Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
I. Schiedsort in Deutschland.
Rn 2
Nur ein Schiedsspruch, bei dem das Schiedsgericht seinen Sitz in Deutschland hatte (§ 1025 I), kann von einem deutschen Gericht in einem Verfahren nach § 1059 aufgehoben werden. Ist der Aufhebungsbeschluss rechtskräftig, ist damit die Urteilswirkung des Schiedsspruchs aus § 1055 beseitigt. Aufhebungsgründe aus § 1059 können auch vom Vollstreckungsschuldner im Verfahren über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nach § 1060 vorgebracht werden, soweit sie nicht bereits nach § 1059 III verfristet sind oder vom Gericht vAw zu berücksichtigen sind. Ist ein Schiedsspruch rechtskräftig aufgehoben, so hat dies im Regelfall weltweite Wirkung (Art V Abs. 1 lit e UNÜ).
Rn 3
Schiedssprüche, bei denen das Schiedsgericht seinen Sitz (§ 1043) im Ausland hatte, können von einem deutschen Gericht nie aufgehoben werden. Das Gericht kann lediglich in dem vom Schiedsgläubiger nach § 1061 zu betreibenden Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren die Vollstreckbarerklärung ablehnen.
II. Prozessvoraussetzungen: Echter Schiedsspruch, Beschwer.
Rn 4
Aufhebungsverfahren nach § 1059 können nur gegen echte Schiedssprüche in Gang gesetzt werden, die auf der Grundlage einer Schiedsvereinbarung (§§ 1029 ff) von einem Schiedsgericht (§§ 1034 ff) erlassen worden sind. Ob dies der Fall ist, ist eine vom Gericht vAw zu prüfende Prozessvoraussetzung (BGHZ 159, 207, 210 f). Entscheidungen, die von Vereins- oder Verbandsgerichten erlassen werden, gehören nicht zu den Schiedssprüchen iSd § § 1025 ff und können daher nicht durch die staatliche Gerichte nach § 1059 kontrolliert und ggf aufgehoben werden. Derartige Entscheidungen sind lediglich mit einer Klage nach §§ 253 ff überprüfbar (BGHZ 159, 207, 211).
Rn 4a
Der Antragsteller muss durch den Schiedsspruch beschwert sein. Das ist eine vAw zu prüfende Prozessvoraussetzung, zu der der Antragsteller jedoch vortragen muss (BGH 26.10.23 – I ZB 14/23, juris Rz 15, 29). Die Bezahlung unter Vorbehalt des im Schiedsspruch zuerkannten Betrags vor einem Antrag nach § 1059 lässt die Beschwer nicht entfallen, wohl aber eine vorbehaltlose Zahlung. Das ist im Verfahren nach § 1059 zu prüfen, sofern der Antragsgegner nicht rechtzeitig die Schiedseinrede einwendet. Dann muss der Antragsteller ggf eine Vollstreckungsabwehrklage vor dem Schiedsgericht erheben (BGH 26.10.23 – I ZB 14/23, juris Rz 17 f, 31).
III. Aufhebung eines Zwischenentscheid nach § 1040 III.
Rn 5
Hat das Schiedsgericht über die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung durch Zwischenentscheid nach § 1040 III (§ 1040 Rn 5) entschieden und sich für zuständig erklärt, so kann diese Entscheidung selbstständig im Aufhebungsverfahren überprüft werden (§ 1040 III 2 iVm § 1059 II 1a). Die Antragsfrist beträgt hierfür lediglich einen Monat ab Empfang der schriftlich abgefassten Entscheidung des Schiedsgerichts. Die Monatsfrist des § 1040 III S 2 verkürzt damit erheblich die dreimonatige Regelfrist des § 1059 III für den Aufhebungsantrag. Unterlässt es der Antragsteller, den Zwischenentscheid fristgerecht gerichtlich überprüfen zu lassen und greift erst den Endschiedsspruch mit dem Aufhebungsantrag an, so kann die Rüge, die Schiedsvereinbarung sei ungültig, im Aufhebungsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Frist von einem Monat nach Übermittlung des Zwischenentscheids durch das Schiedsgericht (§ 1040 III 2) bereits abgelaufen ist (BGH SchiedsVZ 03, 133, 134; BGH NJW 09, 1747, 1749 [BGH 29.01.2009 - III ZB 88/07] Rz 32). Es ist der Zweck von § 1040, frühzeitig im Schiedsverfahren eine endgültige Entscheidung darüber herbeizuführen, ob die Schiedsvereinbarung wirksam ist (BGH SchiedsVZ 03, 133, 134).
Rn 6
Führt das Schiedsgericht das Schiedsverfahren fort und erlässt einen Schiedsspruch, § 1040 III 3, besteht für die Fortführung des Aufhebungsverfahrens gegen den Zwischenentscheid nach § 1040 III 2 weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis, auch für die Dauer des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach §§ 1065 I, 1062 I 2 (BGH WM 16, 1714 Rz 9 unter Aufgabe von BGH SchiedsVZ 13, 333 Rz 8).
Rn 7
Erlässt das Schiedsgericht einen Schiedsspruch zur Sache, obgleich das Gericht rechtskräftig im Verfahren nach § 1040 III dessen Unzuständigkeit festgestellt hatte, ist der Schiedsspruch als ordre public widrig (§ 1059 III 2b) aufzuheben.
IV. Ordnungsgemäße Prozessvollmacht.
Rn 8
Das Verfahren nach §§ 1059, 1062 I 4 vor dem OLG ist ein Anwaltsprozess nach § 78, sobald das Gericht die mündliche Verhandlung angeordnet hat (s § 1063 Rn 5). Der beauftragte Rechtsanwalt muss seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung durch die Vorlage einer Prozessvollmacht im Original nachweisen (BGH NJW-RR 02, 933). Eine Telekopie reicht nicht aus (BGHZ 166, 278, 280 Rz 10). Ohne ordnungsgemäßen Nachweis ist der Aufhebungsantrag ›als derzeit unbegründet abzuweisen‹. Die Aufhebungsgründe werden durch den lediglich prozessualen Mangel nicht berührt. Dem Antragsteller muss daher die Möglichkeit erhalten bleiben, erneut und diesmal ordnungsgemäß ein Verfahren nach § 1059 einzuleiten.
V. Abschließender Katalog.
Rn 9
Die staatlichen Gerichte sind an einen Schiedsspruch, der im Verfahren nach §§ 1025 ff ergangen ist, grds gebunden. Eine Aufhebung kann nur unter den Vora...