Rn 25
Die Entscheidung über den Aufrechnungseinwand wird iRd Prüfung der Klageforderung getroffen: Die begründete Aufrechnung führt zum Erlöschen der Klageforderung; das (Teil-)unterliegen ist bei der Kostenquote zu gewichten (zur Kostenquote: § 92 Rn 15, 23 ff).
a) Prüfungsreihenfolge.
Rn 26
Aufgrund der Rechtskraftwirkung des § 322 II darf das Gericht die Berechtigung der Klageforderung nicht mit Blick auf den jedenfalls begründeten Aufrechnungseinwand offenlassen. Vielmehr ist die Prüfung des Aufrechnungseinwands nur dann eröffnet, wenn sich die Klageforderung als begründet erweist.
b) Vermeidung divergierender Entscheidungen in Aktiv- und Passivprozess.
Rn 27
Da die Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Forderung gem § 322 II in Rechtskraft erwachsen kann, besteht die Gefahr divergierender rechtskräftiger Entscheidungen, wenn die zur Aufrechnung gestellte Forderung zugleich in einem anderen Verfahren (Aktivprozess) eingeklagt wird. Dem ist durch Prozessaussetzung zu begegnen: Es ist praktikabel, den Rechtsstreit auszusetzen, in dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung eingeklagt wird. Denn dieser Klage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da der Gläubiger durch den erfolgreichen Aufrechnungseinwand im Passivprozess seine Forderung sofort durchsetzen und liquidieren kann, wohingegen der wirtschaftliche Erfolg des Aktivprozesses selbst bei stattgebendem Leistungsurteil vom Ergebnis der Beitreibung abhängt (vgl Zö/Greger Rz 18a). Allerdings ist das Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses bis zur endgültigen Entscheidung über den Aufrechnungseinwand zweifelhaft, weshalb eine Aussetzung des Aktivprozesses, nicht hingegen dessen Beendigung durch den Erlass eines Prozessurteils sachgerecht erscheint. Denn im Fall eines klageabweisenden Prozessurteils könnte der Kl je nach der Entwicklung des Passivprozesses zur erneuten Klage gezwungen sein (vgl St/J/Althammer § 145 Rz 50, einschränkend: Dresd NJW 94, 139 [OLG Dresden 02.06.1993 - 5 W 243/93], das eine Aussetzung nur dann für zulässig erachtet, wenn davon ausgegangen werden darf, dass über die zur Aufrechnung gestellte Forderung tatsächlich entschieden wird; differenzierend auch Skamel, NJW 15, 2460 [BGH 27.11.2014 - I ZR 124/11]). Auch dann, wenn der Kl die zur Aufrechnung gestellte Forderung primär aufrechnet, ist der parallele Aktivprozess auszusetzen, da das Gericht über die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht zwingend entscheidet (etwa nicht bei unschlüssiger Klage). Rechnet der Beklagte mit einer in einem anderen Verfahren bereits aufgerechneten Forderung erneut auf, so darf das Gericht im Folgeprozess den Aufrechnungseinwand nicht mit Blick auf die noch ausstehende Entscheidung des Erstgerichts dahinstehen lassen. Auch hier ist im Regelfall eine Aussetzung des Verfahrens sinnvoll (BGH NJW-RR 04, 1000 [BGH 08.01.2004 - III ZR 401/02]).