I. Grundlagen.
Rn 8
Gemäß Abs 4 S 2 ist dem Schiedsgericht iRd Beweiserhebung eine gewisse Entscheidungsfreiheit eingeräumt. Das Schiedsgericht ist also frei, eine Beweisaufnahme anzuordnen und durchzuführen und dabei einen konkreten Beweisbeschluss zu formulieren. Das Schiedsgericht ist auch nicht an die Regelungen über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 355) gebunden. Ebenso wenig ist das Schiedsgericht auf die Beweismittel der ZPO beschränkt. Es kann nach den Grundprinzipien des Freibeweises jeden beweisrechtlich relevanten Vorgang beachten und würdigen. Es kann eine eigene Internet-Recherche vornehmen (Frankf v 25.3.21 – 26 Sch 18/20, EWiR 21, 510). Dabei kann das Schiedsgericht auch eigene Kenntnisse und private Sachkunde verwerten. Das im staatlichen Gerichtsverfahren geltende Verbot der Verwertung des privaten Wissens des Richters gilt für das Schiedsgericht nicht. Soweit die Parteien ein Geständnis machen, kann dies das Gericht im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung bewerten. Die Bindungswirkung der §§ 288, 290 gilt nicht. Auch bei Art und Umfang der Beweisaufnahme ist das Schiedsgericht frei. Es kann den Ort der Beweisaufnahme und das Verfahren im Einzelnen bestimmen (iE dazu Eberl Beweis im Schiedsverfahren 14; Kreindler FS Wegen 15, 685; Laumen MDR 15, 1276; einschr Schütze SchiedsVZ 18, 101).
II. Freie Beweiswürdigung.
Rn 9
Dem Schiedsgericht steht in gleicher Weise wie dem staatlichen Gericht der Grundsatz der freien Beweiswürdigung zur Seite (Abs 4 S 2). Dieser Grundsatz bedeutet, dass es keine Bindungen des Schiedsgerichts an gesetzliche Beweisregeln gibt und dass entscheidend für die schiedsgerichtliche Entscheidung die richterliche Würdigung ist. Bei der Würdigung der gesamten Verhandlung und Beweisaufnahme ist das Schiedsgericht an Denkgesetze, an grundlegende Erfahrungsgesetze und an Naturgesetze gebunden. Entscheidend ist wie beim staatlichen Richter gem § 286 die Überzeugung des Gerichts. Dabei ist der Inhalt der Überzeugung das Für-Wahr-Erachten durch das Gericht. Auch das Schiedsgericht darf und muss sich also in zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Überzeugungskraft begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGHZ 53, 245, 256). Dieser Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist entgegen dem missverständlichen Wortlaut des Abs 4 S 2 für das Schiedsgericht nicht eine freie Wahlmöglichkeit, sondern die Anwendung des Grundgedankens der freien Beweiswürdigung ist zwingend. Zwar wäre es denkbar, dass die Parteien einzelne bindende Beweisregeln aufstellen. Eine Vereinbarung, wonach die freie Beweiswürdigung insgesamt ausgeschlossen ist, wäre jedoch unwirksam und würde zur Aufhebung des Schiedsspruches gem § 1059 II Nr 2b führen. Teil der freien Beweiswürdigung ist auch die Möglichkeit der richterlichen Schadensschätzung gemäß § 287. Eine solche Schadensschätzung durch das Schiedsgericht stellt keine Billigkeitsentscheidung (§ 1051 III 1) dar (Risse/Höfling SchiedsVZ 20, 73; BGH ZInsO 16, 335).