Rn 17
Die Anordnung des Gerichts, eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu treffen, hat vier Voraussetzungen:
1. Zustimmung der Parteien.
Rn 18
Die Anordnung des Gerichts setzt die Zustimmung beider Parteien in der mündlichen Verhandlung oder in schriftlicher Form voraus, eine fernmündliche Zustimmung genügt nicht (BVerwG NJW 83, 198; BGH NJW 92, 2146, 2147 [BGH 28.04.1992 - XI ZR 165/91]). Das Schweigen auf einen Vorschlag des Gerichts reicht nicht aus (St/J/Kern § 128 Rz 58). Die Zustimmung der Parteien muss zeitgleich vorliegen, es genügt also nicht, wenn die Zustimmung einer Partei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die andere Partei ihre Zustimmung widerrufen hat (BGH NJW 01, 2479 [BGH 22.05.2001 - X ZR 21/00]). Die Zustimmung ist eine Prozesshandlung. Für sie gilt § 78. Sie ist daher nicht anfechtbar und bedingungsfeindlich. Zum Widerruf der Zustimmung s.u. Rn 19. Im Falle von Streitgenossen bedarf es einer Zustimmung jedes einzelnen Streitgenossen, wobei bei notwendiger Streitgenossenschaft gem § 62 die Zustimmung einer Person für alle übrigen wirkt. In der Zustimmung liegt kein Verzicht auf einen zuvor angetretenen Zeugenbeweis (BGH EWiR 22, 414).
2. Kein Widerruf der Zustimmung.
Rn 19
Gemäß Abs 2 S 1 ist die Zustimmung einer Partei widerruflich, soweit sich eine wesentliche Änderung der Prozesslage ergibt. Eine solche wesentliche Änderung ist anzunehmen bei neuem Vorbringen und neuen Beweismitteln sowie bei Antragsänderung. Ein wirksamer Widerruf löst den rückwirkenden Wegfall des schriftlichen Verfahrens aus, so dass das Gericht seine Entscheidung nur aufgrund mündlicher Verhandlung fällen darf (Musielak/Voit/Stadler § 128 Rz 14). Eine grundsätzliche Beschränkung des Widerrufs ergibt sich daraus, dass ab dem Zeitpunkt, ab dem auch der Gegner zustimmt, die Zustimmungserklärung unwiderruflich ist (BGH NJW 01, 2480 [OLG Koblenz 20.02.2001 - 3 U 530/99]).
3. Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif.
Rn 20
Nach dem Zweck der Vorschrift soll Schriftlichkeit ausnahmsweise angeordnet werden, wenn dadurch eine Förderung des Verfahrens zu erreichen ist. Daraus lässt sich entnehmen, dass eine Anordnung nach Abs 2 nicht zulässig ist, wenn der Rechtsstreit bereits entscheidungsreif ist. Es muss also an der Entscheidungsreife fehlen und das Gericht muss die berechtigte Hoffnung hegen, durch einen schriftlichen Verfahrensabschnitt die Entscheidungsreife fördern zu können.
4. Kein Fristablauf.
Rn 21
Nach Abs 2 S 3 ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als 3 Monate verstrichen sind. Zu den Einzelheiten der Fristenfragen s.u. Rn 25.