verweisen (LAG Nürnbg Beschl v 28.4.10 – 4 Sa 566/09). Eine ...