I. Tatbestand.
Rn 13
Eine Verwendung von AGB liegt in ihrer Benutzung im rechtsgeschäftlichen Verkehr, unabhängig davon, ob dem Verwender die Einbeziehung in konkrete Verträge gelingt oder nicht (BGH NJW 81, 979, 980 [BGH 28.01.1981 - VIII ZR 165/79]). Eine Verwendung liegt also zB vor bei Aufdruck der AGB auf Briefbögen (BGH NJW 87, 2867 [BGH 02.07.1987 - III ZR 219/86]) oder Rechnungsformularen, auf Verpackungen oder durch Aushänge in Ladengeschäften (Ddorf NJW-RR 01, 1563 [OLG Düsseldorf 21.12.2000 - I-6 U 45/00]) oder bei Berufung auf die AGB bei der Vertragsabwicklung oder im Streitfall (BGH NJW 92, 179, 180). Letzteres gilt auch dann, wenn die AGB für Neuverträge nicht mehr benutzt werden, der Unternehmer sich aber bzgl bereits geschlossener Verträge auf die alten AGB beruft (BGH NJW 07, 1054, 1057 [BGH 13.12.2006 - VIII ZR 25/06]). Daher liegt ein Verwenden von AGB auch vor, wenn der Unternehmer die Rückerstattung von Beträgen verweigert, die in der Vergangenheit auf Grund unwirksamer AGB vom Kunden entrichtet wurden (aA LG Bamberg 14.1.11 – 2 O 764/04).
Rn 14
Eine Verwendung kann nach richtiger Ansicht auch darin liegen, dass man sich im Rechtsverkehr auf die AGB eines Dritten beruft oder deren Nutzung im eigenen Interesse – etwa als Vermittler oder Vertreter – konkret befördert, ohne selbst die (avisierte) Vertragspartei hinsichtlich dieser AGB zu sein (Ulmer/Brandner/Hensen/Witt Rz 25; MüKoZPO/Micklitz/Rott Rz 21). Die Rspr ist hier widersprüchlich, indem sie einerseits nur die Vertragspartei als möglichen Verwender bezeichnet (BGHZ 112, 204, 215), andererseits aber den Vertreter jedenfalls dann als Verwender einstuft, wenn er die AGB vorformuliert hat (BGHZ 81, 229, 231) oder faktisch wie ein Vertragspartner auftritt (Köln 14.9.12 – 6 U 104/12). Der Zweck der Vorschrift, den Rechtsverkehr von unwirksamen AGB möglichst weitgehend freizuhalten, spricht hier für einen weiter gefassten Verwenderbegriff. Innerhalb eines Konzerns ist auch die Mutter Verwenderin, wenn sie auf ihren Webseiten AGB der Tochter publiziert (Koblenz VuR 14, 439; aA Rostock 2 U 9/20, dazu Lührig GRUR-Prax 21, 326).
II. Rechtsfolge bei Verwendung.
1. Unterlassung.
Rn 15
Der Verwender kann gem § 1 auf Unterlassung der Verwendung im soeben beschriebenen Sinne in Anspruch genommen werden, dh die betreffenden Bestimmungen dürfen weder für Neuverträge benutzt werden noch darf der Beklagte sich bei der Abwicklung bereits geschlossener Verträge auf sie berufen (BGHZ 127, 35, 37). Es gibt auch keine Aufbrauchfrist für Formulare mit rechtswidrigem Inhalt (BGH NJW 80, 2518, 2519).
2. Beseitigung.
Rn 16
Weil der Verwender sich nun nicht mehr auf die unwirksamen Klauseln berufen darf, hat er auch den Anschein ihrer Wirksamkeit zu beseitigen, dh er muss etwaige Vertragspartner – sofern diese mit zumutbarem Aufwand ermittelt werden können – über die Unwirksamkeit der betreffenden Klauseln unterrichten (Köhler/Bornkamm/Köhler Rz 12; MüKoZPO/Micklitz/Rott Rz 6). Ein solcher Folgenbeseitigungsanspruch wird vom BGH für § 1 UKlaG zwar abgelehnt, jedoch stattdessen auf §§ 8, 3a UWG gestützt (BGH JZ 18, 623 [BGH 14.12.2017 - I ZR 184/15] m Anm Meller-Hannich). Sinnvoller wäre es, den Beseitigungsanspruch auch für § 1 UKlaG anzuerkennen. Dies ergibt sich schon aus der strukturellen Ähnlichkeit mit § 1004 BGB (Klocke VuR 13, 203, 206): Liegt eine rechtswidrige Beeinträchtigung geschützter Rechtspositionen vor, so ist diese nicht nur für die Zukunft abzuwehren, sondern es sind auch die eingetretenen Folgen des rechtswidrigen Handelns zu beseitigen (vgl nur Grüneberg/Sprau Rz 32 vor § 823; BGH NJW 58, 1043 [BGH 25.04.1958 - I ZR 97/57]). Wenn das Gesetz also von ›Unterlassung‹ spricht, umfasst dies auch die Beseitigung (vgl etwa zum Markenrecht BGH NJW-RR 01, 1047, 1049 [BGH 25.01.2001 - I ZR 120/98]). Auch das UWG enthielt zunächst nur den Begriff der ›Unterlassung‹, der aber nach einhelliger Meinung zugleich den Beseitigungsanspruch umfasste (Köhler/Bornkamm § 8 Rz 1.70), dh die spätere explizite Nennung der Beseitigung in § 8 UWG war nur die Bestätigung bereits bestehender Rechtsprechung durch den Gesetzgeber (BTDrs 15/1487, 22).
Rn 17
Der Inhalt des Beseitigungsanspruchs hängt von der eingetretenen Störung ab. Mindestens sind die betroffenen Kunden über die Unwirksamkeit der AGB zu unterrichten, um den falschen Anschein ihrer Gültigkeit zu beseitigen (BGH JZ 18, 623), wobei jedoch ein bestimmter Wortlaut des Schreibens nicht verlangt werden kann (Köln ZIP 22, 1778). Außerdem kann die Einrichtung eines Beschwerdemanagementsystems verlangt werden, ggf unter Einschaltung unabhängiger Dritter (Micklitz/Reich EuZW 13, 457, 460). Auch ein Anspruch auf Rückzahlung von ohne Rechtsgrund vereinnahmten Beträgen an die Kunden ist als Inhalt des Beseitigungsanspruchs möglich, wenn die Höhe der Beträge und die Identität der Betroffenen für die Bank ohne Weiteres ersichtlich ist (LG Leipzig VuR 16 m Anm Rott; Dresd VuR 18, 266 m Anm Hummel; zust Meller-Hannich JZ 18, 629, 632 [BGH 14.12.2017 - I ZR 184/15]; abl Gsell/Rübbeck ZfPW 18, 409)). Zugle...