1. Grundsätze.
Rn 6
Für das Verfahren auf Bewilligung von PKH selbst kann keine PKH bewilligt werden (BGHZ 91, 311). Die vorherige Zustellung der Klage ist Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsverteidigung. Erst mit der Rechtshängigkeit steht der Umfang des Streitgegenstandes fest. Solange noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang eine Klage erhoben wird, bedarf es noch keiner Rechtsverteidigung und demnach noch keiner Bewilligung von Prozesskostenhilfe für sie. Das gilt auch dann, wenn sich der Kl, dem PKH bewilligt worden ist, gegen eine noch nicht zugestellte Widerklage wehren will (Rostock FamRZ 08, 67). Das kann durchaus krit gesehen werden. Denn gleichzeitig gilt, dass dem Prozessgegner für das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ein Kostenerstattungsanspruch nicht zusteht und wegen der insoweit klaren gesetzlichen Regelung auch kein Schadensersatzanspruch. Der Antragsgegner, der sich gegen einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit anwaltlicher Hilfe wehrt, was der Regelfall ist, hat also insb in den Fällen unbegründeter Ansprüche, für die nicht die Erfolgsaussicht für die Klage besteht, keine Möglichkeit, seine Kosten ersetzt zu bekommen. Zu warnen ist allerdings vor der weit verbreiteten Praxis, in solchen Fällen PKH-Anträgen nicht entgegen zu treten, oder erst gar nicht zu erwidern. Neben standesrechtlichen Bedenken läuft der Prozessgegner Gefahr, seinerseits dann die PKH wegen Mutwilligkeit versagt zu bekommen (s.u. Rn 36). Die Rspr geht – was zuweilen etwas lebensfremd anmuten kann – davon aus, das der Antragsgegner selbst ohne anwaltliche Hilfe im PKH-Prüfungsverfahren die notwendigen Tatsachen vortragen kann (Brandbg FamRZ 06, 349; Oldbg FamRZ 02, 1712; Ddorf FamRZ 97, 1017 für nicht anwaltlich vertretene Partei, aA Oldbg ZFE 09, 195 mit Anm Viefhues juris-PR-FamR 6/09 Anm 5). Das mag zwar dem Staat PKH-Gebühren ersparen, führt aber andererseits regelmäßig zu einer deutlichen Erhöhung des Arbeitsaufwandes der erkennenden Gerichte. Für eine Tätigkeit, die lediglich eine Prozessbegleitung darstellt, kann PKH nicht bewilligt werden. Es müssen eigene Anträge gestellt werden oder eine Gegnerstellung eingenommen werden oder ansonsten eine verfahrensfördernde Tätigkeit vorliegen (Frankf FamRZ 20, 1024).
2. Ausnahmsweise Bewilligung.
Rn 7
PKH für das Prüfungsverfahren kann dann bewilligt werden, wenn die Entscheidung in der Hauptsache durch Zeugenvernehmungen tatsächlich präjudiziert wird (Schoreit/Groß/Groß § 114 Rz 23 mwN). Außerdem dann, wenn in besonders schwierigen Fällen ein Antragsgegner im Prüfungsverfahren ohne Beiordnung eines Rechtsanwaltes ersichtlich nicht in der Lage wäre, sachdienliche Angaben bei seiner Anhörung zu machen (Bambg OLGR 05, 398). Außerdem kann in Unterhaltsverfahren im Verfahren auf Erlass der einstweiligen Anordnung dem Antragsgegner auch bereits im PKH-Prüfungsverfahren PKH bewilligt werden, wenn die Hauptsache noch nicht rechtshängig ist. Für die Hauptsache darf aber dem Gegner keine PKH bewilligt werden, bevor in der Hauptsache dem Kl PKH bewilligt wurde (KG FamRZ 05, 526). Im umgekehrten Fall der Abänderungsklage im PKH-Prüfungsverfahren, verbunden mit einem Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung, kann dem Gegner ausnahmsweise bereits im PKH-Prüfungsverfahren PKH bewilligt werden, wenn das Gericht trotz fehlender Rechtshängigkeit ausdrücklich zur Erwiderung auf den Einstellungsantrag aufgefordert hat (Karlsr FamRZ 00, 1022). Für das Prüfungsverfahren kann PKH auch bewilligt werden, wenn die Vertretung durch einen RA bereits vorgeschrieben ist, wie bei der zugelassenen Rechtsbeschwerde im PKH-Verfahren beim BGH (BGH FamRZ 19, 1629). Aber nicht für eine Beschwerde gegen eine erstinstanzliche Ablehnung der PKH (VGH Baden-Württemberg, Beschl v 19.10.21 – 12 S 1800/20, juris).
3. Vergleichsabschluss im PKH-Prüfungsverfahren.
Rn 8
Eine Ausnahme gilt, wenn die Parteien im PKH-Prüfungsverfahren in einem Termin zur Erörterung einen Vergleich schließen. Dann soll nicht nur über den Antrag auf Bewilligung von PKH verhandelt, sondern in der Sache selbst eine Regelung getroffen werden. In diesem Fall kann auch dem Antragsgegner PKH bewilligt werden, allerdings nur für den Abschluss des Vergleichs (BVerfG NJW 12, 3293; BGH NJW 04, 2595; Bambg FamRZ 11, 1605; Zö/Schultzky Rz 3; aA Kobl FamRZ 09, 1232; Hamm FamRZ 09, 145). Das ändert sich durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021, da § 48 RVG geändert wird dahingehend, dass der Vergütungsanspruch alle Tätigkeiten erstreckt, die zur Herbeiführung der Einigung notwendig sind. Nach der Besprechung des BGH war in selbstständigen Familiensachen die Bewilligung von PKH für den Abschluss eines Vergleiches unter Einbeziehung eines nicht anhängigen Anspruchs unter Erstreckung auf den Mehrvergleich möglich. Damit sollte geregelt werden, dass auch ein bedürftiger Beteiligter die Möglichkeit hat, das anhängige Verfahren durch den Abschluss eines Mehrvergleichs zu beenden, ohne auf den zusätzlich anfallenden Rechtsanwaltsgebühren sitzen zu bleiben. Dies war letztend...