I. Gewaltenteilung.
Rn 7
Einfach-gesetzliche und evtl verfassungsgewohnheitsrechtliche Funktion des Zweiten Titels ist es, in den zwei Stufen der gerichtsinternen Geschäftsverteilung – durch das Präsidium und das Plenum jedes Spruchkörpers des Gerichts – die Gewaltenteilungslinie zwischen Exekutive und Judikative zu gewährleisten (vgl BGH NJW 91, 421, 422 [BGH 14.09.1990 - RiZ (R) 1/90]; Remus S 315 f) und jede Einflussnahme der Exekutive nicht nur auf den einzelnen Fall und seine Entscheidung, sondern bereits auf die richterliche Zuständigkeit im gerichtlichen Internum und im Spruchkörper auszuschließen. Diese Entscheidungen über die Zuständigkeit sollen ausschließlich in der Hand des gesetzlich bestimmten Richterpräsidiums bzw des Spruchkörperplenums liegen, damit der gesetzliche Richter iSd Art 101 I 2 GG durch formelles oder materielles Gesetz und jenseits dieser gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen im Internum des Gerichts durch generell-abstrakte Regelungen des Präsidiums oder des Spruchkörperplenums in der Gestalt von Regeln, die wesentliche Merkmale aufweisen, die gesetzliche Vorschriften auszeichnen, ›blindlings‹ und unter Ausschluss jeglicher individueller Manipulationschance bis auf die letzte Stufe des konkreten Richters bestimmt ist (BVerfGE 95, 322, 328 f [BVerfG 08.04.1997 - 1 PBvU 1/95]; Kissel/Mayer § 21a Rz 1 u 2). Für die gem § 9 RPflG sachlich unabhängigen Rechtspfleger gilt das nicht (BGH FGPrax 10, 100 [BGH 10.12.2009 - V ZB 111/09] Rz 14, 22).
II. Zuordnung.
Rn 8
Durch die Präsidialverfassung ist allein den Präsidien die Aufgabe zugewiesen, alle Richter des Gerichts auf die Spruchkörper des Gerichts zu verteilen (Richterverteilung). Ferner hat das Präsidium alle dem Gericht insgesamt örtlich und sachlich kraft Gesetzes zugewiesenen Rechtsprechungsaufgaben auf die Spruchkörper zu verteilen (Sachverteilung). Spruchkörperintern ist dabei grds nicht das Präsidium, sondern gem § 21g das Plenum des Spruchkörpers zur Richterverteilung und Sachverteilung auf die nach der jeweiligen Verfahrensordnung einzurichtenden und zu besetzenden Spruchkörper – Abteilungen, Einzelrichter, Kammern, Senate – zuständig, etwa durch Bildung von personell bestimmten Sitzgruppen im überbesetzten Spruchkörper und durch die auf die Sitzgruppen bezogene Sachverteilung.
Rn 9
Diese richterliche Geschäftsverteilung ist weder Rspr iSd Art 92 GG (BVerwGE 50, 11, 14; BGHZ 112, 197, 201; Kissel/Mayer § 21e Rz 5; Zö/Lückemann § 21e GVG Rz 34; Wittreck S 10; Schilken Rz 371) noch Gesetzgebung iSd Art 20 II 2 GG (Remus S 301 f; aA Bettermann S 566). Nach der in Art 1 III und Art 20 II GG angelegten Trichotomie der Gewalten des Grundgesetzes ist sie folglich Teil der Exekutive. Dabei ist sie Teil der gerichtsinternen Verwaltung, aber weder weisungsabhängige Gerichtsverwaltung noch Justizverwaltung (BGHZ 112, 197; BGH WM 21, 1248 Rz 24), auch nicht Justizverwaltungsakt iSd § 23 EGGVG (BVerfGE 17, 252, 256), sondern originäre richterliche Selbstverwaltung, die den Präsidien und den geschäftsverteilenden Spruchkörpern als Teilbehörden innerhalb der Gerichtsbehörde und unabhängig von der Gerichtsverwaltung und der Justizverwaltung zugewiesen ist (Remus S 302 ff).
Rn 10
Die Tätigkeit der Richter des Präsidiums und des geschäftsverteilenden Spruchkörpers findet in richterlicher Unabhängigkeit statt. Die herrschende Meinung begründet dies damit, dass es sich um richterliche Tätigkeit handelt (BGHZ 46, 147, 149; 112, 197, 201; BVerwGE 50, 11, 16; Kissel/Mayer § 21e Rz 20; LR/Schäfer § 21e GVG Rz 6). Nach der differenzierenden, dogmatisch beachtlichen Analyse von Remus (S 308 ff) ergibt sich die Unabhängigkeit der geschäftsverteilenden Richter aber gerade nicht unmittelbar aus Art 97 I Hs 1 bzw Art 20 II 2 GG, sondern allein aus dem Zweck der Präsidialverfassung, die Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Judikative gerichtsintern auch gerichtsverfassungsrechtlich zu gewährleisten, mithin aus dem einfach-gesetzlichen System der Präsidialverfassung und insoweit aus §§ 21e und 21g, in denen sie konkludent als Unabhängigkeitsgarantie mitgeregelt ist (Remus S 314 ff).
III. Begriffliche Abgrenzung.
Rn 11
Die richterliche Geschäftsverteilung als richterliche Selbstverwaltung zur Organisation der Rspr im gerichtlichen Internum ist deshalb abzugrenzen von der Justizverwaltung und der Gerichtsverwaltung, die begrifflich in Mehrdeutigkeit nebeneinander stehen. Justiz- und Gerichtsverwaltung sind daher zunächst im Unterschied zur richterlichen Selbstverwaltung zu verstehen als der Bereich, der die von den Gerichtsbehörden weisungsgebunden zu besorgenden Aufgaben umfasst (Wittreck S 12). Unter dem auch von §§ 4, 42 DRiG verwendeten Begriff ›Gerichtsverwaltung‹ sind danach die in Weisungsgebundenheit auszuführenden Aufgaben zu verstehen, die innergerichtlich der Bereitstellung der personellen und sachlichen Mittel zur Gewährleistung der Ausübung der Rechtsprechungstätigkeit der Richter des Gerichts und daneben auch der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben iÜ dienen – also etwa Personalverwaltung, Ablaufverwaltung, ...