Gesetzestext

 

(1) Die Verbraucherschlichtungsstelle benachrichtigt die Parteien, sobald sie keine weiteren Unterlagen und Informationen mehr benötigt (Eingang der vollständigen Beschwerdeakte). Der Eingang der vollständigen Beschwerdeakte ist in der Regel anzunehmen, wenn die Parteien nach § 17 Absatz 1 Gelegenheit zur Stellungnahme hatten.

(2) Die Verbraucherschlichtungsstelle übermittelt den Parteien den Schlichtungsvorschlag oder, sofern kein Schlichtungsvorschlag zu unterbreiten ist, den Inhalt der Einigung über die Beilegung der Streitigkeit oder den Hinweis auf die Nichteinigung innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der vollständigen Beschwerdeakte.

(3) Die Verbraucherschlichtungsstelle kann die Frist von 90 Tagen bei besonders schwierigen Streitigkeiten oder mit Zustimmung der Parteien verlängern. Sie unterrichtet die Parteien über die Verlängerung der Frist.

A. Normzweck.

 

Rn 1

§ 20 will die Verfahrensdauer beschränken und damit die Berechenbarkeit des Streitbeilegungsverfahrens erhöhen. Nur wenn ein solches Verfahren schnell und kostengünstig zu einer Erledigung führen kann, stellt es eine echte Alternative zum Zivilprozess vor den Amtsgerichten dar, der im Durchschnitt nach fünf bis sechs Monaten zu einer Gerichtsentscheidung oder einer sonstigen Verfahrensbeendigung führt.

B. Verfahrensablauf und Zeitplan.

 

Rn 2

Das Streitbeilegungsverfahren lässt sich in vier Abschnitte unterteilen. Der erste Abschnitt beginnt mit dem Antrag des Verbrauchers. Nach dem Eingang des Antrags beim Streitmittler prüft dieser zunächst seine Zuständigkeit, ferner die Frage eines offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg oder mutwillig erhobenen Anspruchs sowie weitere Ablehnungsgründe (§ 14 I). Wird danach ein Streitbeilegungsverfahren abgelehnt, so ist dies dem Antragsteller innerhalb von drei Wochen nach Eingang des Antrags mitzuteilen (§ 14 III); im Einzelnen s.o. § 14 B.

 

Rn 3

In einem zweiten Abschnitt ergänzt der Streitmittler die Verfahrensunterlagen und fordert die Parteien zur Konkretisierung und Ergänzung ihres Vorbringens auf sowie zur Beibringung von Unterlagen, soweit dies jeweils erforderlich ist. Der Streitmittler gewährt den beiden Parteien rechtliches Gehör, indem er sie zur Stellungnahme über die jeweils vorgebrachten Behauptungen und rechtlichen Ausführungen auffordert. Diese Aufforderung wird in der Regel mit einer Frist von weiteren drei Wochen versehen, kann auf Antrag aber auch verlängert werden (§ 17 I). Soweit eine mündliche Erörterung vor dem Streitmittler, die zulässig wäre, aber nicht zwingend erforderlich ist (vgl § 17 II), nicht erfolgt, benachrichtigt die Schlichtungsstelle die Parteien, dass weitere Unterlagen und Informationen nicht mehr benötigt werden. Mit diesem Eingang der vollständigen Beschwerdeakte (§ 20 I) wird der zweite Verfahrensabschnitt abgeschlossen.

 

Rn 4

Nunmehr erarbeitet der Streitmittler im dritten Abschnitt des Verfahrens einen Schlichtungsvorschlag und übermittelt diesen den Parteien. Dies soll innerhalb von 90 Tagen nach Eingang der vollständigen Beschwerdeakte erfolgen. Auch diese Frist kann verlängert werden (§ 20 III).

 

Rn 5

Mit der Übermittlung des Schlichtungsvorschlags an die Parteien beginnt zugleich der vierte und letzte Abschnitt des Verfahrens. Denn zusammen mit der Übermittlung setzt die Verbraucherschlichtungsstelle den Parteien eine angemessene Frist zur Annahme des Vorschlags, die in der Regel einen Monat betragen dürfte. Danach übermittelt die Verbraucherschlichtungsstelle den Parteien das Ergebnis des Verfahrens, wodurch das Streitbeilegungsverfahren beendet ist (§ 21 I).

 

Rn 6

Nach dem Zeitplan des Gesetzgebers sollen also die beiden ersten Verfahrensschritte jeweils ca. 3 Wochen betragen, der dritte Verfahrensabschnitt soll im Normalfall 90 Tage betragen und der vierte Verfahrensabschnitt dürfte etwa 4 Wochen betragen. Das ergibt eine Gesamtverfahrensdauer von ca. 5 1/2 Monaten, wobei in den Abschnitten 2 und 3 jeweils eine Verlängerungsmöglichkeit noch nicht berücksichtigt ist. Die damit erreichte Gesamtverfahrensdauer von ca. 6 Monaten entspricht in etwa der durchschnittlichen Verfahrensdauer vor den Amtsgerichten in Zivilsachen.

C. Der Eingang der vollständigen Beschwerdeakte (Abs 1).

 

Rn 7

Der in § 20 I genannte Eingang der vollständigen Beschwerdeakte wird legal definiert als der Zeitpunkt, in dem keine weiteren Unterlagen und Informationen mehr vom Streitmittler benötigt werden. Der Zeitpunkt trennt die beiden ersten Verfahrensabschnitte von den beiden späteren Verfahrensteilen ab. Er ist damit zeitlich wie inhaltlich ein zentraler Punkt des Verfahrensablaufs. Dieser Zeitpunkt kann im Regelfall erst dann erreicht werden, wenn den Parteien gemäß § 17 rechtliches Gehör gewährt worden ist. Denn die Beschwerdeakte kann nur dann vollständig sein, wenn die Parteien jeweils die Möglichkeit hatten, zu den gegnerischen Schriftsätzen Stellung zu nehmen. Soweit die Parteien gemäß § 17 I die Gelegenheit zur Stellungnahme hatten, ist nach § 20 I 2 der Eingang der vollständigen Beschwerdeakte in der Regel anzunehmen. Diese Formulierung stellt eine Konkretisierung des Normmerkmals für den Strei...

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