Rn 65
Ein Hilfesuchender, der mit einem bevorstehenden Prozess rechnen muss oder bereits an einem Verfahren beteiligt ist, hat seine finanziellen Dispositionen darauf einzurichten, dass die Kosten für die Prozessführung entstehen werden. Er muss möglichst entsprechende Rücklagen bilden (Saarbr Beschl v 28.2.12 – 9 WF 4/12 –) und darf sich seines Vermögens nicht durch unangemessene Ausgaben entäußern, also sich etwa einer Miterbenstellung ohne Grund durch Ausschlagung entledigen (Saarbr FamRZ 12, 1577), ohne rechtliche Verpflichtung Zahlungen zur Schuldentlastung eines Verwandten leisten (Saarbr Beschl v 3.1.12 – 9 WF 126/11 –), Darlehen, die in langfristigen Raten zu tilgen sind, vorzeitig zurückzahlen (BGH FamRZ 99, 644); oder rechtsgrundlos Vermögen auf Dritte übertragen (Saarbr Beschl v 24.9.12 – 6 WF 375/12), so etwa eine Kapitallebensversicherung (Saarbr Beschl v 19.11.12 – 9 WF 380/12 –). Vorhandenes Vermögen (Unterhaltsnachzahlung) darf nicht leichtfertig für nicht unbedingt notwendige Zwecke (Renovierung, Küche, neue Möbel) ausgegeben werden. Geschieht dies gleichwohl, wird die ausgegebene Summe als fiktives Vermögen angerechnet, ohne dass ein Schonbetrag abgezogen werden kann (BGH FamRZ 18,1525). Soweit dem Gericht bekannt ist – und das ist in Verfahren nicht zuletzt durch den Vortrag des Gegners oftmals der Fall –, dass der Antragsteller über Vermögenswerte verfügt hat, ist dieser verpflichtet, zum Verbleib des Vermögens glaubhafte und plausible Erklärungen vorzutragen (BGH FamRZ 08, 1163 zur angeblichen Verwahrung eines Geldbetrages von etwa 230.000 EUR in der Wohnung und Diebstahl desselben). Im Prozesskostenhilfeantrag muss der Antragsteller darlegen, warum früher vorhandene erhebliche Geldbeträge nicht mehr zur Verfügung stehen (Musielak/Voit/Fischer Rz 55). Das muss so hinreichend deutlich und glaubhaft sein, dass der Verdacht ausgeräumt werden kann, der Hilfesuchende habe sich entweder durch unangemessene Ausgaben seines Vermögens entledigt oder er sei tatsächlich nicht kostenarm (BGH FamRZ 08, 1163). Allerdings sind die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Verbleibs vorhandener Vermögenswerte nicht so hoch, dass jede Ausgabe auch belegt werden müsste. Mit der Trennung muss die Partei mit einem bevorstehenden Scheidungsverfahren rechnen, und für dieses Rücklagen bilden. Das gilt nicht für ein Unterhaltsverfahren, welches nicht im Verbund mit der Scheidung steht und bei der Trennung bzw bei der Verwendung des Vermögens nicht absehbar war (Hamm MDR 14, 742 [BGH 12.11.2013 - II ZB 17/12]). Fließt der Partei während eines bereits anhängigen Verfahrens Vermögen zu, so müssen daraus Rücklagen für das Verfahren gebildet werden (Celle Beschl v 15.4.15 – 18 WF 33, 15, zit nach juris).
Rn 66
Nicht erforderlich ist, dass die Partei in der Absicht gehandelt hat, Kostenbefreiung zu erlangen. Im Einzelnen ist streitig, welche subjektiven Anforderungen an das Handeln der Partei gestellt werden müssen. PKH ist dann zu versagen, wenn die Partei grob fahrlässig ihr Vermögen derart vermindert hat, dass sie deswegen Schwierigkeiten hat, ihre Prozesskosten aufzubringen (Karlsr FamRZ 08, 1542). Ansonsten wird mutwilliges Handeln verlangt (Zö/Schultzky Rz 74). Auch wenn das Vermögen für allgemeine Lebenshaltungskosten ausgegeben worden ist, ist nicht von einem mutwilligen Verzehr auszugehen (Nachzahlungen für Energiekosten). Aber nicht, wenn der Partei ein einzusetzendes Einkommen von mehr als Null verbleibt. Dann ist der Partei zuzumuten, sich in ihrer Lebensführung einzuschränken und das Vermögen erst dann anzugreifen, wenn die Prozesskosten daraus gedeckt sind (Karlsr FamRZ 08, 1542), zumal § 115 III iVm § 90 II, III SGB XII nur den gegenwärtigen Lebensbedarf schützen, nicht aber eine langfristige Unterhaltssicherung bezwecken wollen (Saarbr Beschl v 13.12.10 – 9 WF 114/10; Köln FamRZ 07, 488). Auch Anschaffungen für die Hausratsergänzung nach einer Trennung dürfen berücksichtigt werden, auch wenn nicht jede einzelne Anschaffung belegt werden kann. Es genügt die allgemeine Erfahrung, dass tatsächlich nach einer Trennung Neuanschaffungen getätigt werden müssen. Eine schlüssige Aufstellung reicht demnach aus (Brandbg FamRZ 08, 703); freilich kann auch hier der Antragsgegner Zweifel säen, die der Antragsteller sodann ausräumen muss. Auch der Verbrauch von Vermögen für Honorarforderungen eines weiteren Anwalts ist zu berücksichtigen, wenn der ursprünglich iRd Prozesskostenhilfe beigeordnete Rechtsanwalt von der Partei entlassen wurde, sofern die Mandatskündigung nicht fahrlässig, mut- oder böswillig war. Die Anforderungen, die an die Beiordnung eines weiteren Prozessbevollmächtigten iRd Prozesskostenhilfe gestellt werden, gelten hier nicht (Karlsr OLGR 08, 392).