1. Zeugenaussagen.
Rn 15
Zeugen bekunden zunächst im Zusammenhang zur Sache. Erst danach wird die Aussage durch den Vorsitzenden ins Protokoll diktiert. Hierbei wird die Authentizität der Aussage nicht gewährleistet, da der Richter die Aussage auf ihren Kern zurückführt. Richter neigen dazu, sprachliche Unzulänglichkeit zu glätten. Dies birgt die Gefahr, dass der Inhalt der protokollierten Aussage die Persönlichkeit des Zeugen nicht richtig widergibt. Verwickelt sich der Zeuge im Verlauf der Aussage in Widersprüche, so müssen diese Widersprüche in der Chronologie des Protokolls nachvollzogen werden können. Eine wörtliche Protokollierung der Aussage kann nicht erzwungen werden. Sie ist nur durch den Einsatz technischer Aufzeichnungsgeräte zu erreichen, wenn man den abzusehenden Streit darüber, ob das Diktierte dem Wortlaut der Aussage entsprochen hat, vermeiden will. Auch die außersprachlichen Begleitumstände des Aussageverhaltens, etwa nicht aus der Gerichtssituation resultierende Unsicherheit und Nervosität, können im Protokoll festgehalten werden, wenn diese Aspekte Rückschlüsse auf die Glaubhaftigkeit der Aussage zulassen.
2. Parteianhörung.
Rn 16
Angaben der Parteien iRe Parteianhörung unterfallen nicht dem unmittelbaren Anwendungsbereich der Nr 4. Diese Angaben sind nicht zwingend zu protokollieren (BGH FamRZ 89, 157, 158). Hat das Gericht die Parteianhörung angeordnet, um einen Beitrag zur Aufklärung des Sachverhalts zu leisten (§ 141 I 1), sind diese Angaben als wesentlicher Vorgang der Verhandlung nach § 160 II zu dokumentieren. Dasselbe gilt, wenn die Aufklärung des Sachverhalts Aspekte offenlegt, die die Glaubhaftigkeit des Parteivortrags in Zweifel ziehen oder positiv erhärten. Denn dann zeichnet sich ab, dass die Angaben iRd Beweiswürdigung Berücksichtigung finden werden.
3. Sachverständige.
Rn 17
Sofern der Sachverständige sein Gutachten unmittelbar in der Verhandlung erstattet, ist das vollständige Gutachten zu protokollieren. Auch bei der Erläuterung eines zuvor schriftlich eingereichten Gutachtens reicht die floskelhafte Formulierung: ›Der Sachverständige erläutert ausf sein Gutachten. ‹ nicht aus (BGH NJW 01, 3269, 3270). Allerdings kann der Pflicht zur Protokollierung auch dadurch Genüge getan werden, dass die Erläuterungen des Sachverständigen in einem Aktenvermerk, im Tatbestand des Urteils oder in den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich aufgezeichnet werden.
4. Ersetzung der Protokollierung durch Berichterstattervermerk.
Rn 18
Die Protokollierung von Zeugen- und Sachverständigenaussagen kann durch eine von der Beweiswürdigung getrennte Darstellung im Urt oder durch einen Vermerk des Berichterstatters über das Ergebnis der Beweisaufnahme ersetzt werden (BGH NJW 91, 1547, 1548 f [BGH 24.10.1990 - XII ZR 101/89]; MDR 11, 2013). Die Notwendigkeit eines solchen Berichterstattervermerks stellt sich insb dann, wenn die vorläufige Protokollaufzeichnung aus technischen Gründen, die erst nach Schluss der Verhandlung erkannt werden, nicht ausgewertet werden kann. Hierbei sollte – sofern das Urt nicht am Verhandlungstag gefällt wird – der Berichterstattervermerk den Parteien innerhalb der Spruchfrist zugänglich gemacht werden, um das rechtliche Gehör zu wahren. Entsteht Streit, ob der Berichterstattervermerk die Zeugenaussagen zutr widergibt, wird das Gericht, in dessen Sphäre der Protokollierungsfehler wurzelt, eine Wiederholung der Beweisaufnahme in Betracht ziehen müssen. Führt die unterlassene Protokollierung dazu, dass die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung nicht in vollem Umfang überprüfbar sind, so kann das Rechtsmittelgericht seiner Aufgabe, die Tatsachenfeststellung auf Rechtsfehler zu überprüfen, nicht nachkommen. Mithin unterliegt der Protokollierungsmangel nicht der Parteidisposition und kann nicht durch Rügeverlust nach § 295 geheilt werden (BGH NJW 87, 1200, 1201 [BGH 18.09.1986 - I ZR 179/84]).