Rn 4

Im Bereich hoheitlicher Tätigkeit (acta iure imperii) genießen souveräne Staaten vorbehaltlich ausdrücklicher einschr zwischenstaatlicher Vereinbarungen (dazu Rn 7) nach dem Völkergewohnheitsrecht, das gem Art 25 GG auch für deutsche Gerichte verbindlich ist, grds vollständige Immunität (vgl § 18 Rn 4 allg zur sog Staatenimmunität). Sie umfasst auch die notwendig für sie handelnden Organe des Staates (BVerwG NJW 89, 679 [BVerwG 29.04.1988 - BVerwG 9 C 54.87], zur Unzulässigkeit der Ladung des indischen Verteidigungsministers im Asylverfahren, BGH NJW 79, 1101 [BGH 26.09.1978 - VI ZR 267/76]), nicht aber selbstständige juristische Personen des Öffentlichen Rechts (aA MüKoZPO/Zimmermann § 20 Rz 10). Immunität begründet wie in den anderen Fällen der §§ 18–20 GVG ggf ein Verfahrenshindernis, dessen Nichtvorliegen in jeder Phase des Verfahrens vAw zu prüfen ist (§ 18 Rn 1). Eine beschränkte sachbezogene Staatsimmunität auf allg völkerrechtlicher Grundlage ist auch iRd Zwangsvollstreckung gegen einen fremden Staat zu beachten. Diese gilt allerdings auch hier nicht absolut, sondern beschränkt auf den hoheitlichen Bereich. Ebenso wenig wie es ein generelles völkergewohnheitsrechtliches Verbot der klageweisen Inanspruchnahme eines fremden Staates in Bezug auf seine nicht hoheitlichen Betätigungen gibt (BVerfG DÖV 63, 692 [BVerfG 30.04.1963 - 2 BvM 1/62]; NJW 63, 435 [BVerfG 30.10.1962 - 2 BvM 1/60]), ist danach allg die Zwangsvollstreckung in das Vermögen fremder Staaten schon per se völkerrechtswidrig (BVerfG NJW 78, 485 [BVerfG 13.12.1977 - 2 BvM 1/76]). Unzulässig ist ein Zugriff auf solche Vermögensgegenstände auch im Inland, die hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen (BGH NJW-RR 14, 1088 [BGH 25.06.2014 - VII ZB 23/13], Betrieb einer privaten Schule; BGH NJW-RR 03, 1218 [BGH 28.05.2003 - IXa ZB 19/03], dazu § 18 Rn 4; LAG Berlin AE 10, 104, Überwachung exterritorialer Einrichtungen mit Kameras), wobei auf den Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahme abzustellen ist (BVerfG DVBl 78, 496; BGH NJW-RR 14, 1088) und allein die (völkerrechtswidrige) Verneinung einer Staatsimmunität bereits im Erkenntnisverfahren keine Rechtfertigung für die zwangsweise Durchsetzung begründen kann (BVerfG NJW 83, 2766). Entspr gilt auch für zwangsweise Räumungen von in den sachlichen Schutzbereich der §§ 18, 19 GVG bzw der dort in Bezug genommenen Übereinkommen einbezogenen Räumen. Bei der von dem jew zuständigen deutschen Gericht vorzunehmenden Abgrenzung zwischen hoheitlichem und nicht hoheitlichem Handeln des fremden Staates ist nicht auf Motiv oder Zweck, sondern auf die Natur der Handlung bzw des umstrittenen Rechtsverhältnisses abzustellen; da sich insoweit keine verbindlichen völkerrechtlichen Maßstäbe feststellen lassen, ist die Unterscheidung grds nach den Kriterien des nationalen (deutschen) Rechts vorzunehmen, allerdings unter Beachtung des sog völkerrechtlichen Kernbereichsgedankens zug der Annahme hoheitlicher und damit (national) gerichtsfreier Betätigung im Zweifelsfall (dazu BVerfG DÖV 63, 692, NJW 83, 2766 [BVerfG 12.04.1983 - 2 BvR 768/81]; BGH NJW-RR 14, 1088 [BGH 25.06.2014 - VII ZB 23/13]). Der griechische Schuldenschnitt beruht auf hoheitlicher Tätigkeit (Erlass des Gesetzes 4050/2012, seine Umsetzung durch den Ministerrat sowie die Einziehung der Anleihen durch die griechische Zentralbank). Betroffene Anleger können den griechischen Staat daher nicht vor einem deutschen Gericht auf Schadensersatz verklagen (BGH, NJW 16, 1659 [BGH 08.03.2016 - VI ZR 516/14]; Schlesw EuZW 2015, 648 [OLG Schleswig 04.12.2014 - 5 U 89/14] mwN auch aus der Literatur). Der Grundsatz der Staatenimmunität steht ebenso einer Klage entgegen, mit der Anleger vertragliche Rückzahlungsansprüche aus den ursprünglich erworbenen Staatsanleihen bzw vertragliche Ersatzansprüche wegen Nichterfüllung geltend machen (BGH NJW 18, 854 [BGH 19.12.2017 - XI ZR 796/16]). Der auswärtige Staat darf im Kernbereich diplomatischer und konsularischer Betätigung im Inland nicht behindert werden (BAG NZA 02, 1416). Zu diesem Kernbereich hoheitlicher Betätigung der Staaten gehören die Ausübung der auswärtigen und militärischen Gewalt sowie der Polizeigewalt, die Gesetzgebung und die Rechtspflege (BVerfGE 16, 27 [BVerfG 30.04.1963 - 2 BvM 1/62], BAG NZA 13, 468 [BAG 14.02.2013 - 3 AZB 5/12]). Dabei gilt der völkerrechtliche Grundsatz der Nichteinmischung in die Ausübung hoheitlicher Befugnisse ausländischer Staaten. Vor dem Hintergrund ist der Schutzbereich weit zu ziehen und auf die typische abstrakte Gefahr, nicht aber auf eine konkret festzustellende Beeinträchtigung der diplomatischen Tätigkeit abzustellen (BVerfG NJW 78, 485 [BVerfG 13.12.1977 - 2 BvM 1/76]). Daher kommt es auch nicht darauf an, ob der Entsendestaat im Falle einer Pfändung von Ansprüchen auf andere Weise, etwa durch finanzielle Zuwendungen, in der Lage wäre, den Betrieb seiner Botschaft aufrecht zu erhalten (BGH NJW-RR 06, 425 [BGH 04.10.2005 - VII ZB 8/05], Umsatzsteuerer...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?