I. Abgrenzung zu § 1.
Rn 2
Die Vorschrift des § 2 betrifft nur Fälle, die nicht die Verwendung oder Empfehlung von AGB betreffen. Auch ein Verstoß gegen das AGB-rechtliche Umgehungsverbot des § 306a BGB ist über § 1 zu kontrollieren (s § 1 Rn 6).
II. Verhältnis zum UWG.
Rn 3
In § 8 V 3 UWG wird klargestellt, dass das UKlaG (mit Ausnahme von § 4e, s § 4e Rn 2) auf Verstöße gegen das UWG keine Anwendung findet. Das ist schon deshalb unschädlich, weil die in § 3 UKlaG genannten Stellen regelmäßig auch nach § 8 III Nr 2–4 UWG klagebefugt sind. In vielen Fällen verstößt ein unternehmerisches Verhalten zugleich gegen Verbraucherschutzgesetze wie auch gegen das UWG; die Praxis erlaubt in solchen Fällen die parallele Anwendung von UKlaG und UWG (zB LG Bamberg 15.5.12 – 1 O 102/12, so auch die Regierungsbegründung zum UKlaG in BTDrs 15/1487, 43) und sieht im UWG außerdem ein Verbraucherschutzgesetz iSv § 2 UKlaG (BGH GRUR 19, 754, 757 [BGH 25.04.2019 - I ZR 93/17]); ebenso Köhler/Bornkamm Rz 11a).
III. Fälle mit Auslandsberührung.
Rn 4
Der Wortlaut der Vorschrift ist nicht auf die Verletzung deutscher Gesetze beschränkt (BGH NJW 09, 3371, 3373 [BGH 09.07.2009 - Xa ZR 19/08]), sondern lässt den Anwendungsbereich offen. Teilweise wird jedoch die Auffassung vertreten, dass sich die Verbandsklagebefugnisse des deutschen Rechts auf die Kontrolle von Verhalten im Inland beschränken (Lindacher 79 mwN; zum UWG offen gelassen von BGH NJW 1998, 1227, 1228 [BGH 26.11.1997 - I ZR 148/95]). Dies ergibt sich jedoch nicht aus dem Gesetz und ist auch sachlich unpassend, weil das mit der Verbandsklage zu bekämpfende Durchsetzungsdefizit sich nicht auf einen rein national gedachten Markt beschränken lässt (Reich RabelsZ 56, 444, 471; Koch JZ 91, 1039, 1041 [BGH 15.11.1990 - I ZR 22/89]). Für grenzüberschreitende Fälle im Bereich der EU gilt zudem § 2a (s dort).
IV. Verbraucherschutzgesetze.
1. Begriff.
Rn 5
Die Legaldefinition in Abs 1 S 1 wird dahingehend erläutert, dass bei dem in Rede stehenden Gesetz der Verbraucherschutz der ›eigentliche Zweck‹ sein soll und nicht nur untergeordnete Bedeutung haben oder ›zufällige Nebenwirkung‹ sein dürfe (BTDrs 14/2658, 53). Der Begriff des Verbraucherschutzgesetzes ist im materiellen Sinne zu verstehen (›Vorschriften‹), dh auch Rechtsverordnungen können darunter fallen (Köhler/Bornkamm/Köhler Rz 2).
2. Regelbeispiele des Abs 2.
Rn 6
Die Aufzählung in Nr 1 umfasst auch die Regelung zu Zahlungsmitteln gem § 312a IV BGB (BGH VuR 21, 470 [BGH 24.08.2021 - X ZR 23/20]) und die Informationspflichten in Art 246 ff EGBGB (LG Oldenburg 13.3.15 – 12 O 2150/14; Grüneberg/Grüneberg Rz 4) einschließlich Art 247a EGBGB (BGH NJW-RR 21, 1056 [BGH 29.06.2021 - XI ZR 19/20]), die Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr mit Verbrauchern, wie § 312j BGB (LG München I VuR 18, 230 [LG München I 01.03.2018 - 12 O 730/17]), § 312k BGB (Kündigungsbutton, LG Köln VuR 23, 114 [LG Köln 29.07.2022 - 33 O 355/22]) sowie die allgemeinen Regeln zur Rückabwicklung von Schuldverhältnissen im Verhältnis zu Verbrauchern (Karlsruhe NJW-RR 08, 1016, 1018 [OLG Karlsruhe 05.09.2007 - 15 U 226/06]). Zu Nr 3 gehören insb die Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gem §§ 5 f TMG (ehemals TDG, vgl BGH GRUR 07, 723 [BGH 26.04.2007 - I ZR 190/04]; Kobl MMR 15, 732; aA Staud/Schlosser Rz 17). Das FernUSG (Nr 2) enthält auch Vorschriften zum Vertragsinhalt, insoweit mag § 1 UKlaG vorrangig sein. Das Arzneimittelrecht (Nr 6) enthält Vorschriften zum Schutz der Gesundheit der Verbraucher (vgl Beyerlein PharmR 06, 18). Nr 7 und 8 betreffen das Kapitalanlagerecht, da auch der private Kapitalanleger Verbraucher ist (BGHZ 149, 80, 86); im WpHG sind daher insb die Vorschriften über die Vermeidung von Interessenkonflikten (zB §§ 31, 31d) einschlägig. Das in Nr 9 erwähnte RDG schützt den Verbraucher ua vor ohne ausreichende Qualifikation erbrachten Rechtsdienstleistungen (Grüneberg/Grüneberg Rz 7). Die in Nr 10 bezeichneten Vorschriften des EEG befassen sich mit der Abnahme und Vermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien; das WBVG (Nr 11) schützt den Verbraucher bei Verträgen bzgl Alten- oder Behindertenwohnanlagen (Rosenow VuR 21, 372), auch hinsichtlich Verpflichtungen Dritter (BGH MDR 15, 753 [BGH 21.05.2015 - III ZR 263/14]).
Rn 7
Nr 13 und 14 stellen als Umsetzung der EU-RL 2020/1828 klar, dass auch das Datenschutzrecht zu den Verbraucherschutzgesetzen gehört, soweit sich Verbraucher und Unternehmer gegenüberstehen. Daher können auch Verstöße gegen DSGVO, BDSG oder TTDSG (LG München I MMR 23, 222 [OLG Frankfurt am Main 30.06.2022 - 16 U 229/20]) einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch gem § 2 begründen. Soweit es um AGB geht, die gegen das Datenschutzrecht verstoßen, ist nicht § 2 II Nr 11, sondern § 1 UKlaG einschlägig (zB LG München 11.10.18 – 12 O 19277/17; LG Berlin MMR 18, 328).
Rn 8
Nr 12 bezieht sich auf bestimmte Informationspflichten gem VSBG (dazu BGH VuR 20, 27). Allerdings enthält die bloße Bereitschaft eines Unternehmens zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren gem § 36 I Nr 1 VSBG noch keine Verpflichtung iSd § 36 I Nr 2 VSBG (Celle VuR 18, 434 m kri...