Rn 14
Die Richter der Abteilungen für Familiensachen entscheiden als Einzelrichter (§ 22 I GVG). Die Bezeichnung als Familienrichter hat keine Statusauswirkungen. Abs 3 stellt besondere gesetzliche Anforderungen an Familienrichter, die über belegbare Kenntnisse des Familienrechts sowie belegbare Grundkenntnisse der Psychologie, insb der Entwicklungspsychologie, verfügen sollen. Wann die entsprechenden belegbaren Kenntnisse vorliegen, ist Gegenstand einer wertenden Entscheidung des Präsidiums; Kenntnisse aus Studium und Referendariat, die nicht über den Pflichtfachstoff hinausgehen, genügen dabei jedenfalls schon deshalb nicht, weil der Pflichtfachstoff nicht alle geforderten Materien, wie familiengerichtliches Verfahren, Kinder- und Jugendhilferecht und Entwicklungspsychologie, abdeckt. Eine Übertragung familienrichterlicher Aufgaben an einen Richter, der noch nicht über belegbare Familienrechts- und Psychologiekenntnisse verfügt, ist von der bloßen Soll-Bestimmung des Abs 3 S 3 gedeckt, sollte aber möglichst vermieden werden und nur im Ausnahmefall aufgrund unabwendbarer praktischer Zwänge (zB bei nicht vorher planbarem Ausfall eines Familienrichters) erfolgen. Abs 3 S 4 stellt für diesen Fall klar, dass zumindest der Erwerb derartiger Kenntnisse ›alsbald‹ zu erwarten sein muss, und statuiert zugleich eine gesetzliche Fortbildungsverpflichtung für die Familienrichter (Zö/Lückemann Rz 13) – und einen Auftrag an die Justizverwaltungen, entsprechende Weiterbildungsangebote in ausreichendem Maße vorzuhalten. Die Auswahl der Familienrichter wird durch Abs 3 S 4 dagegen praktisch nicht eingeschränkt, schon weil die Bereitschaft und Fähigkeit zum baldigen Erwerb dieser Kenntnisse grds von jedem Richter erwartet werden kann. In der Praxis hat es sich bewährt, solche Richter zum Familienrichter zu bestellen, die über längere Berufserfahrung verfügen und sich in besonderem Maße durch soziale Kompetenzen auszeichnen (ausführlich Wever FF 12, 427, 428 ff). Für die familienrichterliche Tätigkeit im bloßen Bereitschaftsdienst darf gem Abs 3 S 5 von den Qualifikationsanforderungen nach Abs 3 S 3 und 4 (aber nicht von Abs 3 S 2) abgewichen werden, wenn anderenfalls – insb an kleineren Gerichten ohne gemeinsamen Bereitschaftsdienstplan nach § 22 I S 1 – ein ordnungsgemäßer und den betroffenen Richtern zumutbarer Bereitschaftsdienst nicht gewährleistet werden kann.
Rn 15
Darüber hinaus dürfen Richter auf Probe (§ 12 DRiG) im ersten Jahr seit ihrer Ernennung nicht als Familienrichter eingesetzt werden (Abs 3 S 2), auch nicht als Vertreter. Die dem widersprechende Tätigkeit eines Richters auf Probe stellt einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters dar. Richter kraft Auftrags (§ 14 DRiG, § 33 V 1) können dagegen unbeschränkt verwendet werden (Kissel/Mayer Rz 10). Die Bestellung von Richtern auf Probe, deren Ernennung schon länger als ein Jahr zurückliegt, die aber (zB wegen einer Abordnung an die Staatsanwaltschaft) noch weniger als ein Jahr richterlich tätig waren, ist damit zwar nicht ausgeschlossen, entspricht aber zumindest nicht dem gesetzgeberischen Leitbild und sollte vermieden werden.