Prof. Hilmar Raeschke-Kessler
Gesetzestext
(1) 1Das Gericht entscheidet durch Beschluss. 2Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören.
(2) Das Gericht hat die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn die Aufhebung des Schiedsspruchs beantragt wird oder wenn bei einem Antrag auf Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 in Betracht kommen.
(3) 1Der Vorsitzende des Zivilsenats kann ohne vorherige Anhörung des Gegners anordnen, dass der Antragsteller bis zur Entscheidung über den Antrag die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch betreiben oder die vorläufige oder sichernde Maßnahme des Schiedsgerichts nach § 1041 vollziehen darf. 2Die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch darf nicht über Maßnahmen zur Sicherung hinausgehen. 3Der Antragsgegner ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe des Betrages, wegen dessen der Antragsteller vollstrecken kann, abzuwenden.
(4) Solange eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet ist, können zu Protokoll der Geschäftsstelle Anträge gestellt und Erklärungen abgegeben werden.
A. Rechtsquelle.
Rn 1
Die Bestimmung ist eine eigenständige deutsche Regelung ohne Entsprechung im UNCITRAL-MG.
B. Normzweck.
Rn 2
Die Vorschrift regelt die Verfahrensgrundsätze, die für die Gerichte gelten, soweit sie in Schiedsgerichtssachen tätig werden. Das sind im Wesentlichen die OLG (§ 1062 I–III) und die Amtsgerichte (§ 1062 IV). Soweit § 1063 keine Sonderregelung für das vom Gericht einzuhaltende Verfahren enthält, gelten die allgemeinen Bestimmungen für Gerichtsverfahren (BGH NJW 01, 3787 [BGH 20.09.2001 - III ZB 57/00]). Das gleiche gilt, soweit Amts- oder LG im ordentlichen Klageverfahren als Gerichte 1. Instanz über die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 I zu entscheiden haben.
C. Grundsätze des Verfahrens.
I. Abgemilderter Anwaltszwang (§ 1063 IV).
Rn 3
Solange das Gericht keine mündliche Verhandlung angeordnet hat, können die Parteien selbst zu Protokoll der Geschäftsstelle Anträge stellen oder Erklärungen abgeben. Fällt in diesem Stadium ein bevollmächtigter Anwalt aus, ohne dass ein neuer Anwalt ordnungsgemäß bestellt wird, tritt die Partei selbst an die Stelle des Bevollmächtigten. Das schließt ein Nichtvertretensein iSv § 547 Nr 4 aus (BGH 18.6.20 – I ZB 83/19 juris, Rz 3). Mit der Anordnung der mündlichen Verhandlung wird ein Verfahren zum Anwaltsprozess, § 78, für den eine ordnungsgemäße Prozessvollmacht nach § 80 erforderlich ist. Ausländischen Parteien bereitet es gelegentlich Schwierigkeiten durch den sie vertretenden Rechtsanwalt eine ordnungsgemäße Vollmacht im Original vorzulegen. Eine Telekopie reicht zum Nachweis der Vollmacht nicht aus (BGHZ 166, 278 Rz 10).
II. Rechtliches Gehör.
Rn 4
Das Gericht hat den Parteien vor seiner Entscheidung umfassend rechtliches Gehör zu gewähren und deren Verfahrensgrundrechte zu beachten. § 1063 I 2, der lediglich die Anhörung des Gegners vorschreibt, ist insoweit entweder zu knapp geraten oder überflüssig.
III. Mündliche Verhandlung (§ 1063 II).
Rn 5
§ 1063 II gilt für Verfahren vor dem OLG, nicht jedoch für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 1065 (BGH 19.12.2019 – I ZB 90/18, juris, Rz 5 f). In Aufhebungsverfahren (§ 1059) ist eine mündliche Verhandlung vor dem Gericht obligatorisch. Dagegen hat das Gericht in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs (§ 1060) in bestimmtem Umfang ein Ermessen, ob es die mündliche Verhandlung anordnet. Es hat die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn Aufhebungsgründe nach § 1059 II in Betracht kommen (BGHZ 142, 204, 207). Das setzt jedoch voraus, dass diese fristgerecht vorgebracht worden sind und der hierauf bezogene Sachvortrag erheblich ist. Liegt klar zutage, dass ein Aufhebungsgrund fehlt, braucht es keine mündliche Verhandlung anzuordnen (BGHZ 142, 204, 207). Ist streitig, ob das Verfahren vor dem Gericht zulässig ist, kann es hierüber eine abgesonderte Verhandlung anordnen (BGH NJW 01, 3787 [BGH 20.09.2001 - III ZB 57/00]).
Rn 6
Hat ein Schiedsgericht in einem Zwischenentscheid nach § 1040 III 1 seine Zuständigkeit bejaht und beantragt der Antragsgegner bei Gericht im Verfahren nach § 1040 III 2 den Zwischenentscheid aufzuheben, weil er das Schiedsgericht für unzuständig hält, und hierüber mündlich zu verhandeln, wird hierdurch das Ermessen des Gerichts nicht eingeschränkt. Entscheidet es über den Zwischenentscheid des Schiedsgerichts ohne hierüber mündlich zu verhandeln, verletzt es weder Art 6 I EMRK noch Art 103 I GG (BGH SchiedsVZ 2014, 303 [BGH 24.07.2014 - III ZB 83/13] Rz 4 ff).
Rn 7
Im Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs (§ 1061) hat das Gericht die mündliche Verhandlung anzuordnen, wenn erhebliche Gründe vorgebracht sind, die dazu führen können, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist, § 1063 II analog. Im Verfahren nach § 1061 sollte das Gericht jedoch dem Antrag einer Partei auf mündliche Verhandlung immer stattgeben. Das dient nicht nur dem Ansehen des Schiedsplatzes Deutschlands, sondern auch dem Ansehen der deutschen Gerichtsbarkeit: ›to have one's day in Court‹.
Rn 8
Solange das Gericht keine mündliche Verhandlung ...