Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Rn 15
Ein ordnungsgemäß ergangener Schiedsspruch ist nur dann für vollstreckbar zu erklären, wenn (I) fristgebundene Aufhebungsgründe aus § 1059 II 1 entweder nicht fristgerecht geltend gemacht worden sind oder rechtskräftig abgewiesen worden sind und (II) keiner der vAw zu berücksichtigenden Aufhebungsgründe nach § 1059 II 2 vorliegt. Hat das Schiedsgericht in einem Zwischenschiedsspruch nach § 1040 III seine Zuständigkeit bejaht und hat der Antragsgegner hiergegen nicht innerhalb der Monatsfrist nach § 1040 III 2 die gerichtliche Entscheidung beantragt, ist er im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des endgültigen Schiedsspruchs mit der Zuständigkeitsrüge ausgeschlossen (BGH NJW 09, 1747 [BGH 29.01.2009 - III ZB 88/07] Rz 32). Darf ein Schiedsspruch im Verfahren nach § 1060 nicht für vollstreckbar erklärt werden, ist er vAw aufzuheben. Auf Antrag einer Partei kann die Sache analog § 1059 IV an das Schiedsgericht zurückverwiesen werden (BGH 13.9.18 – I ZB 70/17, juris, Rz 6).
I. Prüfung von Amts wegen.
Rn 16
Der Richter muss im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung vAw prüfen, ob ein Aufhebungsgrund aus § 1059 II 2b vorliegt, va ein Verstoß gegen den ordre public (s § 1059 Rn 59 ff). Aber es gibt keine Amtsermittlung. Die Prüfung des OLG auf einen behaupteten Verstoß setzt eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge voraus. Stellt es daraufhin eine entscheidungserhebliche Verletzung des op fest, hebt es den Schiedsspruch auf (BGH 9.12.21– I ZB 21/21, juris Rz 53). Das ist der Fall, wenn die Vollstreckung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist und der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht (BGH NJW-RR 17, 313 [BGH 06.10.2016 - I ZB 13/15] Rz 55). Dabei ist auch vAw zu prüfen, ob ein Verstoß gegen den EU-rechtlichen ordre public vorliegt (s § 1059 Rn 63 f). Der Schiedsspruch ist aufzuheben, soweit er mit dem op unvereinbar ist. Für eine Verletzung des op ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem das Oberlandesgericht über die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs entscheidet (BGH WM 17, 2391 Rz 12).
Rn 17
Ist ein Aufhebungsantrag jedoch nach § 1059 rechtskräftig abgewiesen, darf das OLG nicht erneut oder sogar erstmals prüfen, ob ein zu berücksichtigender Aufhebungsgrund aus § 1059 II 2b) vorliegt.
II. Parteidisposition.
Rn 18
Beruht der Schiedsspruch auf einem ordre public-Verstoß des Schiedsgerichts, kann der Antragssteller lediglich die tw Aufhebung des Schiedsspruchs beantragen, wenn mit der Teilaufhebung der ordre public-Verstoß vollständig beseitigt ist. Insoweit ist sein rechtliches Interesse an der teilweisen Aufrechterhaltung des Schiedsspruchs anzuerkennen. Das hat der BGH für einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut über einen Unternehmenskauf entschieden. Der Vergleich der Parteien über den Kaufpreis beruhte auf vom Verkäufer vorgelegten gefälschten Bilanzen und damit auf einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB (BGHZ 145, 376, 382). Der Käufer wollte das Unternehmen behalten. Der Schiedsspruch war im vom Verkäufer betriebenen Vollstreckungsverfahren nur insoweit aufzuheben und die Vollstreckbarerklärung nur insoweit abzulehnen, als der Kaufpreis auf der Grundlage der gefälschten Bilanzen überhöht war.
III. Fristgebundene Einwendungen.
Rn 19
Der Antragsgegner kann im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung die fristgebundenen Einwendungen aus § 1059 II 1 geltend machen (§ 1059 Rn 10). Ist jedoch die Frist aus § 1059 III bereits abgelaufen, ohne dass der Antragsgegner rechtzeitig einen eigenen Aufhebungsantrag nach § 1059 I gestellt hat, ist er mit diesen Einwendungen in dem vom Antragsteller betriebenen Verfahren auf Vollstreckbarerklärung ausgeschlossen, § 1060 II 3. Ebenso sind solche Einwendungen verloren, die bereits vom Gericht in einem vom Antragsgegner betriebenen Aufhebungsverfahren nach § 1059 rechtskräftig abgewiesen worden sind, bevor ihm der Antrag auf Vollstreckbarerklärung zugestellt worden ist, § 1060 II 2.
IV. Vollstreckbarerklärung im zweistufigen Schiedsverfahren.
Rn 20
In zweistufigen Schiedsverfahren (§ 1059 Rn 23) kann ein Schiedsspruch erst nach § 1060 für vollstreckbar erklärt werden, wenn das gesamte Schiedsverfahren beendet ist, weil (1) die im Schiedsverfahren 1. Instanz unterlegene Partei keine fristgerechte Berufung zum Oberschiedsgericht eingelegt hat oder (2) eine eingelegte Berufung vom Oberschiedsgericht zurückgewiesen worden ist (BGH 9.5.18 – I ZB 77/17, juris Rz 14). Hat das Oberschiedsgericht die Berufung als unzulässig zurückgewiesen, können nach Auffassung des BGH im Verfahren nach § 1059 gegen den Berufungsschiedsspruch nur die Aufhebungsgründe geltend gemacht werden, die an die Feststellung der Unzulässigkeit der Berufung anknüpfen (aaO, juris Rz 16). Weist das OLG einen derartigen Aufhebungsantrag rechtskräftig ab, erlangt hierdurch der erstinstanzliche Schiedsspruch die Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils nach § 1055. Dieser kann im Verfahren nach § 1060 für vollstreckbar e...