Rn 4
Die Norm spiegelt tw wortgleich, aber nicht vollständig § 21e wider. Nicht erwähnt ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit abw von § 21e VIII. Eine Beschlussfähigkeit iSv § 21i I ist nicht geregelt, weil eine Beschlussunfähigkeit wegen der Vertretung nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht eintreten kann; erst bei Verhinderung aller planmäßigen Spruchkörpermitglieder einschließlich der geschäftsverteilungsplanmäßigen ernannten oder bestimmbar geregelten (vgl Rn 26) Vertreter entscheidet der Vorsitzende nach Abs 5 in Wahrnehmung seiner Notkompetenz nach § 21i II.
I. Kompetenzen des Spruchkörperplenums.
1. Plenum.
Rn 5
Im Spruchkörper entscheidet das richterliche Spruchkörperplenum, also alle diesem Spruchkörper durch den Geschäftsverteilungsplan des Präsidiums zugewiesenen Richter, ungeachtet der Art des Richteramtes (auf Probe; kraft Auftrags; abgeordnet) oder der vom Präsidium jeweils bestimmten Arbeitskraftanteile, wenn ein Richter teilzeitbeschäftigt oder nach § 21e I 3 mehreren Spruchkörpern zugewiesen ist. Die Arbeitskraftquote hat also keinen Einfluss auf den Zählwert der Stimme.
Rn 6
Am Beschl wirken die dem Spruchkörper zugewiesenen Berufsrichter mit, also nicht die Handelsrichter, die Schöffen oder die Landwirtschaftsrichter oder sonstige ehrenamtliche Richter, wohl aber die zugewiesenen Verwaltungsrichter in den Kammern und Senaten für Baulandsachen. Trotz § 104 I 1 BNotO wirken die ehrenamtlichen Beisitzer des Notarsenats des OLG gem §§ 102 S 2 BNotO, 21g I nicht mit (vgl BGH MDR 20, 1279, Rz 20).
2. Spruchkörperreduzierung.
Rn 7
Das Spruchkörperplenum hat, wenn es nicht mit der Mindestzahl der in den Verfahrensordnungen für die Rspr der Kammern oder Senate gesetzlich vorgeschriebenen Richter (Festzahlspruchkörper), sondern überbesetzt ist, aus der Summe der vorhandenen Richterköpfe die nach der Verfahrensordnung vorgeschriebene Richterbank der Kammern und Senate einzurichten, mithin die so genannten Sitzgruppen zu bilden.
Rn 8
Das Präsidium ist an die durch Art 101 I 2 GG gebotenen Grenzen der Überbesetzung des Spruchkörpers gebunden: Nach der früheren Rspr des BVerfG durfte er nicht in zwei personell voneinander verschiedenen Sitzgruppen gleichzeitig sitzen oder in drei Sitzgruppen, die aus dem Vorsitzenden und jeweils verschiedenen Beisitzern bestehen, entscheiden können (BVerfGE 17, 294, 301; E 18, 344, 349; Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 9; also max 4 Beisitzer; Kissel/Mayer § 21e GVG Rz 130). Dies Grenze gilt nach der jüngsten Rspr des BVerfG (WM 20, 1912, 1913 Rz 27) allerdings dann nicht mehr, wenn sich die an einem Verfahren beteiligten Richter aus dem Geschäftsverteilungsplan ergeben (s 21e Rn 14).
Rn 9
Maßgeblich für das Präsidium ist dabei die Regelbesetzung (§§ 75, 76 I) der Sitzgruppe, nicht die Möglichkeit der Reduktion der Richterbesetzung gem § 76 II (BVerfG NJW 04, 3482 [BVerfG 03.05.2004 - 2 BvR 1825/02]).
Rn 10
Maßgeblich für die Überbesetzung ist die Anzahl der Richter, nicht deren Arbeitskraftanteile. Eine fehlerhafte Überbesetzung ist verbindlich, muss vom Spruchkörper aber beim Präsidium gerügt werden.
Rn 11
Jede Sitzgruppe ist ›die Kammer‹ bzw ›der Senat‹ und trägt dieselbe Bezeichnung wie der gesamte Spruchkörper im Geschäftsverteilungsplan (Zivilkammer 1/Strafkammer 2), weil das Präsidium die Sitzgruppeneinrichtung innerhalb des überbesetzten Spruchkörpers nach § 21e I nicht anordnen darf.
3. Sachverteilung.
Rn 12
Die Sachverteilung durch das Plenum des Spruchkörpers bezieht sich auf alle richterlichen Geschäfte, die das Präsidium diesem Spruchkörper im Präsidiumsbeschluss bindend zugewiesen hat. Die Methoden der Sachverteilung sind dem Spruchkörperplenum nicht vorgegeben. Es muss nur die vom Präsidium zugewiesenen Geschäfte komplett verteilen. Die Methode der Sachverteilung durch das Präsidium muss das Spruchkörperplenum nicht übernehmen; das Plenum kann die zugewiesenen Geschäfte nach Sachgebieten, speziellen Rechtsmaterien, Anfangsbuchstaben oder Örtlichkeiten verteilen, ebenso auch nach Endziffern der im Spruchkörper eingehenden Sachen.
Rn 13
Im überbesetzten Spruchkörper muss die Sachverteilung auf die Sitzgruppen nach sachlichen oder örtlichen Kriterien oder im Gefolge einer Endnummernverteilung auf die Richter erfolgen, die der Sitzgruppe zugewiesen sind. Entscheidend ist, dass alle vom Präsidium zugewiesenen Geschäfte des Spruchkörpers restlos auf die Sitzgruppen und deren Richter verteilt werden.
4. Vorsitz.
Rn 14
Der Vorsitz im Spruchkörper ist durch den Präsidiumsbeschluss mit dem Gesetzesvorrang nach § 21 f I gem § 21e I individualisiert festgelegt. Das gilt auch nach § 21 f II hinsichtlich der im Geschäftsverteilungsplan zu benennenden Vertretung des Vorsitzenden (BGH NJW 09, 931 [BGH 08.01.2009 - 5 StR 537/08] Rz 14); erst danach gilt die dem Anciennitätsprinzip folgende Vertretung.
Rn 15
§ 21g I erlaubt dem Plenum nicht, diese Anordnung des Präsidiums abzuändern oder zu umgehen. Im Hinblick auf die Besetzungsvorschriften der Verfahrensordnungen, die mit Gesetzesvorrang binden, muss die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung auch jede Sitzgruppe mit dem benannten Vorsitze...