Gesetzestext
(1) 1Der vorbereitende Schriftsatz, der neue Tatsachen oder ein anderes neues Vorbringen enthält, ist so rechtzeitig einzureichen, dass er mindestens eine Woche vor der mündlichen Verhandlung zugestellt werden kann. 2Das Gleiche gilt für einen Schriftsatz, der einen Zwischenstreit betrifft.
(2) 1Der vorbereitende Schriftsatz, der eine Gegenerklärung auf neues Vorbringen enthält, ist so rechtzeitig einzureichen, dass er mindestens drei Tage vor der mündlichen Verhandlung zugestellt werden kann. 2Dies gilt nicht, wenn es sich um eine schriftliche Gegenerklärung in einem Zwischenstreit handelt.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Vorschrift dient einerseits der rechtzeitigen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, um nicht nur im Falle des schriftlichen Vorverfahrens, sondern auch im Fall eines frühen ersten Termins möglichst eine Entscheidungsreife herbeizuführen. Andererseits sollen die in § 132 genannten Zwischenfristen (zwischen Zustellung des Schriftsatzes an den Gegner und anberaumtem Termin) dem Gegner ausreichend Zeit für die Terminsvorbereitung einräumen und ihm dadurch die umfassende Möglichkeit rechtliches Gehör verschaffen.
B. Anwendungsbereich.
Rn 2
Die Vorschrift ist wegen ihres Sondercharakters eng auszulegen und erfasst nur neue Tatsachen bzw ein anderes neues Vorbringen. § 132 gilt nur für in vorbereitenden Schriftsätzen angekündigte Angriffs- und Verteidigungsmittel iSv §§ 146, 282 II und III, ferner für neue Beweisanträge, Beweismittel und neue oder geänderte Sachanträge, mithin auch bei Klageänderung oder -erweiterung (Ddorf NJW-RR 99, 859, 860 [OLG Düsseldorf 15.09.1998 - 22 W 40/98]). Unanwendbar ist § 132 auf bloße Rechtsausführungen.
Für bestimmende Schriftsätze wie zB Klage und Rechtsmittel gelten eigene Einlassungs- oder Zwischenfristen (vgl §§ 274 III, 523 II, 553 II, 585, 593 II), so dass § 132 nicht anzuwenden ist. Generell verdrängen richterliche Fristen (§§ 273–277) und spezielle gesetzliche Fristen (§§ 214 ff) die Norm.
Eine weitere Einschränkung findet der Anwendungsbereich der Norm darin, dass sie nur dort greift, wo eine schriftliche Terminsvorbereitung vorgeschrieben ist, also im Anwaltsprozess (§ 78) und im Parteiprozess (§ 79) bei entsprechender Anordnung gem § 129 II. Wegen der Eilbedürftigkeit im Arrest- und Verfügungsverfahren findet § 132 dort keine Anwendung (ThoPu/Reichold § 132 Rz 3; St/J/Kern § 132 Rz 5). Nicht anwendbar ist die Norm schließlich, soweit der Gesetzgeber eine Einlassungsfrist vorschreibt (§§ 274 III, 523 II, 553 II, 593 II).
C. Rechtzeitigkeit der Einreichung.
Rn 3
Die Frist gem Abs 1 ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm erst mit Zustellung an den Gegner eingehalten. In der Praxis empfiehlt sich zur Einhaltung der Frist insoweit der Eingang des Schriftsatzes bei Gericht mindestens 11 Tage vor dem Termin und im Falle einer Gegenerklärung (Abs 2 S 1) 7 Tage vor der mündlichen Verhandlung (St/J/Kern § 132 Rz 9).
Die Fristberechnung richtet sich nach § 222 und §§ 187, 188 BGB (ie Druckenbrodt NJW 13, 2390). Möglich ist aber eine Fristverlängerung durch richterliche Fristsetzung (§§ 273–277) oder durch Terminsverlegung (§ 227). Hingegen setzt eine Verkürzung der Frist nach § 226 voraus, dass dies nicht zu einer Verletzung rechtlichen Gehörs führt.
Eine verbreitete Unsitte stellt die Übergabe von Schriftsätzen im Termin oder so kurz vor dem Termin dar, bei der eine Übermittlung an den Gegner und/oder eine entsprechend des Normzweckes vorbereitende Kenntnisnahme für die mündliche Verhandlung nicht mehr realisierbar ist. Eine solche Vorgehensweise stellt eine Missachtung von Gericht und Prozessgegner dar. Derartige Schriftsätze sind keine vorbereitenden iSd §§ 130 ff und ihre Bezugnahme stellt sich als unangemessen iSd § 137 dar und dürfen daher ausgeschlossen werden. Der sachliche Inhalt solcher Schriftsätze kann insofern allenfalls mündlich eingeführt werden (Musielak/Voit/Stadler § 132 Rz 4; Zö/Greger § 132 Rz 3a).
D. Verstoß.
Rn 4
Ein Verstoß gegen die fristgerechte Einreichung von Schriftsätzen hat dieselben Folgen wie ein solcher gegen § 129. Insbesondere können Angriffs- und Verteidigungsmittel gem §§ 282 II, 296 II zurückgewiesen werden (BGH NJW 82, 1533 [BGH 16.12.1981 - IVa ZR 282/80]). Allein wegen des verspäteten Vorbringens darf der Gegner eine Einlassung nicht verweigern (§ 138 II; BVerfG NJW 89, 795; BGHZ 94, 195, 213) und auch nicht den Vortrag des Prozessgegners einfach bestreiten, denn dies würde gegen seine Pflicht zur Wahrheit nach § 138 I verstoßen. Er muss ggf gem § 283 bei Gericht um eine Frist für die Nachreichung eines Schriftsatzes anfragen. Die verspätete Zustellung des Schriftsatzes an den Gegner steht der gänzlichen Unterlassung der schriftsätzlichen Ankündigung gleich.
E. Der im Termin übergebene Schriftsatz.
Rn 5
Wird ein Schriftsatz unmittelbar vor Beginn eines Termins oder im Termin überreicht, so sind die Fristen des § 132 nicht gewahrt, wegen der Grundsätze der Mündlichkeit (§ 128 I) und des rechtlichen Gehörs (Art 103 I GG) kann auf solche Schriftsätze auch nicht Bezug genommen werden (§§ 137 III, 297 II). Damit handelt es sich nach richtiger Ansicht nicht mehr...