Rn 11
Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erfolgt für jeden Streitgegenstand gesondert (St/J/Roth vor § 12 Rz 13; vgl auch Zö/Schultzky Rz 21) und umfassend (Anders/Gehle/Bünnigmann ZPO Vor § 12 Rz 17). Das Gericht prüft also unabhängig von der rechtlichen Bewertung durch die Verfahrensbeteiligten, ob für den jeweiligen Streitgegenstand irgendein Gerichtsstand gegeben ist. Dieses Vorgehen gewinnt Bedeutung bei der subjektiven Klagenhäufung nach den §§ 59 ff und bei der
objektiven Klagenhäufung nach § 260 (vgl auch Zö/Schultzky Rz 21). Bsp: Erhebt der Kl im Verkehrsunfallprozess gegen Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des unfallverursachenden Kfz die Schadensersatzklage im allg Gerichtsstand des Fahrers und weicht dieser Gerichtsstand von den allg Gerichtsständen der anderen Bekl sowie vom Gerichtsstand nach § 32 ab, so ist das angerufene Gericht für die Klagen gegen Halter und Haftpflichtversicherer örtlich unzuständig, sofern keine rügelose Einlassung erfolgt. Hiervon zu unterscheiden ist der Fall, wenn iRe Streitgegenstands mehrere Anspruchsgrundlagen in Betracht kommen und das Gericht nicht unter allen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen örtlich zuständig ist. Bsp: Bei einer Zahlungsklage ist für den materiell-rechtlichen Anspruch aus unerlaubter Handlung die Zuständigkeit nach § 32 begründet, für den materiell-rechtlichen Anspruch aus Vertrag jedenfalls der allg Gerichtsstand. Dieses Problem wird seit langem unter dem Begriff des ›Gerichtsstands kraft Sachzusammenhangs‹ erörtert. Für die Praxis hat sich die Streitfrage durch den Beschl des BGH v 10.12.02 erledigt (BGHZ 153, 173 ff). Der BGH hat darin unter Aufgabe seiner früheren Rspr zu § 32 ZPO ausgeführt, dass ein Gericht erst recht befugt sei, über in seine Rechtswegzuständigkeit fallende Anspruchsgrundlagen zu entscheiden, die für sich gesehen seine örtliche Zuständigkeit nicht begründen würden, wenn ein Gericht nach § 17 II GVG nF sogar befugt und verpflichtet sei, über ›rechtwegfremde‹ Anspruchsgrundlagen zu entscheiden (BGHZ 153, 173, 176 f). Der Übertragung dieses Rechtsgedankens aus § 17 II GVG auf die Entscheidungskompetenz des Gerichts unter dem Aspekt der örtlichen Zuständigkeit ist zuzustimmen (Zö/Schultzky § 12 Rz 20; MüKoZPO/Becker-Eberhard vor § 253 Rz 39; St/J/Roth § 1 Rz 10; ThoPu/Hüßtege vor § 12 Rz 8; aA MüKoZPO/Patzina Rz 50; Musielak/Voit/Heinrich Rz 11). Deshalb ist, auch wenn sich die Entscheidung des BGH ausdr auf die Vorschrift des § 32 bezogen hat, allg davon auszugehen, dass das angerufene Gericht einen einheitlichen prozessualen Anspruch (nicht bei mehreren Streitgegenständen, vgl München NJW-RR 11, 1002 mwN) unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden hat (s.a. § 32 Rn 15 und § 17 GVG Rn 13 ff). Dafür spricht insb die Prozessökonomie iSd Entscheidungskonzentration und Vermeidung von Mehrfachprozessen (Zö/Schultzky Rz 20; ThoPu/Hüßtege vor § 12 Rz 8). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die erörterte Kompetenzfrage nur dann erheblich ist, wenn der Kl außerhalb des allg Gerichtsstands des Bekl in einem besonderen (nicht: ausschl; vgl dazu etwa § 29a Rn 4) Gerichtsstand klagt. Wird dagegen zulässigerweise im allg Gerichtsstand des Bekl Klage geführt, können unzweifelhaft alle rechtlichen Gesichtspunkte des Streitgegenstandes überprüft werden, ohne dass die Entscheidungskompetenz des Gerichts in Frage gestellt wäre (allgM; BGHZ 153, 173, 178; MüKoZPO/Patzina Rz 50; Zö/Schultzky Rz 20). Eine Ausdehnung dieser Grundsätze auf die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte lehnt der BGH zu Recht ab (BGHZ 153, 173, 180; NJW-RR 2005, 581, 583; Zö/Schultzky Rz 21; aA St/J/Roth § 1 Rz 11).