Gesetzestext

 

(1) 1Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt. 2Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium.

(2) Der Beschluss bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; er kann nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend, soweit nach den Vorschriften der Prozessordnungen die Verfahren durch den Spruchkörper einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen werden können.

(4) Ist ein Berufsrichter an der Beschlussfassung verhindert, tritt der durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmte Vertreter an seine Stelle.

(5) § 21i Abs. 2 findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Bestimmung durch den Vorsitzenden getroffen wird.

(6) Vor der Beschlussfassung ist den Berufsrichtern, die von dem Beschluss betroffen werden, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(7) § 21e Abs. 9 findet entsprechende Anwendung.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 21g ist durch das ›Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit der Richter und Gerichte‹ v 22.12.99 (BGBl I, 2598f) neugefasst mit dem Ziel, Privilegien und das Gestaltungsermessen der Vorsitzenden Richter abzuschaffen, die als Hindernisse auf dem Weg des Wandels der Justiz gesehen wurden (BTDrs 14/979, 4). Abgeschafft wurde der Quotenvorbehalt für die wählbaren Vorsitzenden in § 21a II sowie der Stichentscheid des Vorsitzenden des Präsidiums durch § 21e VII 1 (Kissel NJW 00, 460, 461 [BFH 11.08.1999 - XI R 77/97]: ›Vorsitzenden-Dämmerung‹). Das Kernstück ist § 21g, der die ratio des Plenarbeschlusses BVerfGE 95, 322 ff [BVerfG 08.04.1997 - 1 PBvU 1/95] umsetzt, die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung spiegelbildlich zu § 21e regelt und vermeidbares Ermessen des Vorsitzenden beseitigt. An dessen Stelle ist der Mehrheitsbeschluss der Mitglieder des Spruchkörpers getreten.

 

Rn 2

Die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung unterliegt dem Gesetzesvorrang ebenso wie das Präsidium, was aus Art. 20 III GG folgt. Eine Allzuständigkeit des Spruchkörperplenums in eigenen Angelegenheiten besteht nicht. Ermächtigungsgrundlage für die spruchkörperinterne Geschäftsverteilung sind Abs 1 S 1 und Abs 2 Hs 1, deren Inhalt auch die Grenzen der Kompetenz des Plenums bestimmt.

 

Rn 3

Abgrenzungsschwierigkeiten kann es geben zwischen der Reichweite der Anordnungsbefugnis des Präsidiums nach § 21e und der Regelungsbefugnis des Spruchkörperplenums nach § 21g. Hier gilt nicht das Prinzip der kommunizierenden Röhren, sondern der Vorrang der Anordnungen des Präsidiums im Geschäftsverteilungsplan nach § 21e I, die für das Spruchkörperplenum Bindungswirkung entfalten. Enthält der Präsidiumsbeschluss im Regelungsbereich des § 21e I oder IV eine Lücke, darf das Spruchkörperplenum diese nicht schließen. Es muss die Lückenschließung im Geschäftsverteilungsplan des Präsidiums herbeiführen. Enthält der Präsidiumsbeschluss eine zu weit gehende Anordnung iSd § 21e I, bindet dies gleichwohl das Plenum des Spruchkörpers, sodass es eine widersprechende (rechtmäßige) spruchkörperinterne Geschäftsverteilung nicht treffen darf. Vielmehr muss es das Präsidium um Änderung der zu weit gehenden Geschäftsverteilung ersuchen. Das System erscheint austariert.

B. Regelungsgehalt.

 

Rn 4

Die Norm spiegelt tw wortgleich, aber nicht vollständig § 21e wider. Nicht erwähnt ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit abw von § 21e VIII. Eine Beschlussfähigkeit iSv § 21i I ist nicht geregelt, weil eine Beschlussunfähigkeit wegen der Vertretung nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht eintreten kann; erst bei Verhinderung aller planmäßigen Spruchkörpermitglieder einschließlich der geschäftsverteilungsplanmäßigen ernannten oder bestimmbar geregelten (vgl Rn 26) Vertreter entscheidet der Vorsitzende nach Abs 5 in Wahrnehmung seiner Notkompetenz nach § 21i II.

I. Kompetenzen des Spruchkörperplenums.

1. Plenum.

 

Rn 5

Im Spruchkörper entscheidet das richterliche Spruchkörperplenum, also alle diesem Spruchkörper durch den Geschäftsverteilungsplan des Präsidiums zugewiesenen Richter, ungeachtet der Art des Richteramtes (auf Probe; kraft Auftrags; abgeordnet) oder der vom Präsidium jeweils bestimmten Arbeitskraftanteile, wenn ein Richter teilzeitbeschäftigt oder nach § 21e I 3 mehreren Spruchkörpern zugewiesen ist. Die Arbeitskraftquote hat also keinen Einfluss auf den Zählwert der Stimme.

 

Rn 6

Am Beschl wirken die dem Spruchkörper zugewiesenen Berufsrichter mit, also nicht die Handelsrichter, die Schöffen oder die Landwirtschaftsrichter oder sonstige ehrenamtliche Richter, wohl aber die zugewiesenen Verwaltungsrichter in den Kammern und Senaten für Baulandsachen. Trotz § 104 I 1 BNotO wirken die ehrenamtlichen Beisitzer des Notarsenats des OLG gem §§ 102 S 2 BNotO, 21g I nicht mit (vgl BGH MDR 20, 1279, Rz 20).

2. Spruchkörperreduzierung.

 

Rn 7

Das Spruchkörperplenum hat, wenn es nicht mit der Mindestzahl der in de...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge