Gesetzestext
(1) Feststellungen nach § 160 Abs. 3 Nr. 4 und 5 brauchen nicht in das Protokoll aufgenommen zu werden,
1. |
wenn das Prozessgericht die Vernehmung oder den Augenschein durchführt und das Endurteil der Berufung oder der Revision nicht unterliegt; |
2. |
soweit die Klage zurückgenommen, der geltend gemachte Anspruch anerkannt oder auf ihn verzichtet wird, auf ein Rechtsmittel verzichtet oder der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet wird. |
(2) 1In dem Protokoll ist zu vermerken, dass die Vernehmung oder der Augenschein durchgeführt worden ist. 2§ 160a Abs. 3 gilt entsprechend.
A. Zweck.
Rn 1
Die Vorschrift entlastet die Kanzleiarbeit und stellt es in das Ermessen des Vorsitzenden, von den Protokollanforderungen des § 160 III Nr 4 und 5 abzuweichen: Die Protokollierung darf sich – freilich neben den Angaben nach § 160 I Nr 4 – auf den Vermerk beschränken, dass eine Vernehmung oder der Augenschein durchgeführt worden ist (Abs 2 S 1). Die Praxis sollte von den Möglichkeiten des Abs 1 Nr 1 nur zurückhaltend Gebrauch machen: Sofern die Entscheidung nicht unmittelbar in der mündlichen Verhandlung ergeht, ist eine vollständige Protokollierung allein deshalb geboten, um eine verlässliche Grundlage für die innerhalb der Spruchfrist zu treffende Beweiswürdigung zu sichern. Auch können die Parteien vor der Verkündung eventuelle Unstimmigkeiten in der Protokollierung aufzeigen, wenn ihnen eine Ausfertigung des Protokolls rechtzeitig innerhalb der Spruchfrist zugeht (vgl MüKoZPO/Fritsche Rz 1 f). Eine vollständige Protokollierung des Beweisergebnisses erhöht die Transparenz der Entscheidungsfindung.
B. Voraussetzungen.
I. Rechtskräftiges Endurteil (Abs 1 Nr 1).
Rn 2
Protokolle über Verhandlungen des Prozessgerichts brauchen keine Feststellungen nach § 160 III Nr 4 und Nr 5 zu enthalten, wenn das auf die Verhandlung ergehende Endurteil nicht mit Rechtsmitteln angefochten werden kann. Die Vorschrift erfasst mithin nur Endurteile, gegen die Rechtsmittel unstatthaft oder unzulässig sind (§ 511 I und II; § 543). Bei einem Berufungsurteil muss die Zulässigkeitsschranke des § 544 II Nr 2 für die Nichtzulassungsbeschwerde unterschritten sein (BGH NJW 03, 3057; 3352, 3353 [BGH 13.08.2003 - XII ZR 303/02]). Da bis zum Prozessabschluss die Möglichkeit einer Klageerweiterung nicht ausgeschlossen ist, finden die Protokollerleichterungen des § 161 nur auf die Verhandlung Anwendung, die dem Endurteil unmittelbar vorausgeht. Solange der Abschluss des Verfahrens nicht abgesehen werden kann, ist auch in Verfahren, deren Streitwert die Rechtsmittelsumme nicht erreicht, vollständig zu protokollieren. Die vollständige Protokollierung ist schon deshalb sinnvoll, damit das Protokoll im Fall eines zwischenzeitlichen Richterwechsels eine tragfähige Grundlage dafür bilden kann, die Zeugenaussagen im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten. Verhandlungen vor dem beauftragten oder ersuchten Richter oder dem vorbereitenden Einzelrichter nach § 527 I 1 sind keine Verhandlungen des Prozessgerichts. Sie sind – anders als Verhandlungen des entscheidenden Einzelrichters (§§ 348, 348a I, 349 III, 526 I, 527 III, IV, 568 S 1) – vollständig zu protokollieren.
II. Nichtstreitige Beendigung des Rechtsstreits (Abs 1 Nr 2).
Rn 3
Neben den aufgeführten Verfahrensbeendigungen durch Klagerücknahme (§ 269), Anerkenntnis (§ 307), Vergleich, Verzicht (§ 306) und Rechtsmittelverzicht (§§ 515, 565; für den Einspruch: § 346) erfasst die Vorschrift die Rücknahme des Rechtsmittels (§§ 516 I, 565). Bei übereinstimmender Erledigung darf nur dann nach Maßgabe des Abs 1 verfahren werden, wenn die Voraussetzungen des § 91a II S 2 gegeben sind (für eine generelle Anwendung der Nr 2 bei übereinstimmender Erledigung: St/J/Roth Rz 4; generell dagegen: Zö/Schultzky Rz 4). Bei teilbarem Streitgegenstand kann der Vorsitzende dann nach Abs 1 Nr 2 protokollieren, wenn die durchgeführte Beweisaufnahme zur Erledigung eines Teilstreitgegenstandes geführt hat (zB nach Vernehmung von Zeugen zu einem Beweisthema, das ausschließlich einen Teilstreitgegenstand erfasst, schließen die Parteien einen Teilvergleich). Da die nichtstreitige Erledigung des Rechtsstreits vor Durchführung der Beweisaufnahme regelmäßig nicht abzusehen ist, wird die während der Beweisaufnahme gefertigte vorläufige Protokollierung nach § 160a die vollständigen Feststellungen des § 160 III Nr 4 und 5 enthalten. Hier kommt die Arbeitserleichterung des § 161 nur bei der Ausfertigung des Protokolls zum Tragen.
III. Verzicht auf Protokollierung.
Rn 4
Die Parteien können über die Protokollanforderungen nicht disponieren: Ein Verzicht auf die nach §§ 160, 161 gebotene Protokollierung ist nicht wirksam. Ebenso wenig kann der Rechtsverstoß durch rügelose Einlassung nach § 295 geheilt werden (BGH NJW 03, 3057, 3058; 87, 1200 [BGH 18.09.1986 - I ZR 179/84]; Hamm OLGR 03, 259; St/J/Roth Rz 10; Zö/Schultzky Rz 9; aA BVerwG NJW 88, 579 [BVerwG 20.08.1987 - BVerwG 6 B 2/87]: generelle Heilung nach § 295 möglich, sofern der Protokollierungsfehler in der nächsten mündlichen Verhandlung nicht gerügt werde; s.a. Dötsch MDR 14, 755). Allerdings kann die Beweiswirkung der Protokollierung durch die Anfertigung eines Be...