I. Richtervorlage nach Art 100 I GG und Verfassungsbeschwerde.
Rn 22
Die Richtervorlage nach Art 100 I GG ordnet die Aussetzung des anhängigen Verfahrens an. Damit ist nach der Systematik des Gesetzes im Anwendungsbereich des Art 100 I GG ein Rückgriff auf die zivilprozessuale Aussetzung nach § 148 versperrt. Allerdings ist das Gericht nach Art 100 I GG zugleich zur Vorlage verpflichtet. Ist jedoch bereits über dasselbe Gesetz eine anderweitige Richtervorlage oder eine Verfassungsbeschwerde anhängig, so kann in entsprechender Anwendung des § 148 ohne gleichzeitige Vorlage ausgesetzt werden, solange sich das erkennende Gericht nicht selbst von der Verfassungswidrigkeit überzeugt hat (BGH RdE 01, 20 [BGH 18.07.2000 - VIII ZR 323/99]; aA Zö/Greger Rz 3a; vgl auch BVerfG NJW 04, 501, wonach im Fall der Vorlage nach Art 100 II GG die Prozessökonomie eine Aussetzung in entsprechender Anwendung von § 148 ermögliche, damit ›das BVerfG von weiteren Vorlageverfahren frei gehalten‹ werde). In arbeitsgerichtlichen Verfahren kommt eine Aussetzung bis zum Abschluss des verfassungsrechtlichen Rechtsschutzes nur dann in Betracht, wenn eine Aussetzung unter Beachtung des Beschleunigungsgebots (§ 9 I ArbGG) interessengerecht erscheint (BAG NJW 21, 339). Legt eine Partei gegen eine rechtskräftige Zwischenentscheidung (etwa gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs) Verfassungsbeschwerde ein, ist eine Aussetzung des laufenden Rechtsstreits bis zum Abschluss des verfassungsgerichtlichen Verfahrens nicht zulässig (BGH MDR 18, 1204 [BGH 05.07.2018 - IX ZR 264/17]).
II. Vorlage nach Art 267 AEUV.
Rn 23
Im Vorlageverfahren nach Art 267 AEUV kann das Gericht ohne gleichzeitige Vorlage nach § 148 aussetzen, wenn eine entscheidungserhebliche Auslegungsfrage bereits Gegenstand eines beim EuGH anhängigen Verfahrens ist (BGH MDR 12, 426; BAG NZA 21, 1273). Art 267 Abs 3 AEUV enthält nicht den gewissermaßen überwölbenden Regelungsgehalt, alle Verfahren vorzulegen, in denen der Vorlagefrage Entscheidungsrelevanz zukommt. Indessen rechtfertigt das Schweben eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV die Aussetzung eines Zivilrechtsstreits nicht, dessen Ausgang von der Anwendung einer nationalen Rechtsnorm abhängt, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht zweifelhaft erscheint (Naumbg NJW-RR 17, 1231 [OLG Naumburg 13.04.2017 - 1 U 48/11]).
III. Aussetzung nach Erlass eines Teilurteils.
Rn 24
Nach Erlass eines Teilurteils, das im Rechtsmittelverfahren angefochten wird, kann es sachgerecht sein, den in der Ausgangsinstanz anhängig gebliebenen Rechtsstreit bis zur Rechtskraft des Teilurteils auszusetzen. Ein solches Vorgehen ist insb dann zu erwägen, wenn die Streitgegenstände in der Konstellation des Haupt- und Hilfsantrags in einem Eventualverhältnis stehen und das Gericht durch zulässiges Teilurteil über den Hauptantrag entschieden hat (§ 301 Rn 15).