Gesetzestext
(1) Die Höhe der zu leistenden Sicherheit wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt.
(2) 1Bei der Festsetzung ist derjenige Betrag der Prozesskosten zugrunde zu legen, den der Beklagte wahrscheinlich aufzuwenden haben wird. 2Die dem Beklagten durch eine Widerklage erwachsenden Kosten sind hierbei nicht zu berücksichtigen.
(3) Ergibt sich im Laufe des Rechtsstreits, dass die geleistete Sicherheit nicht hinreicht, so kann der Beklagte die Leistung einer weiteren Sicherheit verlangen, sofern nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.
A. Höhe der Sicherheit.
Rn 1
Zum Verfahren s § 110 Rn 19. Der nach freiem Ermessen festzusetzende Betrag orientiert sich an den vom Beklagten aufzuwendenden Prozesskosten. Maßgebend sind die voraussichtlichen Kosten aller Rechtszüge (BGH NJW-RR 18, 1458 Rz 4; NJW-RR 05, 148 [BGH 30.06.2004 - VIII ZR 273/03]; aA Musielak/Voit/Foerste § 112 Rz 1; Primozic/Broich MDR 07, 188, 189 ff [BGH 18.07.2007 - XII ZA 11/07]); somit auch diejenigen möglicher Rechtsmittelinstanzen, einschließlich des Revisionsverfahrens, es sei denn, ein solches ist von vornherein – etwa bei unzulässiger NZB wegen Nichterreichens des Beschwerdewerts (§ 544 II Nr 1) – ausgeschlossen (BGH NJW-RR 90, 378 [BGH 23.11.1989 - IX ZR 23/89] – noch zur Streitwertrevision; LG Offenburg 23.2.22 – 5 O 35/21 – juris Rz 9). Hierunter fallen die außergerichtlichen Kosten des Beklagten sowie die Gerichtskosten der Rechtsmittelinstanz, welche prognostisch von ihm als Rechtsmittelführer aufzubringen sind; nicht sonstige Gerichtskosten 1. Instanz (vgl RGZ 155, 241; BGH NJW 81, 2646 [BGH 01.04.1981 - VIII ZR 159/80]; aA LG Düsseldorf MDR 89, 267 [LG Düsseldorf 04.10.1988 - 4 O 138/88]: auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers der 1. und 2. Instanz; abl Anm Söffing MDR 89, 599). Vertreten wird auch, die voraussichtlichen Kosten für die Berufungsinstanz auf die Kosten zu begrenzen, die entstehen würden bis der Beklagte für die Berufungsinstanz die Einrede nach § 112 III erneut erheben könnte (Karlsr NJW-RR 08, 944, 947). Bzgl der Kosten der Revisionsinstanz sind, auch wenn diese erst im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544) eröffnet wird, sämtliche (möglichen) Kosten, mithin diejenigen für die Nichtzulassungsbeschwerde mit möglicher anschließender Revision, zu berücksichtigen (BGH NJW-RR 18, 1458 [BGH 23.10.2018 - XI ZR 549/17] Rz 16; BGH v 20.2.17 – IX ZR 195/16, juris Rz 2; aA Frankf NJW 20, 1231 [OLG Frankfurt am Main 08.11.2019 - 6 U 79/19] Rz 9 – zunächst nur Kosten des NZB-Verfahrens). Nicht zu berücksichtigen sind die Kosten einer Widerklage.
B. Nachträgliche Erhöhung.
Rn 2
Hierzu zählt der Fall, dass infolge Rechtsmitteleinlegung oder Klageerweiterung höhere Kosten zu erwarten sind; auch die Festsetzung eines höheren Streitwerts durch das Rechtsmittelgericht fällt hierunter (BGH v 17.9.19 – X ZR 17/19, juris Rz 8). Der Beklagte kann mit dem Verlangen so lange warten, bis die zuvor erhobene Sicherheit die Kosten nicht mehr deckt. Er muss dann aber die Einrede in 1. Instanz rechtzeitig und uneingeschränkt für alle Rechtzüge erhoben haben (stRspr; vgl. BGH NJW-RR 18, 1458 [BGH 23.10.2018 - XI ZR 549/17] Rz 4; NJW-RR 05, 148 [BGH 30.06.2004 - VIII ZR 273/03]). Versäumt der Beklagte in der Berufungsinstanz die Stellung des Antrages nach § 112 III, ist er mit einem solchen auch in der Revisionsinstanz ausgeschlossen, es sei denn er kann die Verspätung genügend entschuldigen, §§ 565, 532. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Sicherheitsleistung zuvor auf die Kosten der beiden ersten Instanzen beschränkt war (BGH NJW 01, 3630, 3631 [BGH 15.05.2001 - XI ZR 243/00]; NJW-RR 90, 378, 379 [BGH 23.11.1989 - IX ZR 23/89]). Erweist sich die Sicherheit nachträglich als zu hoch, kann der Kl Herabsetzung analog § 112 III und tw Rückgabe nach § 109 verlangen (BGH v 1.6.2016 – I ZR 101/15 – juris Rz 2; Zö/Herget § 112 Rz 3).
C. Kosten/Gebühren.
Rn 3
Keine Gerichtsgebühren. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts ist mit der Verfahrensgebühr VV 3100 RVG abgegolten. War der Rechtsanwalt insoweit noch nicht tätig, ist die Tätigkeit nach VV 3403 RVG zu vergüten; im Einzelfall ermäßigt sich die Gebühr nach VV 3405 RVG.