Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Gesetzestext
(1) Die Zwangsvollstreckung findet statt, wenn der Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt ist.
(2) 1Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. 2Aufhebungsgründe sind nicht zu berücksichtigen, soweit im Zeitpunkt der Zustellung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein auf sie gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen ist. 3Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 sind auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn die in § 1059 Abs. 3 bestimmten Fristen abgelaufen sind, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat.
A. Rechtsquelle.
Rn 1
§ 1060 I hat im UNCITRAL-MG keine Entsprechung. § 1060 II ist an Art 34 III UNCITRAL-MG angelehnt.
B. Zweck der Vollstreckbarerklärung.
Rn 2
Erfüllt die im Schiedsverfahren unterlegene Partei den gegen sie ergangenen Schiedsspruch nicht freiwillig, kann sein Inhalt mit Hilfe der staatlichen Organe vollstreckt werden, § 794 I 4a. Hierfür ist jedoch erforderlich, dass er durch das Gericht im Verfahren nach § 1060 für vollstreckbar erklärt worden ist. Der Schiedsspruch als solcher ist kein Vollstreckungstitel, obwohl ihm § 1055 die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zuerkennt. Das ergibt sich aus § 704 iVm § 794 Nr 4a. Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung kann der Antragsgegner die Einwendungen aus § 1059 geltend machen, soweit er damit nicht bereits wegen Fristablauf oder aus anderen Gründen ausgeschlossen ist. Die rechtskräftige Vollstreckbarerklärung sichert den Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe (BGH 16.5.19 – I ZB 46/18 juris, Rz 5).
C. Auslegung des Schiedsspruchs.
Rn 3
Das OLG kann in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung den Schiedsspruch auslegen und rechtlich einordnen. Der BGH ist an die Auslegung durch das OLG nicht gebunden (BGH SchiedsVZ 08, 40 [BGH 08.11.2007 - III ZB 95/06] Rz 14).
D. Formelle Voraussetzungen.
I. Antragsberechtigt: Die siegreiche Partei.
Rn 4
Ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs kann nur von einer Partei gestellt werden, die im Schiedsverfahren mindestens tw gesiegt hat (BGH NJW-RR 07, 1366 [BGH 08.03.2007 - III ZB 21/06] Rz 7).
II. Ordnungsgemäße Prozessvollmacht.
Rn 5
Das Verfahren nach §§ 1060, 1062 I 4 vor dem OLG ist ein Anwaltsprozess nach § 78, sobald das Gericht die mündliche Verhandlung angeordnet hat. Das folgt aus § 1063 IV. Der beauftragte Rechtsanwalt muss seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung durch die Vorlage einer Prozessvollmacht im Original nachweisen (BGH NJW-RR 02, 933). Eine Telekopie reicht nicht aus (BGHZ 166, 278 Rz 10). Ohne ordnungsgemäßen Nachweis ist der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ›als derzeit unbegründet abzuweisen‹. Die abstrakte Vollstreckungsfähigkeit des Schiedsspruchs wird durch den lediglich prozessualen Mangel nicht berührt. Dem Antragsteller muss daher die Möglichkeit erhalten bleiben, erneut und diesmal ordnungsgemäß ein Verfahren nach § 1060 einzuleiten.
III. Wirksamer Schiedsspruch.
Rn 6
Nur ein wirksamer Schiedsspruch kann im Verfahren nach § 1060 für vollstreckbar erklärt werden. Erfüllt ein Schiedsspruch nicht die inhaltlichen Voraussetzungen, die an einen Schiedsspruch nach § 1054 zu stellen sind (s § 1054 Rn 3 f), so ist ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung unzulässig. Das ist zB der Fall, wenn das Schiedsgericht trotz wirksamer Schiedsvereinbarung den Streit nicht vollständig selbst entschieden hat und damit seine Kompetenz nicht ausgeschöpft hat, sondern die Entscheidung tw dem staatlichen Gericht überlässt (BGH SchiedsVZ 08, 40 [BGH 08.11.2007 - III ZB 95/06] Rz 13).
IV. Endgültiger Schiedsspruch.
Rn 7
Vollstreckbar ist nur ein endgültiger Schiedsspruch. Liegt dem Schiedsspruch eine Schiedsvereinbarung zugrunde, die es den Parteien in gleicher Weise ermöglicht, innerhalb einer bestimmten Frist nach Erlass des Schiedsspruchs das staatliche Gericht anzurufen, um den Streit erneut durch das Gericht entscheiden zu lassen, so liegt ein endgültiger und damit wirksamer Schiedsspruch nur vor, wenn keine der Parteien innerhalb der vereinbarten Frist das Gericht angerufen hat (BGHZ 171, 245 Rz 18). Die Bindung der Parteien an den Schiedsspruch beruht auf deren vertraglichem Willen. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit ermöglicht ihnen, die Bindungswirkung an Bedingungen zu knüpfen. Sie können daher als auflösende Bedingung vereinbaren, dass der Schiedsspruch dann wirkungslos wird, wenn eine der Parteien innerhalb einer bestimmten Frist das staatliche Gericht anruft (BGHZ 171, 245 Rz 18).
V. Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut (§ 1053 I 2).
Rn 8
Diese haben die gleiche Wirkung wie jeder andere Schiedsspruch zur Sache. Sie sind daher ebenfalls im Verfahren nach § 1060 für vollstreckbar zu erklären (BGH NJW-RR 07, 1366 [BGH 08.03.2007 - III ZB 21/06] Rz 7).
VI. Teilschiedsspruch.
Rn 9
Für vollstreckbar erklärt werden kann auch ein Teilschiedsspruch (s § 1054 Rn 2), mit dem das Schiedsgericht endgültig eine Sachentscheidung über einen Teil des Streitgegenstandes getroffen hat (BGH WM 07, 1050 Rz 6). Als Teilschiedsspruch gilt auch eine Kostenentscheidung in einem Zwischenschiedsspruch, wenn das Schiedsgericht hierin endgültig über die Kosten des betreffenden Verfahrensabschnitts entschieden hat (BGH WM 07, 1050 ...