Rn 3
§ 23b II regelt die gerichtsinterne Zuständigkeit der Abteilungen für Familiensachen. Kompetenzkonflikte innerhalb des Gerichts kann das Präsidium bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen zwei Familienrichtern nur dann entscheiden, wenn es um die Frage geht, wer von beiden für die umstrittene Familiensache nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständig ist (Kissel/Mayer Rz 19). Ist demgegenüber streitig, ob überhaupt eine Familiensache vorliegt, betrifft der Streit den gesetzlich geregelten Teil der Geschäftsverteilung und ist damit der Entscheidung durch das Präsidium entzogen. Nach hM ist dieser Streit analog § 5 I Nr 5 FamFG, §§ 36 I Nr 6, 37 ZPO zu klären (BGH NJW 78, 1531; 81, 126; Rostock FamRZ 04, 956; St/J/Jacobs Rz 4).
I. Verhältnis der Familiengerichte des Amtsgerichts untereinander.
Rn 4
Das Verhältnis der Familienabteilungen desselben Gerichts untereinander hat in Abs 2 eine besondere Ausprägung erfahren. Die Vorschrift enthält abgestufte Zuständigkeitsregelungen. Grundsätzlich ist für Familiensachen, die denselben Personenkreis betreffen, dieselbe Familienabteilung des Gerichts zuständig. Wird eine Ehesache (vgl § 111 Nr 1 FamFG) rechtshängig, sind bereits anhängige Familiensachen, die die Ehegatten oder ein gemeinschaftliches Kind betreffen, vAw an die Abteilung der Ehesache abzugeben (Abs 2 S 2). Es gilt also der Vorrang der Ehesache vor der sonstigen Familiensache. Abs 2 S 3 trifft eine besondere Zuständigkeitsregelung für den (seltenen) Fall, dass ein Verfahren nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen oder dem Haager Kindesentführungsübereinkommen gleichzeitig mit einer in einer anderen Abteilung anhängigen Familiensache, die dasselbe Kind betrifft, anhängig ist. In einem solchen Fall ist die Familiensache vAw an die Abteilung abzugeben, in der das Verfahren nach dem Europäischen Sorgerechtsübereinkommen (§ 10 IntFamRVG) oder dem Haager Kindesentführungsübereinkommen (§ 11 IntFamRVG) anhängig ist. Nur bei einem offensichtlich unbegründeten Antrag scheidet eine Abgabe aus. Eine Abgabe erfolgt nach Abs 2 S 4 auch im Hinblick auf andere Familiensachen, sofern beide Elternteile das übereinstimmend beantragen, insb um den durch Abs 2 S 3 aufgehobenen Entscheidungsverbund wiederherzustellen.
Rn 5
Abgaben haben vAw zu erfolgen. Entscheidet die an sich unzuständige Familienabteilung, berührt das die Wirksamkeit der Entscheidung nicht (§ 22d). Im Verhältnis der Familienabteilungen untereinander gelten im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten iÜ keine Besonderheiten. Eine formlose Abgabe von einer Familienabteilung in eine andere ist zulässig; sie ist bindend, wenn sie an die für die Ehesache zuständige Abteilung erfolgt (Kissel/Mayer Rz 17).
II. Verhältnis des Familiengerichts zur allgemeinen Zivilabteilung.
Rn 6
Der Geschäftsverteilungsplan grenzt zwar, soweit mehrere Familienabteilungen bestehen, deren Zuständigkeiten voneinander ab; eine Zuweisung von Familiensachen an eine andere Abteilung ist jedoch durch die gesetzliche Zuständigkeitsregelung ausgeschlossen (Ausnahme: § 34 II, III JGG). Hält das Familiengericht seine Zuständigkeit mangels Familiensache nicht für gegeben, und nimmt es die Zuständigkeit einer anderen Abteilung desselben Gerichts an, hat es die Sache an diese zu verweisen. Falls die Sache nicht übernommen wird, ist sie dem zuständigen OLG ohne besonderen Antrag (BGH NJW 79, 1048) entspr § 36 I Nr 6 ZPO zur Bestimmung der Zuständigkeit vorzulegen. Für Verweisungen nach § 281 ZPO zwischen dem Familiengericht und einem anderen Spruchkörper desselben Gerichts bestimmt § 17a VI, dass im Verhältnis zwischen Familienabteilung und allgemeiner Zivilabteilung eine Verweisung zu erfolgen hat, die nach § 17a VI, II 3 bindend ist. Für das Zwangsvollstreckungsverfahren, das sich einer Familiensache anschließt, ist die Vollstreckungsabteilung des AG zuständig. Eine Ausnahme gilt nur für solche Vollstreckungsmaßnahmen, die dem Prozessgericht gem §§ 878, 888, 890 ZPO übertragen sind (Saarbr FuR 09, 600)
1. Mehrere Klageanträge.
Rn 7
Werden eine Familiensache und zusätzlich ein Streitgegenstand allgemein-zivilrechtlicher Natur im Wege der objektiven Klagenhäufung iSd § 260 ZPO geltend gemacht, ist wegen der ausschließlichen Zuständigkeit des Familiengerichts über die Familiensache getrennt zu entscheiden; iÜ ist die Sache an die zuständige Abteilung des Gerichts abzugeben oder, wenn sie in den Zuständigkeitsbereich eines sachlich und/oder örtlich anderen Gerichts fällt, auf Antrag an dieses zu verweisen (s § 260 ZPO Rn 11 f, 19). Eine Klageverbindung scheidet gem § 260 S 2 ZPO schon wegen der Ungleichartigkeit der Prozessart aus (§ 260 ZPO Rn 11). Auch eine rügelose Einlassung (§ 39 ZPO) oder eine Gerichtsstandsvereinbarung (§ 38 ZPO) führen nicht zur Zulässigkeit der Klagehäufung (Nürnbg NJW-RR 12, 559 [OLG Nürnberg 28.12.2011 - 12 W 2359/11]).
2. Haupt- und Hilfsantrag, Aufrechnung.
Rn 8
Werden in der Fallkonstellation oben Rn 7 eine Familiensache und ein allgemein-zivilrechtlicher Gegenstand im Wege des Haupt- und Hilfsantrages geltend gemacht, ist nach allgemeinen Regeln zunächst über den Hauptantrag zu entscheiden. Handelt es sich dabei um eine Familiensache, obliegt die Entscheidung...