Rn 10
Bei einem dem deutschen Recht folgenden Schiedsverfahren stellen sich im Grundsatz vergleichbare Fragen, wie sie auch in der ZPO für das staatliche Gerichtsverfahren geregelt sind. Daher können Verfahrensfragen des Schiedsgerichts vor dem Hintergrund des 1. und 2. Buchs der ZPO diskutiert werden.
I. Zuständigkeit (§§ 1–40).
Rn 11
Fragen der örtlichen, sachlichen und funktionellen Zuständigkeit stellen sich vor dem vereinbarten Schiedsgericht nicht. Dennoch muss grds auch das Schiedsgericht seine eigene Zuständigkeit prüfen (vgl § 1040).
II. Ausschließung und Ablehnung von Richtern (§§ 41–49).
Rn 12
Es gelten die speziellen Regeln der §§ 1036–1039.
III. Partei- und Vertretungsfragen (§§ 50–90).
Rn 13
Die Grundgedanken der Parteistellung, der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Streitgenossenschaft, der Beteiligung Dritter und der Vertretungsfragen gelten in gleicher Weise auch im schiedsgerichtlichen Verfahren. Allerdings ist bei der Einbeziehung Dritter die jeweilige Schiedsvereinbarung zu beachten. Zwar kann ein Dritter durch Streitverkündung auch dann in das Verfahren einbezogen werden, wenn er nicht der Schiedsabrede unterworfen ist. Seine Beteiligung setzt allerdings die Zustimmung des Schiedsgerichts und der Schiedsparteien voraus. Soweit eine Beteiligung nicht in Betracht kommt, kann auch die Interventionswirkung des § 68 nicht eintreten. Ebenso setzt umgekehrt die Nebenintervention eines Dritten die Zustimmung aller am Schiedsverfahren Beteiligten voraus (iE Elsing SchiedsVZ 04, 88). Dagegen ist eine Streitverkündung im staatlichen Erstverfahren an einen Dritten, mit dem eine Schiedsvereinbarung getroffen wurde, grds zulässig. Tritt der Dritte nicht bei, so kann er freilich die Interventionswirkung durch Einrede verhindern (dazu Stretz SchiedsVZ 13, 193). Eine Prozessstandschaft ist bei gegebenem rechtlichen Interesse zulässig (Pfeiffer SchiedsVZ 17, 135). Zur Beteiligung Dritter vgl Wach SchiedsVZ 20, 228.
IV. Kosten, Sicherheit (§§ 91–113).
Rn 14
Es gilt die spezielle Norm des § 1057. Im Übrigen sind Kostenfragen und eine Leistung von Sicherheit von den Parteivereinbarungen abhängig.
V. Prozesskostenhilfe (§§ 114–127).
Rn 15
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe iRe Schiedsverfahrens ist ausgeschlossen.
VI. Mündliche Verhandlung (§§ 128–158).
Rn 16
Zu beachten ist § 1047, wonach die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung nicht zwingend ist, aber der Parteivereinbarung offensteht. Die Einzelheiten der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung sind nicht entsprechend anwendbar. Dagegen gelten die Grundsätze der Wahrheitspflicht (§ 138) und der Aufklärungspflicht des Schiedsgerichts (§ 139). Gerichtliche Anordnungen nach den §§ 141 ff kommen vor dem Schiedsgericht nicht in Betracht soweit nicht alle Verfahrensbeteiligten zustimmen. Zur Nichtöffentlichkeit des Verfahrens s.o. Rn 6 aE und s.u. Rn 32.
VII. Protokoll (§§ 159–165).
Rn 17
Die Regelungen gelten im schiedsgerichtlichen Verfahren nicht. Allerdings muss man auch vom Schiedsgericht die Beachtung von Mindestanforderungen einer Protokollierung verlangen. Diese können sich an die Grundlagen des § 160 anlehnen.
VIII. Zustellung (§§ 166–213a).
Rn 18
Förmliche und zwingende Zustellungsregeln existieren im Schiedsverfahren nicht. Zu beachten ist lediglich § 1028. Soweit mit der Zustellung zugleich rechtliches Gehör zu gewähren ist, liegt es allerdings nahe, dass das Schiedsgericht einen Zustellungsnachweis in Händen hält. Daher enthalten institutionelle Schiedsordnungen regelmäßig Regelungen über die Zustellung.
IX. Ladung, Termine, Fristen (§§ 214–229).
Rn 19
Grds ist eine Ladung der Parteien bereits aus dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs erforderlich (vgl § 1047 II). Förmliche Regelungen der Ladung sowie weitere zwingende Regelungen über Fristen und Termine gibt es nicht. Die Regelung zur Terminsverlegung (§ 227) gilt auch im Schiedsverfahren (BGH v 21.4.22 – I ZB 36/21, EWiR 22, 637).
X. Versäumung, Rechtsbehelfsbelehrung, Wiedereinsetzung (§§ 230–238).
Rn 20
Die Regelungen sind nicht anwendbar, da es im schiedsgerichtlichen Verfahren keine Notfristen und keine Rechtsmittelfristen gibt.
XI. Unterbrechung, Aussetzung, Ruhen (§§ 239–252).
Rn 21
Die Regelungen sind nicht anwendbar. Das Schiedsgericht kann nach seinem Ermessen allerdings jederzeit ein Ruhen des Verfahrens anordnen. Nach dem Grundgedanken des § 251 ist dies insb bei übereinstimmendem Parteiantrag möglich.
XII. Klage, Rechtshängigkeit (§§ 253–271).
Rn 22
Die Grundsätze zur Klage gelten iRd § 1046. Eine Rechtshängigkeit im technischen Sinn gibt es vor Schiedsgerichten nicht. Ob und inwieweit die materiell-rechtlichen Folgen einer Rechtshängigkeit (§§ 286, 291, 292, 818 IV, 864, 941, 987, 989, 994 BGB) eintreten, ist sehr streitig (vgl Valdini SchiedsVZ 16, 76), aber grds zu bejahen. Entscheidend für den Beginn dieser Rechtswirkungen ist der Beginn des Verfahrens iSv § 1044 (s.u. § 1044 Rn 4). Eine objektive Klagehäufung sowie eine Klageänderung sind ohne die einzelnen Voraussetzungen der ZPO zulässig. Streitig, aber wohl zu bejahen ist die Anwendung von § 265. Eine Klagerücknahme ist grds zulässig.
XIII. Verfahren erster Instanz (§§ 272–283, §§ 295–299a).
Rn 23
Die technischen Verfahrensabläufe der §§ 272 ff gelten nicht im Schiedsverfahren, die hinter diesen Normen stehenden Grundsätze der Prozessbeschleunigung durch die Parteien (§ 282) und durch das Gericht (insb § 272 I, III, § 273) sowie die Grundgedanken der möglichst effizienten und prozessökonomischen Gestaltung des Verfahrens gelten im Schiedsverfahren in gleicher Weise. Zur Anwendung von § 2...