I. Die Erhebung der Rüge.
Rn 2
Der Bekl muss sich im Verfahren vor dem staatlichen Gericht auf das Bestehen einer Schiedsvereinbarung bzgl des rechtshängigen Streitgegenstands berufen. Es gibt also weder eine Beachtung der Schiedsvereinbarung vAw durch das staatliche Gericht noch eine der staatlichen Rechtshängigkeit ähnliche ›Schiedshängigkeit‹, sofern bereits Klage vor einem Schiedsgericht erhoben worden war (BGHZ 41, 107; BGH NJW 58, 950). Die Erhebung der Einrede bedarf keiner besonderen Form (BGH NJW-RR 09, 790). Es müssen die für Prozesshandlungen üblichen Voraussetzungen vor dem staatlichen Gericht gewahrt sein. Vor dem LG und höheren Gerichten bedeutet dies Anwaltszwang. Im Übrigen müssen die Prozesshandlungsvoraussetzungen vorliegen. Die Erhebung der Einrede setzt keine zwingende Formulierung voraus. Der Bekl muss allerdings seinen Willen eindeutig zum Ausdruck bringen, dass er das Verfahren nicht vor dem angerufenen staatlichen Gericht, sondern vor dem vereinbarten Schiedsgericht entschieden haben will (BGH NJW-RR 09, 790 [BGH 13.01.2009 - XI ZR 66/08]). Gegenüber der Einrede der Schiedsvereinbarung ist im Einzelfall durch den Kl der Arglisteinwand bzw der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) möglich. Diesen Fall wird man insb annehmen können, wenn der Bekl bereits vor Erhebung der Einrede der Schiedsvereinbarung in einem vorprozessualen Schriftsatz oder in einem bereits laufenden schiedsrichterlichen Verfahren die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts behauptet hatte (vgl zum umgekehrten Fall BGH MDR 09, 883). Dagegen stellt es keinen Missbrauch der Berufung auf die Schiedsvereinbarung dar, wenn der Bekl in materiell-rechtlicher Hinsicht die Forderungen des Klägers nicht bestreitet (Ddorf MDR 77, 767 [BGH 02.11.1976 - 1 StR 590/76]; aA St/J/Schlosser § 1032 Rz 8; ausf Illmer) oder wenn der Bekl zunächst einem selbstständigen Beweisverfahren zustimmt, dann im Hauptsacheverfahren aber die Einrede erhebt (Brandbg MDR 11, 941; zu Einzelheiten vgl Longree/Wedel MDR 16, 1362). Auch eine Schiedsklausel in einem Sozietätsvertrag ermöglicht die Einrede, selbst wenn der vorgesehene Abschluss eines gesonderten Schiedsvertrags unterblieben ist (KG NJW 11, 2978 [KG Berlin 28.04.2011 - 23 U 33/11]). Schwebt zwischen Kläger und Beklagtem neben der Klage auch eine Widerklage, so kann der Kläger isoliert gegen die Widerklage die Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit erheben (BGH SchiedsVZ 21, 291). Unzulässig (§ 242 BGB) und damit wirkungslos ist eine solche Einrede, wenn eine Partei im Schiedsverfahren und vor den ordentlichen Gerichten unterschiedliche Standpunkte zu der Schiedsvereinbarung einnimmt (BGH SchiedsVZ 21, 291). Geht es aber in Klage und Widerklage um zwei verschiedene Ansprüche, ist die Einrede gegen die Widerklage isoliert nicht unzulässig (BGH SchiedsVZ 21, 291 [BGH 20.04.2021 - II ZR 29/19]).
II. Der Zeitpunkt.
Rn 3
Das Gesetz verlangt die Erhebung der Einrede vor dem staatlichen Gericht, die der Beklagte vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache vorbringen muss. Nicht verlangt wird vom Gesetz also die Erhebung der Einrede bereits im Schriftsatz der Klageerwiderung. Dies gilt auch dann nicht, wenn dem Beklagten eine richterliche Frist gesetzt worden war. Die Norm ist ähnl wie die rügelose Einlassung iRd Zuständigkeit gem § 39 gefasst. Bei einem Streit über die Einrede kann das staatliche Gericht eine abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage nach § 280 anordnen.
Ist der Kl in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen und beantragt der Beklagte an Stelle der Rüge ein Versäumnisurteil nach § 330, so hat er damit zwar einen Sachantrag gestellt. Wegen des Fehlens des Klägers ist darin aber noch kein Verhandeln zur Hauptsache iSv § 1032 I zu sehen. Legt also der Kl gegen dieses Versäumnisurteil Einspruch ein, so ist der Beklagte im Einspruchstermin nicht gehindert, die Einrede der Schiedsvereinbarung zu erheben. Wird eine Einrede vom Beklagten verspätet erhoben und wird dies in der nächsten mündlichen Verhandlung nicht gerügt, so führt dies gem § 295 zum Verlust des Rügerechts (BGH MDR 21, 832 [BGH 25.02.2021 - I ZB 78/20]).
III. Voraussetzungen der Einrede.
Rn 4
Die wirksame Erhebung der Einrede durch den Beklagten setzt voraus, dass eine wirksame Schiedsvereinbarung über den rechtshängigen Streitgegenstand geschlossen wurde. Als Einrede kommt neben der Berufung auf eine Schiedsvereinbarung auch die Berufung auf ein einseitiges privatrechtliches Rechtsgeschäft iSv § 1066 in Betracht. In jedem Falle muss die Schiedsabrede, auf die die Einrede gestützt wird, gültig zustande gekommen sein. Sie muss also einen objektiv schiedsfähigen Gegenstand in Bezug nehmen (§ 1030), sie muss die Formerfordernisse wahren (§ 1031) und sie muss den allgemeinen Anforderungen an Schiedsvereinbarungen gem § 1029 genügen. Sämtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen der Schiedsvereinbarung müssen im Zeitpunkt der Geltendmachung der Einrede vorliegen.
Soweit vor dem angerufenen Schiedsgericht Streit über das Bestehen und die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung entsteht, entscheidet ...