Rn 95
Eine Veröffentlichung ist nach Abs 9 Hs 2 ausdrücklich nicht nötig. Erforderlich und genügend ist die Auflegung des Geschäftsverteilungsplans zur Einsichtnahme für jedermann in einer Geschäftsstelle des Gerichts, die vom Präsidenten oder Aufsicht führenden Richter im Rahmen seiner Gerichtsverwaltung – also nicht durch das Präsidium – bestimmt wird. Die Anordnung der Auflegung und die Befreiung von der Veröffentlichungspflicht stellt klar, dass die Wirksamkeit auch im Falle des Normencharakters des Geschäftsverteilungsplans nicht von der Veröffentlichung in Gesetzblättern des Bundes oder der Länder abhängig ist (BTDrs VI/557, 23; Schorn/Stanicki S 168; Remus S 141 f).
Rn 96
Die Wirksamkeit der Geschäftsverteilung hängt nicht von der Veröffentlichung ab, weil sie keine materielle Rechtsnorm ist (Rn 90). Sie hängt auch nicht von der Auflegung ab, denn sie tritt ein mit der Beschlussfassung durch die Mehrheit der Mitglieder des Präsidiums, auch nicht etwa erst mit der Unterzeichnung des Präsidiumsbeschlusses. Die Auflegung dient nur der Bekanntmachung dessen, was das Präsidium beschlossen hat, insb für die Rechtsuchenden zur Feststellung ihres gesetzlichen Richters und für die Richter des Gerichts zur Feststellung der ihnen zugewiesenen Rechtsprechungsaufgaben.
Rn 97
Die Auflegung der Urschrift oder der beglaubigten Abschrift (BFH Beschl v 13.1.16 – IX B 94/15 – Rz 7) in der Geschäftsstelle genügt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass 21g VII, 21e IX HS 1 einen über ihren Wortlaut hinausgehenden Anspruch gewähren (BGH NJW 19, 3307 [BGH 16.07.2019 - II ZR 175/18] Rz 19, 20 ff). Die im Medienzeitalter zunehmend praktizierte Veröffentlichung im Internet oder in einem justizinternen Intranet entspricht als moderne Serviceleistung der Bürgerfreundlichkeit der Gerichte, kann die Auflegung aber nicht ersetzen und erfordert eine ständige Aktualisierung (krit ua aus datenschutzrechtlichen Erwägungen: Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 35). Die Garantie der Authentizität der geltenden Geschäftsverteilung und der Bestimmung des gesetzlichen Richters ergibt sich ausschließlich aus dem aufgelegten Jahresgeschäftsverteilungsplan (BFH NJW 21, 2232 [BFH 12.05.2021 - IX B 72/20] Rz 6) und den dazu im Geschäftsjahr erlassenen Änderungsbeschlüssen des Präsidiums in der Geschäftsstelle, in welche aus verfassungsrechtlichen Gründen jedermann Einsicht nehmen kann, solange sie gültig sind, unabhängig von einer Verfahrensbeteiligung (BGH aaO Rz 15, 17; vgl auch § 21g Rn 28). Ein Einsichtsanspruch kann aber im Einzelfall wegen rechtsmissbräuchlicher Geltendmachung ausgeschlossen sein (vgl BGH aaO, Rz 18 u Beschl v 8.1.20 – IV ZA 14/19, Rz 7). 21e und 21g betreffen nur den für das laufende Geschäftsjahr beschlossenen Geschäftsverteilungsplan und seine Änderungen (BVerwG Beschl v 20.3.23 – 10 PKH 1.22 Rz 9). Das bedeutet allerdings nicht, dass eine Einsichtnahme in Geschäftsverteilungspläne vergangener Jahre unzulässig wäre, vielmehr ist hierüber nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (OVG NRW Beschl v 29.3.23 – 4 E 175/23 Rz 13). Angesichts der Kompetenzzuweisung durch Abs 9 ist mangels einer anderweitigen Zuständigkeitsregelung der Präsident oder aufsichtsführende Richter zur Entscheidung über die Gewährung von Einsicht in den Geschäftsverteilungsplan des Gerichts berufen (BGH NJW 19, 3307 [BGH 16.07.2019 - II ZR 175/18] Rz 12). Ein Anspruch auf Überlassung von Ausdrucken, Ablichtungen oder Dateien besteht grds nicht. Wohl aber ist über einen solchen Antrag eines Einsichtsberechtigten, der um eine vom Gesetz nicht vorgesehene Art des Zugangs zu einem Geschäftsverteilungsplan ersucht, nach pflichtgemäßen Ermessen zu entscheiden. Dabei ist es denkbar, dass dem Antrag nach den Grundsätzen der Ermessensreduzierung auf null oder der Selbstbindung der Verwaltung uU stattzugeben ist (BGH aaO Rz 19, 20, 25; Beschl v 25.9.19 – IV AR (VZ) 4/19, Rz 15, 23, 24).