Rn 3
Streitigkeiten aus Bank- und Finanzgeschäften, wie sie Abs 1 Nr 1 regelt, verlangen zunächst in persönlicher Hinsicht (Rn 2e aE) die Beteiligung einer Bank, einer Sparkasse, eines Kredit- oder Finanzinstituts (Hambg MDR 18, 1327; Bambg WM 18, 2243). Ein entspr Institutsregister im Internet führt die BaFin (§ 32 V KWG). Sachlich muss es um einen Anspruch gehen, der einem gewerbsmäßig entsprechenden Geschäft zuzuordnen ist. Der Gesetzgeber nennt hier ausdrücklich § 1 I 2 und Ia 2 KWG, also zB Einlagengeschäfte, Kreditgeschäfte, Diskontgeschäfte, Depotgeschäfte, Anlageberatung und -vermittlung (Bericht BTDrs 18/11437, 45). Erfasst sind auch Ansprüche aus einem Finanzierungsleasingvertrag (KG ZInsO 20, 1803, 1804) einschließlich des Kfz-Leasing mit Kilometer-Abrechnung (BayObLG 24.6.21 – 101 AR 64/21). Verfahren, die Personal- oder Sachsicherheiten im Zusammenhang mit den genannten Geschäften zum Gegenstand haben, sind ebenfalls einzubeziehen (Braunschw 8.2.19 – 1 W 1/19). Andere zivilrechtliche Streitigkeiten, etwa aus Kauf, gehören ebenso wenig hierhin wie ein Darlehen aus privater Hand (vgl München MDR 14, 724, 725 [OLG München 02.04.2014 - 20 W 503/14]). Sodann sind vorvertragliche Ansprüche, etwa aus Prospekthaftung, nicht erfasst (Frankf NJW-RR 18, 1274 [OLG Frankfurt am Main 20.06.2018 - 11 SV 25/18]). Auch Ansprüche gem § 1 UKlaG wegen der Verwendung von AGB unterfallen nicht der Spezialzuständigkeit (BayObLG 24.10.19 – 1 AR 118/19).
Rn 4
Streitigkeiten aus Bau- und Architektenverträgen wie aus Ingenieurverträgen mit Bezug zu einer Bauleistung, Nr 2, begründen die Spezialzuständigkeit der sog ›Baukammer‹ (Manteuffel IBR 18, 58). In persönlicher Hinsicht (Rn 2e aE) muss einer der Beteiligten ›berufsmäßig mit der Planung oder Ausführung von Bauarbeiten … in dieser Eigenschaft‹ betroffen sein (zur Berufsmäßigkeit vgl Rostock 19.10.23 – 3 U 113/21). In der Sache geht es zB um einen Bauvertrag (§ 650a BGB), einen Verbraucherbauvertrag, Architekten- und Ingenieurverträge, Bauträger- oder Baubetreuungsverträge (BTDrs 18/11437, 45). Zentral ist die Verpflichtung, eine Bau- oder Bauplanungsleistung zu erbringen (Frankf NZBau 19, 178 [OLG Frankfurt am Main 19.12.2018 - 11 SV 114/18]; Brandbg 22.12.21 – 1 AR 44/21). Dabei spielt die rechtliche Qualifikation im Einzelnen keine Rolle (KG NZBau 21, 387 Rz 9), also ob ein Dienst-, Werk-, Werklieferungsvertrag oder eine entgeltliche Geschäftsbesorgung vorliegt. Häufig sind es Kaufanwärterverträge, die eine solche Leistung mitanbieten. Streitigkeiten aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten iR eines Bauvertrags sind vertragliche Ansprüche aus Bauvertrag iSv Abs 1 Nr 2 (BayObLG NJW 22, 2849 [BayObLG 21.03.2022 - 102 AR 196/21] Rz 32 ff). Erfasst sind auch typengemischte Verträge und quasivertragliche Ansprüche, etwa aus GoA. Ebenso gehören hierhin bereicherungsrechtliche oder deliktische Ansprüche, die im unmittelbaren, inneren Zusammenhang mit der Bau- oder Planungsleistung stehen. Voraussetzung bleibt aber die direkte Verbindung mit der geschuldeten Leistung (KG NZBau 18, 622 [KG Berlin 23.07.2018 - 2 AR 32/18] mit Anm Manteuffel IBR 18, 366 [KG Berlin 22.03.2018 - 2 AR 11/18]). Nicht ausreichend ist ein Bürgschaftsanspruch (KG NJW-RR 19, 593 [KG Berlin 13.12.2018 - 2 AR 60/18]) oder ein Streit über ein im Bauvertrag vereinbartes Wettbewerbsverbot (Rostock 17.5.21 – 2 UH 1/21).
Rn 5
Die Zuständigkeit für Heilbehandlungen, Nr 3, verlangt die tatsächliche Beteiligung (Rn 2e aE) eines Angehörigen eines Heilberufes, der aber auch für eine juristische Person, etwa für einen Krankenhausträger oder eine Arztgesellschaft tätig geworden sein kann. Es geht um Ärzte, Zahnärzte, Heilpraktiker, Psychologen, Ergotherapeuten, Psychotherapeuten, Physiotherapeuten uÄ. Tiermedizinische Behandlungen sollen ausgeschlossen sein (Frankf 23.4.18 – 13 SV 6/18; zw, vgl BGHZ 210, 197: gleiche Beweislastregeln). Erfasst sind vertragliche und gesetzliche Ansprüche aus der Behandlung und solche, die in einem unmittelbaren Kontext stehen. Das sind zum einen Vergütungsansprüche, nicht aber Streitigkeiten zwischen dem Behandler und seiner privatärztlichen Verrechnungsstelle, für die vergütungsrechtliche Fragen bloß vorgreiflich sind (Frankf 20.4.23 – 11 UH 15/23 Rz 26: Rückforderungsklage). Erfasst sind zum anderen Schadensersatzansprüche oder vorbereitende Auskunftsansprüche einschließlich der Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen. Nicht mitgeregelt hat der Gesetzgeber Behandlungsfehler, die zu Amtshaftungsansprüchen führen (zB bei Strafgefangenen Kobl MDR 17, 360 [BGH 28.06.2016 - VI ZR 559/14]), obwohl der Rechtsausschuss den Präsidien empfiehlt, diese den ›Arzthaftungskammern‹ ergänzend zuzuweisen (BTDrs 18/11437, 45).
Rn 6
Die Zuständigkeit für Versicherungsvertragsverhältnisse, Nr 4, setzt die Beteiligung eines Versicherers voraus; dem gleich steht ein Schadensabwicklungsunternehmen iSd § 164 VAG. Vorliegen muss eine Streitigkeit zwischen dem Versicherer und einem Versicherungs...