Rn 3
Art 38 nennt in lit a–d vier Gründe für die Nichtanerkennung von Entscheidungen in Ehesachen.
Rn 4
Lit a setzt eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit dem ordre public voraus, ist also auf krasse Fälle zu beschränken, auch angesichts des erreichten gemeinsamen Grundrechtsstandards der Mitgliedstaaten (kein Ordre-public-Verstoß bei Entscheidung durch das zweitangerufene Gericht, EuGH FamRZ 19, 1164 = ECLI:EU:C:2019:24, Anm Dimmler FamRB 19, 174).
Rn 5
Lit b betrifft die Fälle, in denen das rechtliche Gehör des Antragsgegners verletzt wurde. Lit b gewährleistet das rechtliche Gehör von Verfahrensbeteiligten, die sich auf das Verfahren nicht eingelassen haben (vgl auch Stuttg FamRZ 14, 1567). Diese Norm hat erhebliche Relevanz für die Praxis. Die Vorschrift stellt darauf ab, dass die Zustellung dem Antragsgegner die Möglichkeit der Verteidigung eröffnet hat. Hieran wird es va fehlen, wenn der Antragsgegner die Antragsschrift nicht verstehen konnte, weil sie nicht in einer der in Art 12 der EuZustVO (s dazu Art 19 Rn 3) genannten Sprachen verfasst bzw übersetzt ist, also nicht in einer Sprache, die entweder der Antragsgegner versteht oder aber die Amtssprache des Zustellungsortes ist. Weiterhin kennt die EuZustVO keine fiktiven Zustellungsformen (EuGH NJW 05, 3627). Auch die Verpflichtung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten ist nicht vorgesehen (EuGH NJW 13, 443; vgl auch BGH NJW 11, 2218 [BGH 11.05.2011 - VIII ZR 114/10], wonach eine spätere Zustellung durch Aufgabe zur Post bei Nichtbestellung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist).
Rn 6
Ist die Anschrift des Empfängers dagegen unbekannt, findet die EuZustVO (Art 1 II) keine Anwendung (Ausnahme Art 7 EuZustVO). Eine öffentliche Zustellung ist nur möglich, wenn das Gericht trotz sorgfältigster Bemühungen eine ladungsfähige Adresse des Gegners nicht ermitteln konnte (EuGH IPRax 13, 341 [EuGH 15.03.2012 - Rs. C-292/10]). Wurden derartige Nachforschungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft, ist der Entscheidung die Anerkennung zu versagen. Allerdings kann sich der Antragsgegner auf diese Vorschrift dann nicht berufen, wenn festgestellt wird, dass er mit der Entscheidung eindeutig einverstanden gewesen ist. Das ist aber nicht etwa schon der Fall, wenn der Antragsgegner trotz Kenntnis von der Ausgangsentscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat (NK-BGB/Andrae Art 22 Brüssel IIa-VO Rz 12).
Rn 7
Die lit c und d erfassen die Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer früheren Entscheidung des Anerkennungsstaats bzw mit einer im Anerkennungsstaat anzuerkennenden früheren Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats.