Rn 4

Gegen einen eingetragenen Kaufmann gerichtete Ansprüche aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft können vor die KfH gebracht werden. Der Beklagte muss nach dem Wortlaut der Norm eingetragen sein (KG NJW-RR 08, 1023). Zweck der Regelung ist, langwierige Streitereien oder Beweiserhebungen um die Kaufmannseigenschaft zu vermeiden (Nürnbg NJW-RR 00, 568 [OLG Nürnberg 20.07.1999 - 3 AR 1951/99]). Ausgenommen sind hier öffentlich-rechtliche Körperschaften (zu Eigenbetrieben Naumbg OLGR 08, 518) wie Sparkassen. Beim Kläger ist hingegen – über § 343 HGB – nur darauf abzustellen, ob er Kaufmann gem §§ 1 ff HGB ist (MüKoZPO/Pabst Rz 7). Nicht genügend ist eine freiberufliche Tätigkeit (für den Rechtsanwalt: Stuttg 2.6.16 – 3 AR 5/16). Für die Beurteilung des Kaufmannstatus ist das Recht des Staates maßgeblich, in dem die Partei ihren Sitz hat (München NJW-RR 13, 412 [OLG München 25.07.2012 - 34 AR 196/12]), nicht die lex fori (so aber Wagner/Mann IPRax 13, 122; zur amerik LLC Nadoushani RIW 14, 332). – Ein Insolvenzverwalter wird als Kaufmann behandelt, wenn er in ein von einem Kaufmann abgeschlossenes Geschäft eintritt (LG Tübingen MDR 54, 302; LG Köln ZIP 80, 1071; LG Osnabrück ZInsO 14, 1963), auch wenn er ein solches Geschäft anficht (LG Dortmund NZI 15, 894) oder eine zur Aufrechnung gestellte Forderung für anfechtbar erachtet (KG ZInsO 18, 1807; dazu Kaubisch EWiR 18, 639), nicht hingegen bei selbst begründeten Masseverbindlichkeiten (LG Hamburg MDR 73, 507). Ebenso wenig liegt eine Handelssache vor, wenn der Insolvenzverwalter ihm nach § 80 InsO zugewiesene Ansprüche eines Gläubigers aus §§ 171, 176 HGB geltend macht. Diese Außenhaftungsansprüche bleiben ihrer Natur nach Ansprüche des von außen agierenden Gläubigers (Nürnbg ZInsO 19, 973; Frankf ZInsO 18, 2376; hierzu: Hölken jurisPR-InsR 24/2018 Anm 3; aA LG Coburg ZInsO 18, 1228). Die Insolvenzanfechtung begründet nach hM keine Zuständigkeit der KfH (Hambg ZInsO 18, 1472; LG Berlin ZInsO 18, 675; Froehner NZI 16, 1; Fuchs GWR 20, 280 mwN), auch wenn es Stimmen gibt, die das zugrunde liegende Geschäft als hinreichende Anknüpfung sehen (LG Duisburg NZI 16, 423 [LG Duisburg 09.03.2016 - 8 O 382/15]; LG Leipzig NZI 20, 647 mwN). – Schwierigkeiten kann es bereiten, wenn auf einer Seite eine Personenmehrheit oder ein Gesellschafter steht. Bei Personenhandelsgesellschaften ist auf die Gesellschaft abzustellen (Berkenbrock JZ 80, 22). Ein Vertrag mit einer BGB-Gesellschaft führt allerdings nicht zur KfH (LG Bonn BauR 05, 138). Bei einer Bau-ARGE kann die Zuständigkeit hingegen begründet sein, wenn es sich um einen Zusammenschluss von Kaufleuten handelt (Frankf ZIP 05, 1559; KG IBR 08, 487).

 

Rn 5

Nur Ansprüche aus beiderseitigen Handelsgeschäften (§§ 343, 344 HGB) können vor einer KfH streitig behandelt werden. Abgeleitete Ansprüche, etwa ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ggü einem Nichtkaufmann (LG Hannover NJW 77, 1246), gehören vor die Zivilkammer, wenn nicht der Erwerber selbst Kaufmann ist (LG Bremen MDR 94, 97). Ähnlich liegt es, wenn sich ein Nichtkaufmann für einen Kaufmann verbürgt (Ddorf MDR 96, 524 [OLG Düsseldorf 06.02.1996 - 19 Sa 63/95]).

 

Rn 6

Die Kaufmannseigenschaft des Beklagten muss im Zeitpunkt der Klageerhebung oder der Antragstellung (vgl § 96) vorliegen (BGH WM 93, 1573 [BGH 01.04.1993 - III ZB 35/92]; München NJW-RR 20, 967 [OLG München 13.07.2020 - 34 AR 70/20] Rz 32). Auch § 97 II 2 und § 98 I 2 stellen auf diesen Zeitpunkt ab.

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