Gesetzestext

 

Der Mediator und die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihnen in Ausübung ihrer Tätigkeit bekannt geworden ist. Ungeachtet anderer gesetzlicher Regelungen über die Verschwiegenheitspflicht gilt sie nicht, soweit

1. die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich ist,
2. die Offenlegung aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung (ordre public) geboten ist, insbesondere um eine Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder
3. es sich um Tatsachen handelt, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Der Mediator hat die Parteien über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht zu informieren.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 4 enthält ebenso wie § 3 eine zentrale Anforderung an die Ausgestaltung einer Mediation. Es geht im Kern um die Vertraulichkeit des Verfahrens, die durch einzelne Pflichten zur Verschwiegenheit abgesichert wird. Es liegt im Wesen einer Mediation, dass Mediator und Parteien miteinander in Gespräche kommen, die sich auf einer Vertrauensgrundlage entwickeln. Nur wenn es gelingt, die wahren Streitpunkte und die Interessenlage der Beteiligten zu ermitteln und in offenen Gesprächen zu analysieren, bestehen Chancen auf eine eigenverantwortliche Konfliktbeilegung (vgl § 1 I). Dies setzt voraus, dass alle am Verfahren Beteiligten einer Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegen, soweit darauf nicht im Einzelfall bewusst verzichtet wird. Die rechtliche Basis der Pflicht zur Verschwiegenheit ist allerdings für die einzelnen Beteiligten unterschiedlich; aus der Literatur Schrot der Zweite, Der Vertraulichkeitsschutz von Mediationsinhalten 20.

B. Die Pflicht zur Verschwiegenheit des Mediators.

 

Rn 2

§ 4 schafft eine generelle Pflicht des Mediators zur Verschwiegenheit. Damit zwingend verknüpft ist im Prozess ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gemäß § 383 I Nr 6 ZPO. Diese Pflicht zur Verschwiegenheit erfasst alle Informationen, die der Mediator in Ausübung seiner Tätigkeit erlangt hat. Sie bezieht sich auf alle Ereignisse des Mediationsverfahrens und auf alle dabei erzielten Ergebnisse. Die Verschwiegenheitspflicht besteht nicht nur in einem späteren staatlichen Prozess, sondern auch darüber hinaus gegenüber allen Personen, die an dem konkreten Mediationsverfahren nicht beteiligt waren.

 

Rn 3

Die vom Gesetz ausdrücklich genannten Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht zur Umsetzung der Vereinbarung, zum Verstoß gegen den ordre public sowie zu den offenkundigen Tatsachen verstehen sich von selbst und würden auch gelten, wenn das Gesetz diese Ausnahmen nicht genannt hätte. Diese Aufzählung der Ausnahmen ist nicht abschließend. Eine Verschwiegenheitspflicht kann ebenfalls nicht angenommen werden, wenn der Mediator sich gegen strafrechtliche oder berufsrechtliche Vorwürfe oder gegen Haftpflichtansprüche verteidigen muss. Gleiches gilt zur Durchsetzung des Honoraranspruchs des Mediators.

 

Rn 4

Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch den Mediator kann zu einem Anspruch auf Schadensersatz gem § 280 BGB führen. Im staatlichen Prozess darf das Gericht den Mediator nicht entgegen seiner Verschwiegenheitspflicht als Zeugen vernehmen. Soweit der Mediator entgegen diesem Beweiserhebungsverbot gerichtlich vernommen wird, sind die unter Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht gemachten Aussagen nicht verwertbar (MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl., § 284 Rz 67; a.A. Greger/Unberath/Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, 2. Aufl. § 4 Rz 41).

C. Die Pflicht der Parteien zur Verschwiegenheit.

 

Rn 5

Die Norm des § 4 verpflichtet nicht nur den Mediator zur Verschwiegenheit, sondern auch die in die Durchführung des Mediationsverfahrens eingebundenen Personen. Nach allgemeiner Auffassung sind darunter allerdings nicht die Parteien zu verstehen, sondern nur die jeweiligen Hilfspersonen des Mediators, die von ihm zur Durchführung beigezogen worden sind. Für die Parteien und ihre Beistände enthält das Gesetz keine Regelung über die Vertraulichkeit. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit kann daher nur vertraglich begründet werden. Der Mediator muss die Parteien auf diesen Umstand hinweisen. Die Vereinbarung kann sodann insbesondere als Teil des Mediationsvertrags niedergelegt werden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ist es im Einzelfall denkbar, das Bestehen einer Verschwiegenheitspflicht der Parteien im Wege ergänzender Vertragsauslegung anzunehmen.

 

Rn 6

Schwierig ist die Bestimmung des Umfangs einer solchen Verschwiegenheitspflicht. Es kann nicht Sinn einer solchen vertraglichen Vereinbarung sein, den gesamten im Mediationsverfahren vorgetragenen Lebenssachverhalt jeder weiteren Behandlung im Rahmen eines staatlichen Prozesses zu entziehen. Sinnvoller Weise müssen vertragliche Verschwiegenheitspflichten der Parteien auf die einzel...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge