Gesetzestext

 

(1) 1Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, so kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält. 2Das Schiedsgericht kann von jeder Partei im Zusammenhang mit einer solchen Maßnahme angemessene Sicherheit verlangen.

(2) 1Das Gericht kann auf Antrag einer Partei die Vollziehung einer Maßnahme nach Absatz 1 zulassen, sofern nicht schon eine entsprechende Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes bei einem Gericht beantragt worden ist. 2Es kann die Anordnung abweichend fassen, wenn dies zur Vollziehung der Maßnahme notwendig ist.

(3) Auf Antrag kann das Gericht den Beschluss nach Absatz 2 aufheben oder ändern.

(4) 1Erweist sich die Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 1 als von Anfang an ungerechtfertigt, so ist die Partei, welche ihre Vollziehung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der Maßnahme oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden. 2Der Anspruch kann im anhängigen schiedsrichterlichen Verfahren geltend gemacht werden.

A. Normzweck.

 

Rn 1

Die Norm steht in engem Zusammenhang mit § 1033. Dort ist dem staatlichen Gericht die Möglichkeit eingeräumt, sowohl vor als auch nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens auf Antrag einer Partei einstweilige gerichtliche Maßnahmen in Bezug auf den Streitgegenstand anzuordnen. Parallel hierzu kann nach der Bestellung des Schiedsgerichts auch dieses auf Antrag einer Partei einstweilige Maßnahmen anordnen. Es ergibt sich also nach der Konstituierung des Schiedsgerichts eine Überschneidungsmöglichkeit einstweiliger Maßnahmen zwischen staatlichem Gericht und Schiedsgericht. Der Gesetzgeber hat dies hingenommen, weil die Vollziehung einstweiliger Maßnahmen durch das Schiedsgericht gem Abs 2 vom staatlichen Gericht vorzunehmen ist, so dass das Schiedsgericht letztlich sich überschneidende Maßnahmen aufeinander abstimmen kann. Angesichts der Vielfalt der Möglichkeiten der Parteien eines schiedsrichterlichen Verfahrens, einstweilige Maßnahmen sowohl über § 1033 wie über § 1041 zu beantragen, kommt der Norm ein hoher Schutzzweck für die Parteien zu (iE dazu Laukemann ZZP 126, 175). Zum Eilschiedsrichter vgl Kröll ZBB/JBB 16, 271.

B. Vorläufige oder sichernde Maßnahmen.

 

Rn 2

Wie in § 1033 will der Gesetzeswortlaut mit der Formulierung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme jede gerichtliche Möglichkeit in Bezug nehmen, die den Charakter einer bloß vorläufigen Sicherungswirkung hat. Im Vordergrund stehen der Arrest (§§ 916 ff) und die einstweilige Verfügung (§§ 935 ff). Zu weiteren Einzelheiten s.o. § 1033 Rn 2. Wie bei § 1033 ist es anerkannt, dass iRd einstweiligen Verfügung neben der Sicherungsverfügung (§ 935) und der Regelungsverfügung (§ 940) auch eine Leistungs- oder Befriedigungsverfügung in Betracht kommen kann. Angesichts der Weite der Möglichkeiten, eine einstweilige Verfügung nach dem freien Ermessen des Gerichts inhaltlich zu bestimmen (§ 938), ist das Fehlen einer Einschränkung möglicher Maßnahmen im Gesetzestext ohne größere praktische Bedeutung. Zu einzelnen Möglichkeiten von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes s St/J/Schlosser § 1041 Rz 3 ff.

C. Zuständigkeit des Schiedsgerichts.

I. Parteivereinbarung.

 

Rn 3

Nach Abs 1 S 1 sind zunächst die Parteivereinbarungen zu berücksichtigen. Diese können einen Ausschluss einstweiliger Maßnahmen durch das Schiedsgericht vorsehen, sie können aber auch mögliche konkrete Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes festlegen.

II. Voraussetzungen.

 

Rn 4

Soweit Parteivereinbarungen nicht gegeben sind, kann das Schiedsgericht einstweiligen Rechtsschutz gewähren (Abs 1 S 1). Dies setzt zunächst einen Antrag einer Partei voraus. Der Antrag wird nicht dadurch unzulässig, dass bereits einstweiliger Rechtsschutz gem § 1033 vor dem staatlichen Gericht beantragt ist. In dem Antrag kann die konkrete vorläufige Maßnahme genau bezeichnet sein. Es ist aber auch zulässig, unter Darlegung des vorläufigen Rechtsschutzziels die Wahl der einstweiligen Maßnahme dem Schiedsgericht zu überlassen. Weitere zwingende Voraussetzung ist es schließlich, dass das Schiedsgericht die Maßnahme in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält. Damit ist letztlich wie in § 920 II neben dem Arrest- oder Verfügungsanspruch auch ein ›Arrest- oder Verfügungsgrund‹ erforderlich (s.u. Rn 6). Will das Schiedsgericht eine Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes erlassen, so muss es die neue Rspr des BVerfG zur Waffengleichheit beachten (BVerfG NJW 18, 3631 [BVerfG 30.09.2018 - 1 BvR 1783/17] und 3634 [BVerfG 30.09.2018 - 1 BvR 2421/17]; 20, 2021 [BVerfG 03.06.2020 - 1 BvR 1246/20]; 21, 615 [BVerfG 22.12.2020 - 1 BvR 2740/20] und 618 [BVerfG 23.09.2020 - 1 BvR 1617/20]; 21, 2020 [BVerfG 04.02.2021 - 1 BvR 2743/19]; dazu Gaier SchiedsVZ 21, 7).

III. Sicherheit.

 

Rn 5

Das Gesetz betont ausdrücklich, dass das Schiedsgericht im Zusammenhang mit solchen einstweiligen Maßnahmen in jeder Hinsicht Sicherheitsleistung anordnen kann. Allerdings ist die Anordnung einer Sicherheitsleistung ihrerseits eine vorläufige...

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