1. Urteilsverfahren.
Rn 7
Abs 1 gilt seit der Einfügung von Abs 4 nur für das Urteilsverfahren. Andere Entscheidungen (Beschlüsse; Verfügungen) können nach Abs 4 ohne mündliche Verhandlung erlassen werden (s Rn 27), es sei denn eine solche ist ausnahmsweise wie zB in §§ 320 III, 1063 II vorgeschrieben (Zö/Greger Rz 2). Im Schiedsverfahren gilt § 1047 I.
2. Verhandlung der Parteien über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht.
a) Verhandlung iSv Abs 1.
Rn 8
Unter Abs 1 fällt die mündliche Verhandlung im engeren Sinn. Hierunter versteht man Antragstellung, Sachvortrag, Erklärungen und Erörterung der Parteien als Voraussetzung einer gerichtlichen Entscheidung (St/J/Kern Rz 24; R/S/G § 79 Rz 28; aA für einen weiteren Verhandlungsbegriff Wieczorek/Schütze/Borck Rz 3). Die Verhandlung muss einen Bezug zum Rechtstreit haben. Sie kann sich auf die Hauptsache oder prozessuale Fragen beziehen (MüKoZPO/Wagner Rz 6) und streitig oder im Fall der Säumnis der Parteien (§§ 239 IV, 330, 331) einseitig sein (St/J/Kern Rz 29). Die Beweisaufnahme selbst ist keine Verhandlung der Parteien, sie obliegt vielmehr gem § 355 dem Gericht. Die Parteien haben jedoch gem § 285 I über das Ergebnis der Beweisaufnahme zu verhandeln (Wieczorek/Schütze/Borck Rz 16). Ebenso wenig ist die obligatorische Güteverhandlung Teil der mündlichen Verhandlung (Musielak/Voit/Stadler Rz 8). Justizverwaltungsakte wie die Entscheidung über einen PKH-Antrag und eine Richterablehnung fallen ebenfalls nicht in den Anwendungsbereich von Abs 1 (Musielak/Voit/Stadler Rz 7). Abs 1 gilt auch für die Streithelfer der Parteien. Für Zwischenstreitigkeiten mit Dritten gelten dagegen die Sonderregelungen in den §§ 71 I 1, 135 II, 387 I, 402 iVm 408 (MüKoZPO/Wagner Rz 7).
b) Verhandlung vor dem erkennenden Gericht.
Rn 9
Abs 1 gebietet eine mündliche Verhandlung nur vor dem erkennenden Gericht (Musielak/Voit/Stadler Rz 8). Erkennendes Gericht ist das Gericht, das im konkreten Einzelfall zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen ist (Wieczorek/Schütze/Borck Rz 19). Das können der originäre oder obligatorische Einzelrichter (§§ 348, 348a) und der Vorsitzende der KfH (§ 349) sein (Musielak/Voit/Stadler Rz 7). Abs 1 gilt auch für die Berufungs- und Revisionsinstanz (St/J/Kern Rz 24; Möhring/Nirk FS 25 Jahre BGH 75, 305). Nicht erfasst sind dagegen Verhandlungen vor dem Vorsitzenden der Zivilkammer sowie Prozesshandlungen vor dem beauftragten oder ersuchten Richter (§§ 361 f) und dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Bei Entscheidungen des Rechtspflegers gebietet Abs 1 die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn sie auch bei einer Entscheidung durch den Richter nötig gewesen wäre (St/J/Kern Rz 27).