Rn 10
Der Umfang der Erklärungslast (also die Substanziierung des Vortrags) richtet sich ausschließlich nach dem Umfang des Vortrags der anderen Partei (BGH NJW 99, 1404; MDR 14, 674; 20, 1528; ZIP 22, 2572; iE dazu Greger FS Gehrlein, 22, S 211). Substantiierung ist daher das Maß der Erfüllung der eigenen Darlegungslast. Jede Erklärung des Gegners setzt also voraus, dass die zunächst vortragende Partei einen einlassungsfähigen Sachvortrag behauptet, also einen Vortrag, der erkennen lässt, welcher konkrete Lebenssachverhalt angesprochen ist (dazu iE Brose MDR 08, 1315, 1317). Dann hat der Gegner sich konkret und gezielt zu den Behauptungen der anderen Partei zu äußern. Er muss eine dem Vortrag der gegnerischen Partei entsprechende Gegendarstellung geben. Wurden zu einer bestimmten Tatsache keine konkreten Einzelheiten genannt, hat dies auch nicht vom Gegner zu erfolgen. Folglich bleibt von der Erklärungslast die Pflicht der behauptungs- und beweisbelasteten Partei unberührt, die für sie günstigen rechtshindernden, -hemmenden oder -vernichtenden Tatsachen vorzutragen. Unterbleibt eine konkrete Erklärung des Gegners, so sind die behaupteten Tatsachen als zugestanden anzusehen (BGH v 12.11.14 – XII ZB 469/13). Für einen Beweisantrag ist es nicht erforderlich, dass das Beweisergebnis wahrscheinlich gemacht wird (BGH NJW-RR 15, 829 [BGH 16.04.2015 - IX ZR 195/14]). Ein Bestreiten ist auch durch vorangegangenen Vortrag möglich (BGH MDR 22, 1302 [BGH 21.06.2022 - VIII ZR 285/21]).
Jedoch genügt ein einfaches Bestreiten nicht, wenn der Anspruchsteller genauere Angaben zu bestimmten Tatsachen dargelegt hat (BGH MDR 14, 674). Auf eine substantiierte Tatsachenbehauptung hat ein ebenso substantiiertes Bestreiten der gegnerischen Seite zu folgen. Den Prozessgegner kann also eine sekundäre Darlegungslast treffen (s.u. Rn 11). So reicht es zB nicht aus, das bloße Bestehen eines Kaufvertrages zu bestreiten, wenn die Gegenpartei substantiiert vorgetragen hat, wann, wo und unter welchen Umständen der Vertrag geschlossen wurde. In diesem Fall führt das einfache Bestreiten zu Abs 3. Ebenso ist die beliebte Floskel, iÜ werde alles bestritten, was nicht ausdrücklich zugestanden wurde, unbeachtlich.
Die für eine substantiierte Gegendarstellung notwendigen Informationen hat sich die Partei selbst zu beschaffen, soweit sie dazu in der Lage ist. Wenn dem Beklagten allerdings ein substantiierter Vortrag schlichtweg nicht möglich ist, zB weil er von dem Kl vorgetragenen Tatsachen keine Kenntnis hat und sich auch keine Kenntnis verschaffen kann, ist ausnahmsweise einfaches Bestreiten ausreichend.