Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 46
§ 1059 II 1d überschneidet sich tw mit § 1059 II 1b.
1. Richter als Schiedsrichter.
Rn 47
Es verstößt nicht gegen § 1059 II 1d), wenn ein Richter von einer Partei zum Schiedsrichter bestellt wird, der nicht über eine Genehmigung nach § 40 I S 1 DRiG verfügt (BGH NJW-RR 16, 892 [BGH 10.03.2016 - I ZB 99/14] Rz 18 ff).
2. Befangenheit von Schiedsrichtern und Sachverständigen nach § 1049.
Rn 48
Der Hauptfehler bei der Bildung des Schiedsgerichts ist die Befangenheit eines Schiedsrichters, die zu dessen Ablehnung nach § 1036 II berechtigt. Die Ablehnung muss jedoch nach § 1037 II innerhalb einer Frist von zwei Wochen geltend gemacht werden, nachdem die hierzu berechtigte Partei von den Ablehnungsgründen Kenntnis erhalten hat (s § 1037 Rn 3). Die Ablehnungsgründe müssen auf einen Zeitpunkt vor Erlass des Schiedsspruchs zurückreichen (BGH 12.1.23 – I ZB 41/22, juris Rz 30). Unterbleibt die fristgerechte Ablehnung, sind die Ablehnungsgründe für einen Aufhebungsantrag nach § 1059 II 1b und d verloren. Hat der Schiedsrichter jedoch seine Offenbarungspflicht aus § 1036 I verletzt, so dass er während des Schiedsverfahrens nicht abgelehnt werden konnte, ist nach § 1059 II 1 d) zu prüfen, ob die offenzulegenden Umstände für eine Ablehnung ausgereicht hätten; ist das der Fall, ist der Schiedsspruch aufzuheben (BGH WM 17, 1305 Rz 49). Ein Schiedsspruch, an dem ein für befangen erklärter Schiedsrichter mitgewirkt hat, ist stets aufzuheben, weil nicht auszuschließen ist, dass das mit einem anderen Schiedsrichter besetzte Schiedsgericht zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre. Das gilt selbst dann, wenn der Schiedsspruch bei einem Dreier-Schiedsgericht einstimmig ergangen ist (BGH NJW-RR 15, 1087 Rz 11 ff). Erklären die beiden verbliebenen Schiedsrichter, mit einem neuen dritten Schiedsrichter werde ein gleichlautender Schiedsspruch erlassen, so führt dies zu Zweifeln an ihrer Unvoreingenommenheit und ihre Eignung für das Schiedsrichteramt (BGH NJW-RR 15, 1087 [BGH 11.12.2014 - I ZB 23/14] Rz 14 f).
Rn 49
Setzt das Schiedsgericht mit einem fristgerecht abgelehnten Schiedsrichter das Schiedsverfahren fort und erlässt einen Schiedsspruch, bevor das OLG im Verfahren nach §§ 1037 II, 1062 I 1 die Ablehnung für begründet erklärt hat, ist der Schiedsspruch aufzuheben (BGH NJW-RR 15, 1087 [BGH 11.12.2014 - I ZB 23/14] Rz 8). Hat das OLG noch nicht über den Ablehnungsantrag entschieden, so ist das Verfahren nach § 1059 nicht vorläufig auszusetzen, sondern aus prozessökonomischen Gründen nach § 147 mit dem Verfahren nach §§ 1037 III, 1062 I 1 zu verbinden (str, offengelassen in BGH 21.4.22 – I ZB 36/21, juris Rz 46 f).
Für vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige sind §§ 1049 III, 1036 I zwingendes Recht. Der Sachverständige hat daher wie ein Schiedsrichter vor seiner Bestellung und während des gesamten Schiedsverfahrens alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit wecken können. Hat er dies unterlassen, ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn anzunehmen ist, dass sich der Verfahrensverstoß auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat (BGH WM 17, 1305 Rz 41, 46).
3. Zugängliche Informationsquellen sind zu nutzen.
Rn 50
Das schweizerische Bundesgericht (4A 506/2007, abrufbar über www.bger.ch) hat entschieden, dass sich eine Partei auf Ablehnungsgründe nicht berufen kann, die sie bei der Anwendung der erforderlichen Sorgfalt bei der Konstituierung des Schiedsgerichts aus allgemein öffentlich zugänglichen Informationsquellen hätte entnehmen können. Der Gedanke ist richtig und auch für das deutsche Schiedsverfahrensrecht zu übernehmen. Eine Partei ist daher verpflichtet, die auf der Website des Schiedsrichters allgemein zugänglichen Informationen auf mögliche Befangenheitsgründe zu überprüfen. Das gleiche gilt für sonstige ohne Weiteres und leicht zugängliche öffentliche Informationen zB über ›Google‹.
4. Kausalität erforderlich.
Rn 51
Die fehlende Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit ist ein Aufhebungsgrund, wenn sich der Fehler auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben kann (vgl BGH SchiedsVZ 09, 126 [BGH 15.01.2009 - III ZB 83/07] Rz 7 allgemein zur Kausalität von Verfahrensfehlern). An die Ursächlichkeit sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt die Möglichkeit, dass das Schiedsgericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte (BGH NJW-RR 15, 1087 [BGH 11.12.2014 - I ZB 23/14], Rz 10).
Rn 52
Hat eine hiervon betroffene Partei, die ihre eigenen Interessen sorgfältig wahrnimmt, von den Ablehnungsgründen erst nach Ablauf der Drei-Monatsfrist aus § 1059 III erfahren, ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn der Befangenheitsgrund so schwer wiegt, dass er den ordre public nach § 1059 II 2b verletzt (s Rn 65 ff). Das ist etwa bei einem bestochenen und damit korrupten Schiedsrichter der Fall, ebenso, wenn der Schiedsrichter eigene erhebliche wirtschaftliche Interessen am Ausgang des Schiedsverfahrens nicht aufgedeckt hat.
5. Verfahrensfehler.
Rn 53
Das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren richtet sich nach § 1042 iVm einer vom Schiedsgericht etwa anzuwendenden Schiedsgerichtsordnung (vgl BGH 29.3.18 – I ZB 75/16, juris Rz 3). Aus § 1027 folgt, dass nur solche Verfahrensfehle...