Rn 4
Gegen einen eingetragenen Kaufmann gerichtete Ansprüche aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft können vor die KfH gebracht werden. Der Beklagte muss nach dem Wortlaut der Norm eingetragen sein (KG NJW-RR 08, 1023; zu Eigenbetrieben vgl Naumbg OLGR 08, 518). Zweck dieser Regelung ist es, langwierige Streitereien oder Beweiserhebungen um die Kaufmannseigenschaft zu vermeiden (Nürnbg NJW-RR 00, 568 [OLG Nürnberg 20.07.1999 - 3 AR 1951/99]). Beim Kläger ist hingegen – über § 343 HGB – nur darauf abzustellen, ob er Kaufmann gem §§ 1–7 HGB ist (MüKoZPO/Pabst Rz 7). Für die Beurteilung des Kaufmannstatus ist das von Abs 1 Nr 1 in Bezug genommene deutsche Handelsrecht maßgebend (München 25.2.88 – 29 U 2759/86; ausf Wagner/Mann IPRax 13, 122; vgl auch München 23.3.00 – 1 U 5958/99 Rz 54 zu § 38 I ZPO), das eine Anwendung auch auf Auslandssachverhalte erlaubt (hierzu BeckOKHGB/Schwartze § 1 Rz 65 f; aA München NJW-RR 13, 412 [OLG München 25.07.2012 - 34 AR 196/12]; 15 [LG München I 10.10.2012 - 14 S 9204/12]. Aufl; BeckOKGVG/Pernice Rz 13 mwN: Recht des Sitzstaates). OHG-Gesellschafter sowie Komplementäre sind ipso iure Kaufleute (BGHZ 45, 282); dies gilt nicht für GmbH-Gesellschafter (BGHZ 165, 43 Rz 15). Ein Vertrag mit einer BGB-Gesellschaft führt mangels Kaufmannseigenschaft grds nicht zur KfH (LG Bonn BauR 05, 138). Bei einer Bau-ARGE soll aber ein Handelsgeschäft vorliegen und damit die Zuständigkeit begründet sein, wenn es sich um einen Zusammenschluss von Kaufleuten handelt (Frankf ZIP 05, 1559; KG IBR 08, 487; vgl aber BGH 21.1.09 – Xa ARZ 273/08 zu § 38 I ZPO: Status als OHG maßgeblich). Nicht genügend ist eine freiberufliche Tätigkeit (für den RA: Stuttg 2.6.16 – 3 AR 5/16). Ein Insolvenzverwalter ist kein Kaufmann und wird auch dann nicht zu einem solchen, wenn er ein in Insolvenz geratenes kaufmännisches Unternehmen fortführt (vgl BGH NJW 87, 1940, 1941 [BGH 25.02.1987 - VIII ZR 341/86] zum Konkursverwalter). Nicht als Kaufmann behandelt wird er deshalb für selbst begründete Masseverbindlichkeiten (LG Hamburg MDR 73, 507), also insb für Geschäfte, die er selbst vornimmt und die der Verwaltung oder Verwertung dienen (vgl § 55 I Nr 1 InsO). Anders liegt es, wenn der Verwalter aus einem Handelsgeschäft verklagt wird, das der Insolvenzschuldner als Kaufmann abgeschlossen hat (Henke/Krämer NZI 19, 56 unter 3 mwN). Der Verwalter wird iRd Abs 1 Nr 1 als Kaufmann behandelt, wenn er in ein von einem Kaufmann abgeschlossenes Geschäft eintritt (LG Tübingen MDR 54, 302; LG Köln ZIP 80, 1071; LG Osnabrück ZInsO 14, 1963). Gleiches gilt, wenn er ein solches Geschäft anficht (LG Dortmund NZI 15, 894) oder eine zur Aufrechnung gestellte Forderung für anfechtbar erachtet (KG ZInsO 18, 1807; dazu Kaubisch EWiR 18, 639). Die Insolvenzanfechtung als solche (s § 72a Rn 6c) begründet nach hM keine Zuständigkeit der KfH (Hambg ZInsO 18, 1472; LG Berlin ZInsO 18, 675; Froehner NZI 16, 1; Fuchs GWR 20, 280 mwN), auch wenn es Stimmen gibt, die das zugrunde liegende Geschäft als hinreichende Anknüpfung sehen (LG Duisburg NZI 16, 423 [LG Duisburg 09.03.2016 - 8 O 382/15]; LG Leipzig NZI 20, 647 mwN). Keine Handelssache liegt vor, wenn der Verwalter ihm nach § 80 InsO zugewiesene Ansprüche eines Gläubigers aus §§ 171, 176 HGB geltend macht. Diese Außenhaftungsansprüche bleiben ihrer Natur nach Ansprüche des von außen agierenden Gläubigers (Frankf ZInsO 18, 2376; Nürnbg ZInsO 19, 973; hierzu Hölken jurisPR-InsR 24/2018 Anm 3; aA LG Coburg ZInsO 18, 1228).
Rn 5
Nur Ansprüche aus beiderseitigen Handelsgeschäften (§§ 343, 344 HGB) können vor einer KfH streitig behandelt werden. Abgeleitete Ansprüche, etwa ein verlängerter Eigentumsvorbehalt ggü einem Nichtkaufmann (LG Hannover NJW 77, 1246), gehören vor die Zivilkammer, wenn nicht der Erwerber selbst Kaufmann ist (LG Bremen MDR 94, 97). Ähnlich liegt es, wenn sich ein Nichtkaufmann für einen Kaufmann verbürgt (Ddorf MDR 96, 524 [OLG Düsseldorf 06.02.1996 - 19 Sa 63/95]).
Rn 6
Die Kaufmannseigenschaft des Beklagten muss im Zeitpunkt der Klageerhebung oder der Antragstellung (vgl § 96) vorliegen (BGH WM 93, 1573 [BGH 01.04.1993 - III ZB 35/92]; München NJW-RR 20, 967 [OLG München 13.07.2020 - 34 AR 70/20] Rz 32). Auch § 97 II 2 und § 98 I 2 stellen auf diesen Zeitpunkt ab.