Gesetzestext
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfasst in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:
1. |
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt; |
2. |
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a) |
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; |
b) |
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlass der Reise entstanden sind; |
c) |
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; |
d) |
Streitigkeiten wegen Wildschadens; |
e) |
(weggefallen) |
f) |
(weggefallen) |
g) |
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag. |
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A. Vorbemerkung.
Rn 1
In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist grds die erstinstanzliche Zuständigkeit des LG gegeben. Das folgt aus § 23 iVm § 71 I. §§ 23 ff regeln – nicht abschließend – die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts. Zu weiteren Zuständigkeiten der Amtsgerichte s § 27 Rn 3. Zur örtlichen Zuständigkeit vgl §§ 12 ff ZPO. Unterschieden wird zwischen streitwertabhängiger (Nr 1) und streitwertunabhängiger Zuständigkeit (Nr 2).
B. Streitwertabhängige Zuständigkeit, Nr 1.
Rn 2
Das Amtsgericht ist für alle zivilrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert bis einschließlich 5.000 EUR zuständig, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Streitwert dem LG zugewiesen sind (s § 71 Rn 3 ff). Bis zu dieser Höhe gehören dazu neben den vermögensrechtlichen auch alle nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Der (Zuständigkeits-)Streitwert berechnet sich nach Maßgabe der §§ 3 ff ZPO. Eine Anhebung der Streitwertgrenze auf 8.000 EUR ist in einem RefE des BMJ (https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2024_Aenderung_Zustaendigkeitsstreitwert.html) vorgesehen.
I. Vermögensrechtliche Streitigkeiten.
Rn 3
Darunter fallen alle Ansprüche vermögensrechtlicher Art, für die bis zu einer Höhe von 5.000 EUR die grundsätzliche Zuständigkeit des AG besteht. Die Wertberechnung erfolgt auf Grundlage der tatsächlichen Behauptungen der klagenden Partei. Bei Streitigkeiten zwischen einem Energieversorger und einem privaten Abnehmer über die Billigkeit einer Preiserhöhung richtet sich die sachliche Zuständigkeit nicht nach § 102 EnWG, sondern nach allgemeinen Vorschriften (Celle Beschl v 8.3.10 – 4 AR 16/10, RdE 10, 185; Hamm Beschl v 23.7.12 – 32 SA 32/12 – juris). Zur Aufrechnung gestellte Ansprüche bleiben außer Betracht. Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden zusammengerechnet (§ 5 ZPO). Nicht zusammengerechnet werden Klage und Widerklage (§ 5 Hs 2 ZPO). Werden im Wege der (nachträglichen) Klagehäufung (§ 260 ZPO) Ansprüche geltend gemacht, die unter Nr 1 und solche, die unter Nr 2 fallen, und übersteigt der Streitwert in der Summe 5.000 EUR, führt das nicht zur Zuständigkeit des LG. Sofern ein Anspruch nach Nr 1 mit einem Wert von mehr als 5.000 EUR gemeinsam mit einem unter Nr 2 fallenden Anspruch geltend gemacht wird, kommen eine Trennung der Ansprüche (§ 145 ZPO) und in Bezug auf den Anspruch nach Nr 1 auf Antrag eine Verweisung (§ 281 ZPO) in Betracht (ThoPu/Hüßstege Rz 4). Dem Kl bleibt es unbenommen, im Wege der Teilklage einen Teil eines teilbaren Anspruchs einzuklagen, um die Zuständigkeit des Amtsgerichts zu begründen (LG Gießen MDR 96, 527 [LG Gießen 07.02.1996 - 1 S 490/95] mN). Wird in einem Mahnverfahren zunächst ein Betrag von mehr als 5.000 EUR geltend gemacht und dieser nach Eingang des Widerspruchs auf unter 5.000 EUR reduziert, ist das AG nicht (mehr) zuständig, wenn die Reduzierung erst nach Eingang der Akten beim LG erfolgte (BGH NJW 09, 1213, 1214 [BGH 05.02.2009 - III ZR 164/08]; München Beschl v 6.8.14, 34 AR 97/14 – juris).
II. Nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten.
Rn 4
Wegen § 2 ZPO berechnet sich auch bei nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten der Streitwert nach § 3 ZPO (str, aA zB St/J/Jacobs Rz 12), allerdings können bei der Ausübung des Ermessens nach § 3 ZPO die in § 48 II GKG genannten Gesichtspunkte Berücksichtigung finden.
C. Streitwertunabhängige Zuständigkeit (Nr 2).
Rn 5
Die Zuständigkeit ist nur für Nr 2a (Wohnraummiete) und Nr 2c (Verfahren nach § 43 II WEG) ausschließlich. Soweit keine ausschließliche Zuständigkeit besteht, bleibt es den Parteien unbenommen, die Zuständigkeit des LG durch Prorogation (§ 38 ZPO) oder durch rügelose Einlassung (§ 39 ZPO) zu begründen. Ebenso kann auch eine zur Zuständigkeit des LG gehörende Streitigkeit mit einem Streitwert über 5.000 EUR vor dem AG verhandelt werden. Im Fall der rügelosen Einlassung ist § 504 ZPO zu beachten. Ohne entsprechenden Hinweis wird die Zuständigkeit des AG nicht begründet (§ 39 ...