I. Allgemeines.
Rn 4
Die Vorschriften über die Prozesskostenhilfe gelten nur für die Verfahren, die in der ZPO geregelt sind, und für solche Verfahren, in deren Verfahrensordnungen die Vorschriften gesondert für anwendbar erklärt worden sind. Neben den Zwangsvollstreckungsverfahren der ZPO gelten die §§ 114 ff auch für die im ZVG geregelten Verfahren ohne gesonderten Verweis, da das ZVG als Teil der ZPO gilt. Verweise finden sich etwa in: §§ 4 ff InsO, § 29 III EGGVG, § 11 III ArbGG, § 209 I BEG, § 17 II BNotO, § 76 FamFG, 130 PatG. Im Strafverfahren gilt Prozesskostenhilfe für das Klageerzwingungsverfahren, das Adhäsionsverfahren, sowie die Privat- und Nebenklage (§§ 172 III 2, 379 III, 404 StPO). Im verfassungsgerichtlichen Verfahren kann analog § 114 Prozesskostenhilfe für konkrete Normenkontrollverfahren sowie für Verfassungsbeschwerden bewilligt werden (stRspr seit BVerfGE 1, 109, 112 [BVerfG 31.01.1952 - 1 BvR 68/51]). Im Normenkontrollverfahren setzt die Bewilligung von PKH voraus, dass besondere Gründe eine Vertretung geboten erscheinen lassen oder zumindest von der Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung eine Förderung der Sachentscheidung zu erwarten ist (BVerfG NJW 95, 2911). Es kann für alle selbstständigen Verfahren PKH bewilligt werden, für das selbstständige Beweisverfahren, das Mahnverfahren, isoliert für die Zwangsvollstreckung, einstweilige Verfügung und Arrest. Für einzelne Verfahrenshandlungen kann PKH nicht bewilligt werden.
Rn 5
PKH konnte früher nur für Verfahren vor deutschen Gerichten und Notaren bewilligt werden, nicht für Verfahren oder Verfahrenshandlungen im Ausland einschließlich der Zwangsvollstreckung im Ausland. Seit Umsetzung der Richtlinie 03/8/EG des Rates vom 21.1.03 (beachte nF zum 1.7.22). Durch die §§ 1076 ff, die seit dem 21.4.04 anwendbar sind, wird grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in allen EU-Mitgliedstaaten gewährt. Die PKH umfasst in diesem Fall neben der Vertretung vor Gerichten auch die vorprozessuale Rechtsberatung und die Befreiung von Gerichtskosten. Auch Dolmetscher- und Reisekosten der Partei sind enthalten (Motzer, Prozesskostenhilfe in Familiensachen mit Auslandsbezug, FamRBInt, 08, 16). Bei Notwendigkeit von Dolmetscher- und Übersetzungskosten sollte bereits die PKH-Bewilligung den Zusatz enthalten, dass die bewilligte PKH Übersetzungskosten erfasst. Für Deutsche, die einen Prozess im EU-Ausland führen müssen, gelten die Einkommensgrenzen des Inlandes. Das Amtsgericht dient dabei als zentrale Anlaufstelle, die bei der Übersetzung sowie bei der Prüfung der Vollständigkeit der Unterlagen Hilfe leisten muss. Die Vordrucke sind durch die EG-PKHVV v 21.2.04 vereinheitlicht worden. Für das Verwaltungsverfahren kann PKH nicht bewilligt werden, es fehlt an einem Verweis.
II. PKH für PKH-Prüfungsverfahren.
1. Grundsätze.
Rn 6
Für das Verfahren auf Bewilligung von PKH selbst kann keine PKH bewilligt werden (BGHZ 91, 311). Die vorherige Zustellung der Klage ist Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsverteidigung. Erst mit der Rechtshängigkeit steht der Umfang des Streitgegenstandes fest. Solange noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang eine Klage erhoben wird, bedarf es noch keiner Rechtsverteidigung und demnach noch keiner Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sie. Das gilt auch dann, wenn sich der Kl, dem PKH bewilligt worden ist, gegen eine noch nicht zugestellte Widerklage wehren will (Rostock FamRZ 08, 67). Das kann durchaus krit gesehen werden. Denn gleichzeitig gilt, dass dem Prozessgegner für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ein Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht und wegen der insoweit klaren gesetzlichen Regelung auch kein Schadensersatzanspruch. Der Antragsgegner, der sich gegen einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit anwaltlicher Hilfe wehrt, was der Regelfall ist, hat also insb in den Fällen unbegründeter Ansprüche, für die nicht die Erfolgsaussicht für die Klage besteht, keine Möglichkeit, seine Kosten ersetzt zu bekommen. Zu warnen ist allerdings vor der weit verbreiteten Praxis, in solchen Fällen PKH-Anträgen nicht entgegen zu treten, oder erst gar nicht zu erwidern. Neben standesrechtlichen Bedenken läuft der Prozessgegner Gefahr, seinerseits dann die PKH wegen Mutwilligkeit versagt zu bekommen (s.u. Rn 36). Die Rspr geht – was zuweilen etwas lebensfremd anmuten kann – davon aus, das der Antragsgegner selbst ohne anwaltliche Hilfe im PKH-Prüfungsverfahren die notwendigen Tatsachen vortragen kann (Brandbg FamRZ 06, 349; Oldbg FamRZ 02, 1712; Ddorf FamRZ 97, 1017 für nicht anwaltlich vertretene Partei, aA Oldbg ZFE 09, 195 mit Anm Viefhues juris-PR-FamR 6/09 Anm 5). Das mag zwar dem Staat PKH-Gebühren ersparen, führt aber andererseits regelmäßig zu einer deutlichen Erhöhung des Arbeitsaufwandes der erkennenden Gerichte. Für eine Tätigkeit, die lediglich eine Prozessbegleitung darstellt, kann PKH nicht bewilligt werden. Es müssen eigene Anträge gestellt werden oder eine Gegnerstellung eingenommen werden oder ansonste...