Gesetzestext
(1) 1Der Antragsgegner kann die Aufhebung des Europäischen Zahlungsbefehls beantragen, wenn ihm der Europäische Zahlungsbefehl
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nicht zugestellt wurde oder |
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in einer nicht den Anforderungen der Artikel 13 bis 15 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 genügenden Weise zugestellt wurde. |
2Der Antrag muss innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt gestellt werden, zu dem der Antragsgegner Kenntnis vom Erlass des Europäischen Zahlungsbefehls oder des Zustellungsmangels gehabt hat oder hätte haben können. 3Gibt das Gericht dem Antrag aus einem der in Satz 1 genannten Gründe statt, wird der Europäische Zahlungsbefehl für nichtig erklärt.
(2) 1Hat das Gericht zum Zeitpunkt der Antragstellung nach Absatz 1 Satz 1 den Europäischen Zahlungsbefehl bereits nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 für vollstreckbar erklärt und gibt es dem Antrag nunmehr statt, so erklärt es die Zwangsvollstreckung aus dem Zahlungsbefehl für unzulässig. 2Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) 1Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. 2Der Beschluss ist unanfechtbar. 3§ 1092 Absatz 2 bis 4 findet entsprechende Anwendung.
Rn 1
Der EuGH hat entschieden, dass bei Vollstreckbarerklärung eines mangelhaft zugestellten Europäischen Zahlungsbefehls nicht etwa das Überprüfungsverfahren gem Art. 20 EuMVVO statthaft sein soll, sondern Rechtsbehelfe des nationalen Rechts (EuGH EuZW 14, 916, 917). Einen solchen Rechtsbehelf stellt die 2017 eingefügte Vorschrift des § 1092a zur Verfügung.
Rn 2
Die Vorschrift gilt nur für im Inland erlassene Europäische Zahlungsbefehle (Ulrici EuZW 17, 367, 370). Im Ausland erlassene Europäische Zahlungsbefehle müssen dort angegriffen werden, im Inland kommt bzgl einzelner Vollstreckungsmaßnahmen ggf § 766 in Betracht (Ulrici EuZW 17, 367, 373).
Rn 3
Die Vorschrift regelt zwei Konstellationen: In Abs 1 geht es um einen Zahlungsbefehl, der zwar erlassen wurde (Art 12 EuMVVO), aber nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde. In Abs 2 geht es um die zusätzliche Komplikation, dass der Zahlungsbefehl trotz des Zustellungsmangels auch noch für vollstreckbar erklärt wurde; dies war der Gegenstand der o.g. EuGH-Entscheidung.
Rn 4
Die Konstellation des Abs 1 ist kaum regelungsbedürftig, da der Zahlungsbefehl vor seiner Vollstreckbarerklärung (Art 18 EuMVVO) noch keine Rechtswirkungen entfaltet und ein nicht oder mangelhaft zugestellter Zahlungsbefehl nicht einmal die Einspruchsfrist in Lauf setzt (EuGH EuZW 14, 916, 917). Abs 1 erscheint daher mit der EuMVVO kaum vereinbar (Ulrici EuZW 17, 367, 369).
Rn 5
Die Konstellation des Abs 2 schließt die Voraussetzungen des Abs 1 S 1 mit ein und enthält zusätzlich das Element der (fehlerhaften) Vollstreckbarerklärung. Abs 2 verweist nicht explizit auf die Ausschlussfrist des Abs 1 S 2 (arg Abs 2 S 2, der unnötig wäre, wenn der gesamte Abs 1 gelten sollte), so dass diese nicht anwendbar ist.
Rn 6
Liegen die Voraussetzungen des Abs 1 vor, so wird der Europäische Zahlungsbefehl für nichtig erklärt. Die zusätzliche Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (Abs 2 S 1) ist nur deklaratorischer Natur (Ulrici EuZW 17, 367, 372).