Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
I. Ordnungsgemäße Prozessvollmacht.
Rn 4
Das Verfahren nach §§ 1061, 1062 I 4 vor dem OLG ist ein Anwaltsprozess nach § 78, sobald das Gericht die mündliche Verhandlung angeordnet hat. Das folgt aus § 1063 IV. Der beauftragte Rechtsanwalt muss seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung durch die Vorlage einer Prozessvollmacht im Original nachweisen (BGH NJW-RR 02, 933). Eine Telekopie reicht nicht aus (BGHZ 166, 278 Rz 10). Ohne ordnungsgemäßen Nachweis ist der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ›als derzeit unbegründet‹ abzuweisen. Die abstrakte Vollstreckungsfähigkeit des ausländischen Schiedsspruchs auf der Grundlage des UNÜ wird durch den lediglich prozessualen Mangel nicht berührt. Dem Antragsteller muss daher die Möglichkeit erhalten bleiben, erneut und diesmal ordnungsgemäß ein Verfahren nach § 1061 einzuleiten.
II. Vorlage des Schiedsspruchs.
Rn 5
Art IV 1 UNÜ verlangt, Schiedsspruch und Schiedsvereinbarung im Original oder in legalisierten Kopien vorzulegen. Ist der Schiedsspruch in einer Fremdsprache abgefasst, ist nach Art IV 2 UNÜ zusätzlich eine amtliche Übersetzung in die Gerichtssprache beizufügen.
Rn 6
§ 1064 III enthält jedoch mit dem Verweis auf § 1064 I für die Vorlagepflicht ausländischer Schiedssprüche eine eigenständige Regelung. Sie ist weniger streng als Art IV UNÜ. Danach ist lediglich der Schiedsspruch im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen, wobei der bevollmächtigte Rechtsanwalt die Beglaubigung vornehmen kann. Nicht erforderlich ist die Vorlage der Schiedsvereinbarung oder einer Übersetzung des Schiedsspruchs. Nach dem Günstigkeitsprinzip hat der Richter im Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs § 1064 und nicht Art IV UNÜ anzuwenden (BGH NJW-RR 04, 1504 f lit bb). Ist der Schiedsspruch in einer Fremdsprache verfasst, die das Gericht nicht versteht, verlangt es im Lauf des Verfahrens eine Übersetzung.
III. Vorlage der bestrittenen Schiedsvereinbarung.
Rn 7
Bestreitet der Antragsgegner den Abschluss oder den Inhalt der Schiedsvereinbarung, ist es Aufgabe des Antragstellers, deren Original oder ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift einschließlich einer ordnungsgemäß beglaubigten Übersetzung in die deutsche Sprache vorzulegen. Art IV 1b und Art IV 2 UNÜ sind insoweit als Regeln über die Darlegungs- und Beweislast anzusehen. Es ist dann Aufgabe des OLG, den bestrittenen Sachverhalt nach § 286 aufzuklären, sofern sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht nach dem Günstigkeitsgrundsatz aus Art VII UNÜ wegen einer unterlassenen rechtzeitigen Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts entsprechend § 1031 VI durch rügelose Einlassung zur Hauptsache (s § 1031 Rn 10) oder aus § 1040 II ergibt (s § 1040 Rn 4).
IV. Keine Doppelexequatur.
Rn 8
Entscheidungen der Gerichte im Ursprungsstaat über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs sind auf dessen Gebiet beschränkt und werden in Deutschland nicht anerkannt. Lehnt ein Gericht im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs einen Aufhebungsantrag ab, sind die deutschen Gerichte hieran nicht gebunden (BGH 9.3.23 – I ZB 33/22, juris Rz 33, 43).
Rn 9
[nicht besetzt]