Rn 1
§ 21e ist – in der Tradition der §§ 1, 16 S 2 sowie §§ 61–63 GVG von 1879 – das Rückgrat der Präsidialverfassung, weil er die Bestimmung des gesetzlichen Richters iSd Art 101 I 2 GG und die Gewaltenteilung des Art 20 II 2 GG jenseits der formellen und materiellen Gesetze der Legislative und der verordnungsermächtigten Exekutive im gerichtlichen Internum garantiert (Remus S 65 f). § 21e ist nunmehr – in Befolgung der Plenarentscheidung BVerfGE 95, 322 ff [BVerfG 08.04.1997 - 1 PBvU 1/95] – durch § 21g ergänzt, der in tw spiegelbildlicher Regelung die Bestimmung des gesetzlichen Richters iSd Art 101 I 2 GG auch in das Internum der Spruchkörper des Gerichts durchstellt. Der Geschäftsverteilungsplan des Präsidiums bewirkt im Zusammenwirken mit dem Geschäftsverteilungsplan des gerichtsinternen Spruchkörpers die Bestimmung des konkreten gesetzlichen Richters, auf den gem Art 3 I iVm 101 I 2 GG jedermann einen grundrechtlichen Anspruch hat und der gem Art 101 I 2 GG niemandem entzogen und dem auch niemand entzogen werden darf (Remus S 173 ff). Art 101 I 2 GG gewährt aber umgekehrt keinen Anspruch des gesetzlich bestimmten Richters auf seinen Fall und seinen Prozess (Rinck NJW 64, 1649; Remus S 172; aA Bettermann S 557), denn die Norm enthält auch im Zusammenwirken mit der richterlichen Unabhängigkeit kein Grundrecht und kein Standesprivileg des Richters (BVerfGE 27, 211, 217 [BVerfG 14.11.1969 - 1 BvR 253/68]; BGH NJW 91, 421, 422 [BGH 14.09.1990 - RiZ (R) 1/90]). Beide in §§ 21e und 21g geregelten Geschäftsverteilungsbeschlüsse (zur Unterscheidung auch Geschäftsverteilungs- und Mitwirkungspläne genannt) sind Grundlage der Bestimmung des gesetzlichen Richters und müssen deshalb jeder für sich alle wesentlichen Merkmale aufweisen, die gesetzliche Vorschriften auszeichnen:
Rn 2
Sie bedürfen – zumindest zum Zwecke der Niederlegung nach Abs 9 – der Abfassung in schriftlicher Form, wobei die Protokollierung der in einer Sitzung ergangenen Präsidiumsbeschlüsse erforderlich (Kissel/Mayer § 21e Rz 73; aA Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 26a, der Protokollierung nur empfiehlt) aber auch ausreichend ist (BVerwG NJW 84, 575, NJW 84, 2961 [BVerwG 29.06.1984 - BVerwG BVervG 6 C 35.83]), so dass die Unterzeichnung durch alle Präsidiumsmitglieder keine Wirksamkeitsvoraussetzung darstellt (BFH Beschl v 13.1.16 – IX B 94/15 – Rz 7), wenn die Präsidiumsbeschlüsse nicht im schriftlichen Umlaufverfahren gefasst werden (dazu Rn 77; zur Frage einer über den Präsidiumsbeschluss hinausgehenden Protokollierung der Beratung des Präsidiums s Rn 92a) Geschäftsverteilungsbeschlüsse müssen im Voraus generell-abstrakt die Zuständigkeit der Spruchkörper und die Mitwirkung der Richter im überbesetzten Spruchkörper regeln, und zwar bis auf die letzte Regelungsstufe, auf der es um die Person des konkreten Richters geht (BGH Beschl v 20.4.21 – StB 13–15/21). Auf beiden Regelungsebenen muss die Bestimmung so präzise sein, dass die bloße Möglichkeit und der Verdacht einer Manipulation der Richterbestimmung ausscheiden. Die Regelungen müssen so bestimmt sein, dass die konkrete einzelne Rechtssache ›blindlings‹ nach allgemeinen, vorab festgelegten Merkmalen an den konkret entscheidenden Richter gelangt (BVerfGE 95, 322, 328 f [BVerfG 08.04.1997 - 1 PBvU 1/95]).